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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 27.1912/​1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.31170#0019

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i6

MODERNE' KUNST.


+rkrobatinnenprobe im Freien. Unser
r originelles Bild zeigt die drei graziösen
Schwestern Ploetz-Sarella, welche einem
alten Artistengeschlecht entstammen und
gegenwärtig zu den besten Handstand-
künstlerinnen der Jetztzeit zählen, bei
einer Probe im Garten des Berliner Eis-
palast-Varietes. Die jungen Mädchen
probieren gerade einen Trick, mit dem
sie abends ihre glänzenden turnerischen
Leistungen schließen. Die eine der Damen
nämlich wird durch ein eigenartiges Ge-
schirr an ein zweirädriges Wägelchen ge
spannt, auf dem ein Herr Platz genommen hat.

Die andern beiden Damen stehen zur Rechten
und Linken des Wagens. Auf ein Kommando gehen
alle drei Artistinnen zum Handstand: über. Während die
eine den Wagen in Bewegung setzt, begleiten die anderri beiden
feschen Turnerinnen auf den Händen marschierend, das origi-
nelle Gefährt hinaus. Bei der Probe haben die drei Schwestern
zum Schutze gegen die Sonnenstrahlen ihre großen Pleureusenhüte aufbehalten,

wodurch das Originelle des Anblicks
noch bedeutend erhöht wird. V. H.
*

Lilli Hafgren-Waag. Noch
vor nicht langer Zeit kannte man
die Künstlerin kaum dem Namen
nach; dann kam langsam die An-
erkennung in der Presse und beim
Publikum. Man wurde auf ihre herr-
liche Stimme aufmerksam, man fing
an, das noch schlummernde drama-
tische Darstellungstalent zu ahnen,
und eines Tages war Frau Hafgren-
Waag an jener Wirkungsstätte, die
durch ihre Weltberühmtheit und die
bekannte strenge Sondierung des an-
zuwerbenden Materials jeder Künst-
lernatur die allgemeine offizielle
Wertschätzung verschafft, in Bay-
reuth. Ebenso gelang es Frau Haf-
gren-Waag bald, das Interesse der
Königlichen Berliner Opernleitung
zu erregen; man bot ihr ein schönes
Engagement an, das sie annahm.
Hoffentlich läßt sich die Künstlerin auch gelegentlich im Konzertsaale hören,
denn der Liedgesang verlangt bekanntlich noch mehr positivere Qualitäten
als der Bühnengesang, bei dem sehr oft die Stimme nur die untermalende
Grundfarbe für die darüberstehende dramatische Darstellung abgibt. P. E.

*

Hydroplan, auf dem Meere schwimmend. Es steht außer Zweifel,
daß ein brauchbares Flugzeug gerade auf dem hohen Meere
ganz außerordentliche Dienste zu leisten vermag. Die
notwendigste Eigenschaft eines solchen Hydroplans
muß seine Schwimmfähigkeit sein. Daß eine
solche Aufgabe für den Techniker eminente
Schwierigkeiten in sich birgt, liegt auf der
Hand, denn schon eine etwas bewegte See
könnte ein nicht sehr stabiles Fahrzeug in
recht unangenehme Situationen bringen.

Wie Achtbares aber schon auf diesem
Gebiete errcicht worden ist, das habcn
die Ubungen gezeigt, die vor kurzem
auf der Reede von Portsmouth von
der englischen Kriegsmarine abge-
halten worden sind. Die Verwendung
der Hydroplane in der maritimen Praxis
ist so gedacht, daß Kriegsschiffe auf
einem besonders dafiir bestimmten Teile
des Decks cin Wasserflugzeug mitführen,
und dicses, wenn erforderlich, vom Dcck aus
sich in dic Luft erhebt und Rekognoszierungs-
fltige untcrnimmt odcr auch aus hoher Luft selbst
die Rolle cines Angreifers spiclt. Was die rein äußer
liche Konstruktion der Hydroplane anbetrifft, so werden

%ac\$.

.Mz-

Akrobatinnenprobe im Freien.
Phot. Willinger, Berlin.

Lilli Ha%ren-Waag.

