Mannheimer Anzeiger (1858)

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Freitag, 14. Mai

Anzeigen werden im „Mannhei-
mer Anzeiger" und dem täglichen
„Lrtraßenplakar" die Zeile berech-
net mit T kr.

1838.

* Mannheim, 13. Mai. Bis zum 20. Mai rückt die
seither in Rastatt ftationirte Schwadron des hier liegenden drit-
ten Dragonerregiments unter dem Kommando des Rittmeisters
Knittel wieder hier ein. Die badische Cavallerie der Festung
Rastatt wird ablösend durch das zweite Dragoner-Regiment ge-
stellt-
ft Mannheim, 13. Mal. Stand der Fremden hiesiger
Stadt vom 12—13. Mai 417 Personen.
* Ans Baden. Durch Erlaß des großh. evang. Ober-
kirchenraths vom 29. April d. Z. werden sämmtliche evang.
Pfarrämter des Landes zum Vollzug des höchsten Recesses auf
die Beschlüsse der letzten Generalsynode angewiesen, in geeigneter
Weise dahin zu wirken, daß bei der Taufe jedes evang. Kindes
wenigstens ein evangelischer Taufpathe zugezogen werde- — Der
gefeierte Historiker, Hr. Geh. Rath Schlosser in Heidelberg
war vor einigen Tagen gefährlich erkrankt, ist aber jetzt wieder
völlig auf dem Wege der Besserung, und wird in kurzer Zeit
wohl ganz hergestellt sein. — Am 10. Mai wurde in
Karlsruhe ein Getreide- und Fouragelieferanr gefäng-
lich eingezogen, weil unter den Maaßen, deren er sich zur
Ablieferung bedient hatte, ein falsches gefunden worden war. —
Aus dem Kinzigthale hat sich eine Deputation in Eisenbahn-
Angelegenheiten nach Karlsruhe begeben, um von Sr. Königl.
Hoheit dem Großherzog in Audienz empfangen zu werden. — Zwei
im städtischen Spitale zu Staufen wegen Vermögenslosigkeit
untergebrachte Veteranen der Anstalt, wovon der Eine 70, der
Andere 68 Jahre zählt, bekamen am 4. d. M. wegen eines von
Ersterem dem Letzteren für zwei Kreuzer verkauften hölzernen
Stiefelabziehers Streit, weil der altere Verkäufer den Stiefelab-
zieher wieder an sich bringen wollte. Da der Käufer nicht nach-
gab , schlug er solchem den Stiefelabzieher auf den Kopf, welcher
Schlag am 11. den Tod des Getroffenen zur Folge hatte. Der
Thäter ist von dem großherzoglichen Amtsgericht gefänglich
eingezogen, und dem Vernehmen nach der That geständig. Die
nächste Schwurgerichts-Sitzung wird diesen Strafrechtssall ab-
urtheilen. — Der hochwürdigc Bischof von Würzburg, Dr. Georg
Anton Stahl, wird im Monat Juni dieses Jahres in den
Landkapiteln Tauberbischofsheim, Lauda, Walldürn
und Buchen das heilige Sakrament der Firmung ertheilen,
was den betreffenden erzbischöflichen Dekanaten mit der Auf-
lage offiziell angezeigt worden ist, die geeigneten Firmungs-
stationen zu bestimmen, beziehungsweise in Vorschlag zu bringen.
Am 5. Juni wird der Herr Bischof seine Firmungsreise antreten. —
Vor einigen Tagen wurde in dem zum Amtsbezirke Bonndorf
gehörigen Grenzorte Vrenden ein Verbrechen bekannt, welches
schon vor zwei Jahren verübt worden sein soll: ein Kindsmord,
begangen von der ledigen Tochter einer als wohlhabend und
wohlgesittet geltenden Bauernfamilie. Sie hatte, wie man der
„Frbgr. Ztg." schreibt, die Frucht verbotener Liebe mit Wissen
ihres Liebhabers, eines Bauernknechts, bei Seite geschafft und
im Keller begraben. Ein schriftliches Versprechen von 1000 fl.
sollte diesem den Mund für immer binden. Untreue und Richter-
füllen des Versprechens reizten den Knecht, und schließlich gestand
das Mädchen das Vorgefallene ihrem Vater. Dieser verfügte
sich jedoch alsbald mir feiner Tochter zum Amtsgerichte nach
Bonndorf und stellte diese zu dessen Verfügung. Die Verhaftung
fand natürlich sogleich statt, und wurde, nach ihrer Angabe, die
Kindsleiche im Keller aufgefunden und ausgegraben. Näheres
wird nun, da auch der Mitwisser verhaftet ist, die weitere Unter-
suchung ergeben.
* Der Kronprinz von Württemberg ist am 11. Mai nach
Paris nbgereist.
* Am 9. Mai starb in Darmstadt der Gr. Oberstudien-
Affeffor Spieß, bekannt als eine Spezialität in der Turnkunst.
* Am 11. Mai wurde auf dem Friedhöfe zu Mainz in

