Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 27.1912/1913
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https://doi.org/10.11588/diglit.31170#0762
DOI Heft:
25. Heft
DOI Artikel:Pieper, Wilhelm: Die große Düsseldorfer Kunstausstellung 1913, [1]: kritische Streifzüge
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L. M. Roth: Dame mit Gitarre. Großc Kunstausstellung' Düsseldorf 1913.
Die Große Düsseldorfer Kunstausstellung 1913.
Kritische Streifzüge von Wilhelm Pieper, Düsseldorf.
S®ö)ein kristallisiertes Schaffen, kein ausschließliches Gipfeltum aus der großen
yL Arena der Malerei und Plastik und teilweise auch der Architektur und
Raumkunst bietet die diesjährige große Kunstausstellung im städtischen
Ausstellungspalast zu Düsseldorf. Das ist auch nicht ihre Absicht. Dadurch, daß
sie Werdende neben Gewordene setzt, daß sie die suchenden Jünger der Kunst
zusammenstellt mit denen, die ihr Ziel erreichten, die selbst Ziel geworden,
bietet sie einen ausgezeichnet orientierenden Uberblick über das gesamte
deutsche Kunstschaffen der Jetztzeit. Die einem modernen Kunstzentrum gut
anstehende Internationalität vertreten Oesterreich, England, Frankreich und
Belgien, deren Künstler nach Nationen gesondert jedes Land in sich abgeschlossen
ausstellen. Daß die Düsseldorfer Künstlerverbände recht ausgiebig zu Worte
kommen, ist durchaus in der Ordnung. Zeitweilig raunte es im deutschen
Künstlerwald von der Stagnation der Düsseldorfer Kunst. Diese ist heute glän-
zend überwunden. Die Jungen drängen stürmisch vor, und auch die Alten rasten
nicht. Die heutige Vollwertigkeit der Düsseldorfer Kunst konzentriert sich dabei
nicht auf einzelne wenige Größen. Sie besitzt heute viele Namen von bestem
Klang — ein Kardinalerfordernis für die steigende Bedeutung einer Kunstmetro-
pole. Moderne Düsseldorfer Maler, natürlich in bestem Sinne des häufig zu Un-
recht angewandten Wortes, sind Walter Heimis* mit seinen modernen Rennplatz-
gestalten, scharf umrissen, und ferner Max Stern. Sein „Karnevalstreiben in
der Düsseldorfer Königsallee“ spiegelt eine äußerst flotte Technik wieder, die
[Nachdruck verboten ]
er durch kräftige Beleuchtung nachdrücklich unterstreicht. Max Sterns Kunst
ist von erfrischender Farbigkeit und Klarheit. Eine glänzende Beobachtungsgabe
unterstützt seine Arbeiten wesentlich und läßt ihn aus alltäglichen Erlebnissen
hohe Werte formen. Sehr stimmungsvoll ist der impressionistisch belichtete
„Abend an der Seine“ von Fritz Westendorp. Auch Andreas Dirks wuchtige
Seestücke sind koloristisch überaus kräftig und gut empfunden. Überraschend
in seiner kühnen, farbigen Kraft ist der „Sonnenuntergang“ von E. v. Perfall.
Helmut Liesegang vermittelt in seinem prächtigen „Winter am Niederrhein“ den
ganzen großen Schatz niederrheinischer Poesie. G. v. Bochmanns gereifte Meister-
schaft spricht überzeugend aus den „Granatenfischern“, und rein figürlich nament-
lich beweist Wilhelm Schreuer in dem großen Gemälde „Aus dem Winter 1813/14
in Düsseldorf“ energisches, stark ausgeprägtes Können. Der Triumph des Sonnen-
lichtes in der Malkunst spricht aus der „Herbstlichen Sonne“ von Ernst Hardt,
goldflimmerndes Licht im weiten Land, aus dem Gemälde „Mittagssonne“ von
J. Koenig, mit gleißendem Sonnenbrand auf buntglühenden Blumen, so grell,
daß ein weißlicher Lichtkranz Blätter und Blumen umzittert. Eugen Kampf ist
mit einer Kollektivausstellung vertreten. Man darf ihn wohl als einen der besten
Landschafter bezeichnen, dem ein glücklicher Stern leuchtete auf dem dornen-
vollen Pfad nach neuen Ausdrucksformen. Die Art und Weise seiner Licht- und
Schattenverteilung, wie er die Menschen malt, die Häuser, die Bäume und Wolken
auf die Leinwand setzt, mit breiten grossen Strichen, so leuchtend, so satt und
XXVII. 80.
Die Große Düsseldorfer Kunstausstellung 1913.