Phot. Emil Schwalb, Charlottenburg.

sowohl Eindecker als auch Doppeldecker ge-
baut, und es scheint, als sollten die letzteren
ihrer größeren Widerstandsfähigkeit wegen
den ersteren vorgezogen werden. Unsere
Abbildung zeigt einen Hydroplan, der
vermittels seiner Schwimmer frei auf
der Oberfläche des Meeres ruht.

* *

*

Aus dem Liebesleben der Skor-
pione. Der Skorpion gehört zu den Ge-
schöpfen, die bci den Menschen recht un-
bcliebt sind. Kein Wunder, bringen doch die
Tropen solche Ungeheuer bis zu 15 cm Größe
hervor, und manche Arten, deren.Stich auch
für den Menschen tödlich ist. Wie die meisten
Bösewichte scheuen sie das Tageslicht und gehen
erst des Nachts auf, Raub aus. Eigentliche elegante
Jäger sind sie aber nicht, da ihr Sehvermögen wohl kaum
über den Bereich ihrer großen Kieferntaster hinausgeht. Selt-
sam wie ihre äußere Erscheinung, ist auch ihre ganze Lebens-
weise, ihre Liebe und kurze Ehe. Am Tage halten sich die Skorpione unter
Steinen verborgen, und in diesem Versteck spielt sich auch ihr Liebesleben ab.
Das Mänrichen soll sogar durch Wegscharren der Erde bisweilen ein geräumiges
Bräutgemach unter einem Steine bereiten. Es kommt nun manchmal vor, daß
einem Männchen, das eben wohlgemut mit seiner Erkorenen abziehen will, diese
Holde von einem stärkeren Nebenbuhler streitig gemacht wird: Gewalt geht eben
vor Recht. Ein blutiger Kampf findet aber nicht statt; die streitenden Männchen grei-
fen sich einfach

an den Scheren r .. . '

und drängenein-
ander, bis der
Stärkere gesiegt
hat. Könnte man
arn andern Mor-
gen einen Blick
in das dämmri-
ge Hochzeitsge-
mach werfen, so
würde man oft
die junge Gattin
allein vorfinden.

Die Mutter der
einstigen Kinder
hat den Gatten
vor lauter Liebe
bis auf wenige
Restegefressen.

Wir entnehmen

Vom Liebesleben der Skorpione: Das Weibchen tötet den Gatten.
Aus „Die Wunder der Natur“. Deutsches Yerlagshaus Bong & Co.

diese Schilderung auszugsweise Dr. Marshalls anschaulicher Abhandlung über
Skorpione, die sich in dem glänzend ausgestatteten Prachtwerk „Die Wunder der
Natur“, Schilderungen der interessanteaten Naturschöpfungen und Erscheinungen
in Einzeldarstellungen (Deutsches Verlagshaus Bong & Co.,
Berlin W57) findet. Es ist dies ein Buch, das in Himmels-
höhen und Erdentiefen, im steilen Felsenreich der
Berge, in den dunklen Gründen der Tiefsee und
in der stillen Verborgenheit der Wälder den
wundervollen Erscheinungen und Werken
der Natur nachspürt, sie im Bilde festhält,
sie beschreibt und erklärt. Ein solches
Werk, das ca. 1500Abbildungen, darunter
130 mehrfarbige Beilagen, enthält, füllt
in unsrer Zeit, wo weiteste Kreise der
Naturwissenschaft dic regste Anteil-
nahme entgegenbringen, eine klaffende
Lücke aus. Für die wissenschaftliche
Gediegenheit des Werkes bürgen die
Namen der Mitarbeiter, wie Prof. Dr.
A. Miethe, Camille Flammarion, Prof.
Dr. Ernst Ilaeckel, Wilhelm Boelschc,
I’rof. Dr. E. W. Maunder, Prof. Dr. C. Cori,
Raoul II. France usw. Zugleich besitzt dies
Werk den Vorzug größter Klarheit und leich-
tester Faßlichkeit. Noch niemals sind photogra-
phische Naturdokumente in solcher Vollcndung und
Fülle wie hier vereinigt gcwesen.

Hydroplan, auf dem Meere schwimmend.
Phot. Boedecker. ßerlia.
 
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