feierlicher Welse das Denkmal enthüllt, welches die preußische
Garnfton ihren bei der Pulvererplosion gebliebenen Kameraden
errichtete.
* Nach einem Beschlüsse der Bundesmilitär-Komis-
si on werden im Lause dieses Jahres die Musterungen des Bundes-
heeres vorgenommen. Das badische Armeekorps wird durch
Oesterreich, Holstein und Nassau inspizirt, während Baden im
Verein mit Oesterreich und Kurhessen die beiden Mecklenburg,
Holstein und Lauenburg, Oldenburg, Lübeck, Bremen und Ham-
burg zu mustern hat-
* Der ehemalige Minister v. Scheele ist vom Fürsten Taris
zum Generalpostmeister ernannt worden.
* Der Magistrat und die Stadtverordneten in Gotha
haben beschlossen, in einer Eingabe an den Landtag darum nach-
zusuchen, daß die Erlaubnis! zu dem sonst gesetzlich verbotenen
Haz.rdjpiele zur Zeit des Vogelschießens und der Maskerade im
Schauspielhause nicht mehr ertheilt werde.
" In Berlin beabsichtigt mau einen Central-Markt- und
Lagerhof zu errichten und sind dafür bereits Zeichnungen für
1,200,000 Thlr. erfolgt. Das Capital ist auft 2 Millionen Thlr.
festgestellt; es soll jedoch vorerst von den projektirten Speichern
blos einer hergestellt werden und hofft man so die staatliche Con-
cession zu erlangen.
* Sämmtliche in Berlin erscheinende Theaterzeitungen,
seither kautionsfrei, müssen jetzt die gesetzliche Kaution erlegen.
* Tie Zuckerfabrikanten des Zollvereins veranstalten am
20. unv 2!. in Magdeburg und die österreichischen am 27. Mai
in Prag eine Conserenz, wozu gegenseitige Einladungen er-
gangen sind.
* In der katholischen Kirche zu Hamburg wurden 32
Brautpaare auf einmal getraut- Es waren Tyroler, welche nach
Brasilien auswandern. Die meisten dieser Auswanderer sind so
arm, daß sie das Ucbersahrtsgeld nicht bezahlen können, sondern
ill Brasilien erst abverdienen müssen.
" Wien, 10. Mai. Nachrichten aus Ragusa zufolge wa-
ren ein türkischer Dampfer und ein Linienschiff mit 3500 Mann
Landungstruppen und 12 Feldgeschützen an Bord in Klek ein-
gelaufen. (A. Z)
* Der Erzherzog Johann arbeitet rüstig an seinen Memoi-
ren; ob sie jedoch zunächst für die Oeffentlichkeit bestimmt sind,
ist ungewiß.
Triest, 8. Mai. Nach hier eingelangten Nachrichten aus
der Herzegowina erfolgte die — Besetzung von Bagnani mit
ungefähr 2000 Mann türkischer Truppen. Die Bewohner des
Ortes flüchteten theils nach Budine di Niksich, tbeilS nach
Grahovo. Seitens der Montenegriner sollen Anstalten getroffen
worden sein, die Grenzen in jener Richtung zu besetzen. (O- C.)
* Die Streitfrage wegen Besetzung der Insel Perim durch
die Engländer dürfte dadurch gelöst erscheinen, daß die Türkei
gegen eine Geldentschädigung gern in deren Abtretung willigt.
* Die Pariser Konferenzen, schon so oft vertagt, wiever-
rufen und verläugnet, sollen endlich sicher am 17. Mai eröffnet
werden.
* Tie französischen Residenzstädte scheinen feuergefährlich zu
lein. Nachdem bereits in kurzer Zeit schon mehrere, mitunter hef-
tige Brände in den Tuillerien stattfanden, brach letzten Lonntag
auch in Versailles in der Kaserne der Karabiniers Feuer aus,
welches sämmtliche Stallungen verzehrw. Man hatte Mühe, die
aus den Ställen gejagten Pferde abzuhaiten, dahin zurückzu-
kehren.
* Der Bau der Eisenbahn von Belfort nach Besanyon
ist vollendet, so daß man in den nächsten Wochen die Reise vom
Rhein nach dem mittelländischen Meer (Straßbnrg-Marseille) in
etwa 24 Stunden wnv zurücklegen können- Für Süddeutsch-
land ist diese neue Linie von der größten Wichtigkeit.