Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 27.1912/​1913

DOI issue:
16. Heft
DOI article:
Fenner-Behmer
DOI article:
Lienhard, Friedrich: Schwert und Bibel, [6]: Novelle
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.31170#0460

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
194

MODERNE KUNST.


was ihm Paris bedeutete, und er hat seitdem alljährlich einige Monate hier gelebt.
Wohl suchte er auch Italien auf, dessen Naturschönheit ihn besonders fesselte; aber
es ist ihm nicht wie Paris eine zweite Heimat geworden.

Es schien, als ob der junge Künstler jetzt schnell in die Bahn eines beliebten
Porträtisten gedrängt werden sollte. Besonders in der Rheingegend war man auf
Fenner-Behmer, nachdem er im Jahre 1891 bei Schulte eine erfolgreiche Ausstellung
veranstaltet hatte, aufmerksam geworden. Aufträge über Aufträge wurden ihm zuteil,
wobei er keineswegs nur Damen, ja hauptsächlich Herren gemalt hat. So ist Fenner-
Behmer durchaus nicht nur der Damenmaler mit etwas süßer Note, als den ihn seine
Qegner abzutun suchten. Aus dieser Periode stammt auch z. B. das schöne „Porträt eines
französischen Musikers“.

Dann setzte die Hochflut
der Aufträge wieder aus,
ohne daß Fenner-Behmer
sichhierübergrämte; denn
abgesehen von den guten
Einnahmen empfand er
das Los des Porträtmalers,
der sich mancherlei un-
künstlerischen Wünschen
seiner Besteller fügen muß,
durchaus nicht als Ideal.

Von solcher Abhängigkeit
hat er sicli seitdem fern-
gehalten, und er nutzte die
neue Freiheit sogleich in
seinem Sinne aus.

Damit setzt die
Epoche jener Bilder ein,
die man gewöhnlich mit
dem Namen Fenner-Beh-
mer verbindet. DerKünst-
ler stellte schöne, schlanke,
nackte Frauenkörper in
ein geeignetes Milieu —
mochte es ein Raum mau-
rischen Stils, dasAnkleide-
zimmer einer Dame oder
ein Maleratelier sein —
und gab das Spiel des
Lichtes auf diesem Kör-
per in fein beobachteter,
geschmackvoller Weise
wieder. Dagegen ent-
sprach es seinem Wesen
nicht, Akte in die freie
Natur hineinzukompo-
nieren, weshalb er sich
derartigen Nymphen- und
Dryadenbildern stets fern-
gehalten hat. Auch Land-
schaften hat Fenner-
Behmer verhältnismäßig
selten gemalt, und sie
bilden nicht seine Stärke.

Ihn lockte das Element
der Kultur an. Zu diesen
Arbeiten gehört Fenner-
Behmers bekanntes Ge-
mälde„Nonchalance".Auf
einem Tigerfelle lang hin-

Herman Fenner-Behmer: La Cigarette.

gestreckt, ruht der nackte schlanke Leib eines jungen Weibes, wie ihn unsere Abbildung
der Aktstudie zu diesem Bilde zeigt. Ihr zur Seite sitzt eine braune Dienerin, gleich-
falls nackt, und spielt für die Herrin zur Laute. Ein Tambourin und ein Schwert
bedecken den Boden, als ob das schlanke Weib nach dein Tanze ausruhte. Hier wie
in anderen Bildern Fenner-Behmers offenbart sich die Sicherheit eines Künstlers, der
sowohl Maler als Zeichner ist, also jene Doppeleigenschaft besitzt, die man heute selten
genug findet. Wie auf diesem Bilde das Fell des Tigers vortrefflich wiedergegeben ist,
so setzt Fenner-Behmer stets seine ganze Liebe und sein hohes Können selbst für
scheinbar geringfügige Dinge ein, wie z. B. ein geflochtener Sessel oder ein Handschuh.
Das ist auch in der „Dame in Braun" (Blanche Fontaine) der Fall, einem Qemälde,

das ihm sowohl in Berlin
wie in München die gol-
dene Medaille einbrachte.
Mit ihm hatte sich Fenner-
Behmer schon wieder einer
neuen Phase seiner Ent-
wicklung zugewandt, die
leider infolge seines frühen
Todes die letzte bleiben
sollte. Aus dem Porträt-
maler von früher, der Auf-
träge ausführte, war jetzt
ein Porträtmaler seines
Ideals geworden; d. h.
Fenner-Behmer suchte sich
sein Modell, das er porträ-
tieren wollte und kleidete
es nach seinem Qeschmack.
Auf diese Weise sind seine
besten Arbeiten, wiederum
Qedichte auf weibliche
Anmut, entstanden. Wie
Fenner-Behmer hier den
Arm einer Frau, die Be-
wegungen, mit der ihre
Hand eine Türklinke er-
greift oder auf dem Sessel
ruht, und ihre ganze
Haltung wiedergibt, diese
elegante Selbstsicherheit
macht ihm kein anderer
nach. Ebenso scheinen die
reizvollen Köpfchen seiner
Zeichnungen nur ihm das
Geheimnis ihrer Eigenart
zu offenbaren.

So war Fenner-
Behmer alles andere als
ein Modemaler. Nicht den
Wünschen des Publikums
folgte er, sondern seiner
eignenStimme.trotzdem er
wußte, daß der klingende
Lohn gering sein mußte.
Diese ideale Pf lege des Por-
träts, wiederum eineSelten-
heit in unsererZeit, offen-
bartdiePersönlichkeitFen-
ner-Behmers und seinen
künstlerischen Ernst irn
schönsten Lichte. O. A.

Schwerf und Bibel.

Novelle von Friedrich Lienhard.

[Schluß.] __

a ja, hab' mir’s gleich gedacht“, brummte Stäuble, „e bissel
Herzklopfen infolge der höchst lächerlichen Aufregungen!“ Und
er winkte beruhigend Juliane zu, die sich lächelnd und mit einem Hand-
gruß entfernte. „Aber so ein herzschwaches Menschenkind macht ja
gleich aus einer Laus einen Elefanten.“

Als der Major merkte, daß die Sache belanglos schien, gewann er
sofort wieder Oberwasser. Er knöpfte sichtlich gestärkt die Weste zu.

„Einen Elefanten?“ versetzte er, bereit, deh Kampf wieder aufzu-
nehmen. „Wann hätte der alte Tolling aus einer Laus einen Elefanten

Copyright 1913 by Rich. Bong.

gemacht? In meinem Schlosse gibt’s weder dies noch jenes. Der Sach-
bestand ist vielmehr so, daß ich in dieser Nacht ganz phänomenale
Herzbeschwerden hatte. Kurz: phänomenal! Sie mögen im Bein-
abschneiden eine Autorität sein, Stäuble, aber was distinguierte Krank-
heiten anbelangt, da fragen Sie ’mal den alten Tolling! Ich mache jede
Wette mit Ihnen, daß ich binnen kurzem von diesem Planeten abdampfe.
Dann mögen Chirurgen, Puritaner und heimtückische Töchter meinet-
wegen auf meinem Grabe tanzen! Der letzte Kriegsknecht fault in der
Erde. —• Kümmeltöter, eine Flasche Rotwein!“
 
Annotationen