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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 27.1912/​1913

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6. Heft
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Buss, Georg: Handzeichnungen in der Grossen Berliner Kunstausstellung
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Wohlbrück, Olga: Der eiserne Ring, [6]
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https://doi.org/10.11588/diglit.31170#0160

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MODERNE KUNST.

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sind.“ Worte sind es, die selir selbstbewußt klingen, aber sie sind von der Wahr-
heit nicht weit entfernt. Den italienischen Erinnerungen hinzugefügt hat Paul Herr-
mann eine weibliche Porträtstudie, verschiedene Aktstudien von sorgfältiger Durch-
führung und die Studie zu einem Deckengemälde. Bei der letzteren, einer hingelagerten
Frauengestalt allegorischen Charakters, sind die Schwierigkeiten starker Verkürzung in
ansprechendster Weise überwunden. Auch Hugo Vogel, der Meister des Biidnisses und
der Historie, bietet eine schöne Reminiszenz an Italien dar — „Fischer aus Chioggia". Die
im Südwesten Venedigs gelegene Insel mit ihren wunderlichen Menschen, meist Fischern,
die in Tracht und Sitte noch einen Rest altvenezianischer Art bewahrt haben, läßt ja
kein Künstterherz ungeriihrt. Ein von Leben erfüllter Mädchenkopf und ein mächtig
wirkender Ausschnitt aus der gewaltigen Waldnatur des Hochgebirges mit pfeilschnell
über Felsen stürzendem Bach, zu dem sich ein nackter Mann beugt, rühren gleich-
falls von Vogels Hand her. Hier spricht stark und groß der echte Poet, dem sich
das Rauschen des Bergbachs, die Felsen, die knorrigen Riesen des Waldes und die

die feine Beobachtungsgabe und das kraftvolle Empfinden des Meisters bezeichnend.
Mit wenigen Strichen weiß er viel zu geben. Beweis sein verwundeter Mann, der
ohne großen Aufwand von Mitteln mit höchster Lebenswahrheit und sprechendstem
Ausdruck hingesetzt ist. Eine ähnliche Fähigkeit, mit Ieichten Andeutungen brillant
zu wirken, zeigt Carl Langhammer im Landschaftlichen. Seine Parkecke kann als
Muster bester Art gelten. Es treffen die Dichterworte zu:

Oftmals zeichnet der Meister ein Bild mit wenigen Strichen,

Was mit unendlichem Wust nie der Geselle vermag.

Der feinprofilierte Kopf eines sinnig blickenden jungen Mädchens von Berthold
Pierson und der humorvolle erste Akt einer Mäusetragödie von Robert Müller, dem
schaffensfreudigen und begabten Dresdener Künstler, seien noch aus der vorhandenen
Fiille herausgegriffen. Und dann Hans Thoma ... Er redet mit überwältigender
Macht, auch in seinen Handzeichnungen. Sein geliebtes Bernau, das in einem lang-
gestreckten Wiesental des südlichen Schwarzwaldes gelegene stille Dorf, wo er am

Hans Seydel: Havelberg. Große Berliner Kunstausstellung 1912.

Einsamkeit zum stimmungsvollen Gedicht formt. Der Stift ist in dieser Zeichnung,
die den Titel „Der Bach" trägt, so breit, kraftvoll und kühn gehandhabt, daß die
Wirkung nahe an die eines vollkommenen Gemäldes heranreicht.

Vortreffliches hat Arthur Kampf geboten. Seine zahlreichen Aktstudien, sein
junger Fechter, sein lachender Soldat sind für das durchdringende Studium der Natur,

2,Oktober 1839 geboren wurde, der Sämann, das Kornfeld, sein von innerster Überzeugung
getragener Christus und alle die anderen rnit vollkommener Sicherheit hingesetzten Zeich-
nungen packen durch einen Stimmungsgehalt, der herb und frisch wie Morgenluft be-
rührt. Es redet eben ein origineller, gedankenreicher, gemüt- und humorvoller Meister
echt deutschen Schlages. An Künstlern solcher Art haben wir leider nicht allzu vicie.

t)er eiserne 'Ring.

Von Olga Wohlbrück.

[Fortsetzung.] —

homas suchte nach Worten, um die Stille, die auf Doras Worte
hin eintrat, zu unterbrechen.

„Ich würde Euch gern begleiten; aber, sei nicht böse, ich
habe zu arbeiten“.

„Laß dir Urlaub geben .... du siehst gar nicht gut aus“, meinte
der Kriegsgerichtsrat.

„Bald sind die Gerichtsferien. Die paar Monate halte ich es noch aus.“

Copyright 1912 by Rich. Bong.

Dora sah im Hinausgehen nocli einmal sein Profil, wie es sich
müde und bleich über die Aktenberge senkte. Im Auto schloß sie die
Augen, wehrte mit zuckenden Lippen der Liebkosung des Bräutigams.

„Und ich habe mir doch so was Schönes ausgedacht, Dorchen!
Eine Ueberraschung!“

Sie fragte nicht, was er sich ausgedacht hatte. Es interessierte sie
nicht. Aber im Ton sowie in der Stimme lag etwas, was sie rührte.
 
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