Kritische Streifzüge von Wilhelm Pieper, Düsseldorf.
S®ö)ein kristallisiertes Schaffen, kein ausschließliches Gipfeltum aus der großen
yL Arena der Malerei und Plastik und teilweise auch der Architektur und
Raumkunst bietet die diesjährige große Kunstausstellung im städtischen
Ausstellungspalast zu Düsseldorf. Das ist auch nicht ihre Absicht. Dadurch, daß
sie Werdende neben Gewordene setzt, daß sie die suchenden Jünger der Kunst
zusammenstellt mit denen, die ihr Ziel erreichten, die selbst Ziel geworden,
bietet sie einen ausgezeichnet orientierenden Uberblick über das gesamte
deutsche Kunstschaffen der Jetztzeit. Die einem modernen Kunstzentrum gut
anstehende Internationalität vertreten Oesterreich, England, Frankreich und
Belgien, deren Künstler nach Nationen gesondert jedes Land in sich abgeschlossen
ausstellen. Daß die Düsseldorfer Künstlerverbände recht ausgiebig zu Worte
kommen, ist durchaus in der Ordnung. Zeitweilig raunte es im deutschen
Künstlerwald von der Stagnation der Düsseldorfer Kunst. Diese ist heute glän-
zend überwunden. Die Jungen drängen stürmisch vor, und auch die Alten rasten
nicht. Die heutige Vollwertigkeit der Düsseldorfer Kunst konzentriert sich dabei
nicht auf einzelne wenige Größen. Sie besitzt heute viele Namen von bestem
Klang — ein Kardinalerfordernis für die steigende Bedeutung einer Kunstmetro-
pole. Moderne Düsseldorfer Maler, natürlich in bestem Sinne des häufig zu Un-
recht angewandten Wortes, sind Walter Heimis* mit seinen modernen Rennplatz-
gestalten, scharf umrissen, und ferner Max Stern. Sein „Karnevalstreiben in
der Düsseldorfer Königsallee“ spiegelt eine äußerst flotte Technik wieder, die
[Nachdruck verboten ]
er durch kräftige Beleuchtung nachdrücklich unterstreicht. Max Sterns Kunst
ist von erfrischender Farbigkeit und Klarheit. Eine glänzende Beobachtungsgabe
unterstützt seine Arbeiten wesentlich und läßt ihn aus alltäglichen Erlebnissen
hohe Werte formen. Sehr stimmungsvoll ist der impressionistisch belichtete
„Abend an der Seine“ von Fritz Westendorp. Auch Andreas Dirks wuchtige
Seestücke sind koloristisch überaus kräftig und gut empfunden. Überraschend
in seiner kühnen, farbigen Kraft ist der „Sonnenuntergang“ von E. v. Perfall.
Helmut Liesegang vermittelt in seinem prächtigen „Winter am Niederrhein“ den
ganzen großen Schatz niederrheinischer Poesie. G. v. Bochmanns gereifte Meister-
schaft spricht überzeugend aus den „Granatenfischern“, und rein figürlich nament-
lich beweist Wilhelm Schreuer in dem großen Gemälde „Aus dem Winter 1813/14
in Düsseldorf“ energisches, stark ausgeprägtes Können. Der Triumph des Sonnen-
lichtes in der Malkunst spricht aus der „Herbstlichen Sonne“ von Ernst Hardt,
goldflimmerndes Licht im weiten Land, aus dem Gemälde „Mittagssonne“ von
J. Koenig, mit gleißendem Sonnenbrand auf buntglühenden Blumen, so grell,
daß ein weißlicher Lichtkranz Blätter und Blumen umzittert. Eugen Kampf ist
mit einer Kollektivausstellung vertreten. Man darf ihn wohl als einen der besten
Landschafter bezeichnen, dem ein glücklicher Stern leuchtete auf dem dornen-
vollen Pfad nach neuen Ausdrucksformen. Die Art und Weise seiner Licht- und
Schattenverteilung, wie er die Menschen malt, die Häuser, die Bäume und Wolken
auf die Leinwand setzt, mit breiten grossen Strichen, so leuchtend, so satt und
XXVII. 80.