Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Pfälzer Bote für Stadt und Land (28) — 1893

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44152#0521

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext


erer
MIM

;

llen.

tei

igen



Sonne und Feiertage

Arfheint taglic zit Auıs *
— —— 4 vᷣreie vierteljährlich

Samftags mit Unterhaltungsbeilage,
. 1.20 ohue Trägerlohn u. Loftanffhlag. Beſtellungen



für Stadt





Knzeige-Blatt für die Amtsbezirke Heidelbera,
Kabenburg, Weinheim, Echwetzingen Philippsbura,
Wieslodh, Bruchſal/ Bretien, Ne Iargemünd, Mosbach























bei den Poftanftalten ı. bei der Srpedition — 7. Lberbach/ Buchen alldurn T.⸗B ‘8h., Wertheinde
r 17 — In Heidelberg Seidelberg, Mittwod, den 7 Yn 1808 za 7 A. Zabrg,
s — —













auf den Pfälzer Boten werden fortwährend bei


ſowie in unſerer Expedition Heidelberg, Zwinger-
traßze 7, entgegengenommen. }
Verlag des „FPfälzer Bote,°°





Sozialdemokratifhe Landagitation füt die
Wahlen. |
b— Heidelberg, 6. Iuni.
Das muß man den „Genoſſen“ zugeben, ſie ſind
außerſt rührig und fleißig, wenn es gilt, neuen Zu-
wachs für ihte Partei und neue Stimmen zu ge-
winnen. Für die kommenden Reichstagswahlen haben


Partei und im Allgemeinen wiſfen ſie mit großem
Geſchick die beſten Kräfte auf den richtigen Platz zu
itellen. Das Hauptgewicht legen ſie üatürlich auf
die Wahlkreiſe, in denen ſie mit einiger Ausſicht auf
Sieg rechnen zu könuen glauben; das ſind faſt aus-
nahislos überwiegend ſtädtiſchẽ Bezirke, und für




wendig, welche ſie, wie ein Miniſter ſeine Beamten,
dorthin ſchicken, wo ſie am beſten zu paſſen ſcheinen.
Für das Land bleibt ihnen nur die Truppe derje-
nigen Agitatoren übrig, welche in Verſammlungen
weniger zu verwerthen find, und ſie hoffen auch mit
dieſen gute Geſchäfte zu maͤchen Auch dort wo an
einen Sieg nicht zu denken iſt, ſoll für die Partei
gethan werden, was ſich thun läßt; jede Stimme
zählt, und wo man erſt einen Theilerfolg erlangt hat
hofft man mit zäher Ausdauer ſchließlich einen ganzen
Erfolg zu erzielen.

Fur dieſe Wahlagitation auf dem Lande hat die
Soʒialdemokratie eine Hefondere Parole ausges
geben, welche alle Beachtung verdient. Ihr Inhalt
iſt folgender: Verſammlüngen auf dem flachen Lande,
WD ſich noch kaum „Genoſſen“ finden, ſpeziell in
lath. Gegenden, werden für überflüſſig, wenn nicht
al8 ſchädlich betrachtet; die Agitation von Muͤnd zu


die wirkſauſte und einzig nützliche anzeſeheu, u dieſe
fgnnen auch folche „Senofjen“ heireiden, welche für
längere Reben und Debatten in Berfammlungen nicht



geeignet ſind. Die paſſenden Kräfte ſucht man ſich
zumeiſt in den Staͤdten; wenn ſie auf dem Lande
ſelbſt zu haben ſind, ſo iſt das vorzuziehen. Dieſen
Agitatoren wird empfohlen, alles zu vermeiden, woran
die Landbewohner vielleicht Anſtoß nehmen könnten
Ueber Geiſtliche, Beamte und überhaupt Perſonen,
welche ſich in bedeutſamer Stellung befinden, ſollen
wegwerfende Aeußerungen nicht geführr werden; über
Silten und Gebräuche der Landbewohner ſoll man
auf keinen Fall zu ſpötteln wagen. Mit der Gelehr-
ſamkeit ſollen die „Genoſſen“ nicht prahlen, man ſoll
die Leute, wenn und wo man ſi trifft, beſonders
Sonntags nach dem Gottesdienſte im Wirthshaus,
oder auch Sonntags-Nachmittags, höflich anreden u.
dann ungezwungen das Geſpräch auf politiſche Sachen
bringen, wobei die Steuerfrage den beſten Anknüpf-
ungoͤpunkt bilde, dann füge ſich die Militärfrage leicht
an; für dieſe beiden Themata ſei der Landmaun am
empfänglichſten. Der Ausdruck ſozialdemokratiſch“
ſoll ſtreng vermieden und durch „Arbeiterpartei“ er-
ſetzt werden, welche letztere dahin zu erklären ſei,
daß unter „Arbeitern“ alle diejenigen verſtanden
werden, welche, ſei e& in den Fabriken, Zechen, in-
duſtriellen Werken oder auf dem Landenmit ihrer
Hände Arbeit ſich ihr Brod verdienen, beſonders auch
die Kleinhandwerker.

Die Vertheilung des Schriftenmaterials
ſoll insbeſondere den jugendlidhHen Genoſſen ob-


mach:n, ſondern möglichſt viele Blätter ı. Broſchüren
an den Mann zu bringen zu ſuchen, was um 10
leichter ſei, als der Landmann nach jedem griffe, was
ſich als Leſematerial odec als etwas,Neues“ heraus-
ſtelle.
fiegenden Wohnungen zuerft nehmen und in der
Mitte aufhören; in den Wirthshäuſern oder bei
größeren Zuſammenkünften ſollen ſozialdemokratiſche


aber jedem aufgedrängt werden Bei der Landagitation
beſonders in katholiſchen und „orthodoren“ Gegenden
darf kein Blatt verwendet werden, welches Angriffe
auf die Religion und die Geiftlichkeit enthält; der
„Bertrauensmann“ iſt dafür verantmortlich, daßz
iu der Hinſicht eine ſorgfältige Sichtung der Schriften


Das iſt die Jnitruktion an die Ländlidhen
Agitatoren für Ddie kommenden Wahlen. Sanz
neu ift die auch nicht; denn Unfang April v. I, Lam
eine ähnliche ſeitens der Parteileitung heraus, welche
ſich auf die allgemeine Agitation für die Sommer-






monate jenes Jahres bezog; die jetzige iſt uur eine
für den augenblicklichen Zweck erweiterte Neuauflage.
Nach dem bekannten ſozialdemokratiſchen Verfahren
wird man vielleicht ſogar verſuchen, ihre Exiſtenz in
Abrede zu ftellen, was um ſo leichter iſt, als die
Widerlegung vielleicht erſt nach den Wahlen allgemein
bekannt werden koͤnnte; aber das hindert nicht, die
Thatſache als feſtſtehend zu erachten, daß die Sozial-
demokratie mit ſolchen Mitteln der Hinterliſt, der
Verdeckung ihrer wahren Ziele ſich die
Stimmen des Landvolkes, auch in kathol.
Hegenden zu erobern ſucht. Deshalb doppelte
Vor ſicht chriſtlich glaubiger Wähler auf dem Lande
der Feind geht um, er will dich in ſeine Netze ver-
ſtricken ohne daß du es merkſt! Aber mag die Zozial-
demokratie mit allen Mitteln des Truges noch ſo ge-
rieben umzugehen wiſſen, der kath Landmann
läßt ſich nicht umgarnen, er weiß, wo jein? wahren
Intereſſen in jeder Hinſicht ihre aufrichtige Vertret-
ung finden, und das iſt einzig und allein — beim
Centrum! Deſſen Rathſchlägen allein folget im
jetzigen Wahlkampf!



Deutſches Reich.

*Berlin, 5. Juni. Entgegen den Beſtrebungen,
Zwietracht im Centrum zu erregen, kaun ſehr zeitge-
mäß an die Mahnworte erinnert werden, welche der
Fürſtbiſchof, jetzige Cardinal Kopp im März 1891
am Sarge Wind thorſts in der Hedwigskirche zu
Berlin ſprach: „Ihre (der anweſenden Freunde)
Trauer am Sarge des heimgegangenen Führers gilt
nicht allein dem erlittenen Verluſte, ſondern auch die


Sie eine feſtgeeinte Phalaunx, ein unerſchütterlicher
Thurm. Wird ghue ihn dieſes bleiben? So fragt
man ſchon jetzt Ich bilde mir ein, nicht ich, ſondern
er, der treue Freund und Führer, ſtände in dieſem
Augenblicke an meiner Stelle; was würde er auf
dieſe Frage antworten? „Meine theuren Freunde!
Seid einig und haltet feſt zuſammen! Euer Bund iſt
entſtanden unter dem Drohen ſtürmiſcher Zeiten; ſoll
er ſich löſen, nachdem das Gewölk über Euch ſich ge-
lichtet hat? Hütet die Einigkeit, für die wir ſo viel
c/fämpft, ſo viel geduldet, ſo viel geopfert haben;
ſie hat das katholiſche Volk getröſtet die Welt mit
Bewunderung erfüllt, die Gegner verſöhnt. Euere
fernere Einigkeit iſt eine Beruhigung des katholiſchen
Volkes, das Palladium Eurer Stärke, die Bürgſchaft
















Die feinoͤlichen Brüser.
126) Roman von H. v. RKemagen.
(NachHdruck verb.)
— uur das eine Eine iſt mir bekannt geworden, daß
€r be; dem mächtigen Zista gut angeſchrieben jteht, und
WENNS gelingt, was Dder im Schilde führt, fann es wohl
Dchin fommen, daß er noch ein großer und vielvermögender


.. „Und wo hinaus ſteuert denn der mächtige Ziska, der

geMirchtete Ariegsheld ?“ fragte mit ſeiner heiferen, Inarrenden
Stimme der alte Poͤllack .
ü „S®anz genau weiß ich es nicht; aber ich ‚mein%. wenn
100 jeder dumme Bub” wünfcht, er mbcht einmal Rönig
fe‘“; 10 wWird’3 Dder Ziska much wohl thım, wenn er auch
Onit ein ſehr geſcheidter Herr i{ft. Das Land Bohmen
und was drum hHängt — ‚e8 verlohnt ſich ſchon der Mühe,
Mag er denfen, und probiren kannn man e& ja.“

Der Zisfa will Cönig werden?“ ſchrie der ſchwarze
4 „ SOr ſeid des Teufels, Mann, odet wollt ung zum
@95*‚911 haben! Des Zısta Waͤhlſpruch iſt „Freiheit und
öeichheit” und die Ddulden feinen König und fKeinen

f
x „„Bitt Euch, lieber Meilter — ereifert Euch nicht!
güf}ett und Gleichheit — ei, Ddas ſind gar Jhöne Worte,
4 * muß doch einer da fein, Der das Kommando
der Da hat der Böhme Recht, Beter,“ erklärte ent{hieden
* alte Bollac, das kann ich beitätigen. Einer muß das
Dberfte Negiment und das Kommando Haben, ſoͤnſt geht
— Drunter und drüber! So iſt es im Kriege, I9 mMuß es
?\*‘Ü’ in Sriedenszeiten jein. Wenn’3 ander’3 wär,
ollte die Mannſchaft da gehorchen?“
8 ochwin aber Heinem gehorchen, Dummkopf, als mir
* ! Sn meinem Thun und Laſſen ſoll mir Niemand
Iineinreden !“

„Und führt Ihr nicht ſelber das Kommando in Eurem

wem

Hanje? Wenn nun Euer Bub zu € agt: Vater
ich gehorch? ; —E— —

Dir nicht? Oder von den Geſellen etuer!

44 redel mir nicht mehr in mein Thun und Lafjen
inein?“
Der ſchwarze Peter lachte Iaut.
Das wagt in meinem Hauſe Keiner, da geb’ ich Euch
mein Wort !“

Becher

Qandaemann, möchte gern ein aroßer, vielbermögender
Mann: werden, lagtet Ihr? -Sehe- mir einer den Manl-
fechter an und Tugendhelden an ! Etwa gar ein Edelmann,
ein Baron, ein ©raf — ich meine, {v einer wie die Leute
ſind weldhe ‚er ietzt mit Haut und Haaren auffreſſen
möchte? *

Warum nicht? Wer König iſt kann ſeine Freunde zu
Fürſten machen, wenn er will !” .

— „Und das nennt Ihr Freiheit und Gleichheit? Denken
die Leute im Lande Böhmen Alle ſo wie Ihr ?“

„©anz genau fann i eS nicht Jagen, Meiſter! Ich
ſchätz aber, fo lange e& nicht Weißbrod ſchneit und Wein
regnet, wird es halt immer ſolche geben, die arbeiten müſſen
und auch foldhe, für welche gearbeitet wird, Herren ‘ und
Knechte will ich Jagen.“

„Sor jeid ein. verteufelt kluger Mann,“ lachte der
ſchwärze Beter, „und ich hab von Euch in einer Stunde
mehr gelernt, -als bis hHeran all’ meine Tage, Komm, alter
Pollack und laß uns bei Zeiten dafür Jorgen, daß Wwir in
Ddem neuen Königreidhe wenigſtens von -unfjeren Zinjen
leben fönnen, ſonſt möchte es uns nicht beſſer ergehen als
in dem alten!“

* * *

€ war am Abend Ddes nächften Tages, daß
der Piqueur, zum Thorwart in das Stübchen
rat.

— „®ottlob, Stephan daß Ihr mwieder auf den Beinen

ſeid begrüßte dieſer den Eintiretenden und reichte ihHm die

Hand: „iIchter Mirchtfete ıd Ichon, Die ſchaurtge Naͤcht hätte
ir al - Beit angethan !“






Beinah wäre e& ſo geweſen, Klaus entgegnete der
und wenn ich daran denke, wie viel koſtbare
Herr des Himmels, der
gute Graf Waldemar könnte ſchon daheim fein und jetzt
1 | Nun iſts aber
4 der Faulenzerei zu Ende und morgen geht es ſchon
ort!!

Gebt noch ein vaar Tage drein Ihr ſeid noch gar
zu madlig auf den Füßen und abgefallen daß man Cuch
das Vaterunſex durch die Backen blaſen kpant; nicht über’3
Gebirge kämt Ihr! Und dann — hört, Stephan, es iſt
irgenD etwas im Werke! Fr habt ja woßl von den
Dingen gehört, die drüben in Böhmen geſchehen find —
paßt auf, eS dauert nicht mehr lange, Da 8acht e& auch bei
uns los Zwei Wochen mögen her ſein, da kommt da mit
einem Male der Lumpenfris zu mir in's Stübchen und
thut gar freundfchaftlich.” ;

„Der Sumpenfrig . jagte er mir,“ erzählte der Thor-
wart weiter, „er hHabe im Böhmiſchen ein feines Weinchen
entdeckt/ und da er wijfe, Daß ich auf ein gutes Trbpfchen
etwas gebe, ſo bringe er mit eineSlajche zur Brobe. Dabei
zieht und zuft er an jeinem Kittel herum und ſtellt dann
endlich eine Flaſche auf den Tiſch und noch eine und noch

2

Das Geſchäft geht wohl gut,“ ſagte ich zu ihm. „Ie
nun man muß zuirieden ſein antwortete er, „Hoffentlich
geht e& mit Lächſtem noch befjer. Doch wollt Ihr nicht
einmal koſten? €& iſt Ungarijher, und beſferer lagert


Früher hätt ich ſolcher Lodung nicht wiederſtehen
fönnen, jeßt aber doch Ihr wißt ja, ſet wann ich dem
wüſten Leben eutſagt habe. Ich dankte ihm alſo für feine
gute Meinung und jagie, der Arzt hätte mir den Wein
verbuten, weil ich zu arg von Podagra gepeinigt würde.
Nun hättet ihr hören müſſen, wie er bedauerte; er kenne
die Schmerzen, da er vor Jahren auch daͤran gelitten
habe.“

(

Fortſetzun folgt.) (

















































 
Annotationen