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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 27.1912/​1913

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MODERNE KUNST.

Ülacl^

Während rechtsseitig das Symbol des
verfallenen Judentums der Kapelle ange-
gliedert ist, tritt auf der linken Seite sym-
bolisch eine Verherrlichung des Christen-
tums in die Erscheinung. Sofie Frank.

rOwei Weihnachtskrippen. Weih-
nachtskrippen bildeten von alters her
schon einen höchst dankbaren Vorwurf für
die vielen, mehr oder weniger geschulten
Kräfte, die sich mit deren Ilerstellung be-
schäftigten. Konnten sie dabei doch dem
eignen Stilgefühl folgen und ohne an be-
stimmte Vorschriften gebunden zu sein,
ihrer Phantasie nachgehend Selbstschöpfe-
risches zutage fördern. In allen Variationen
und den mannigfaltigsten Darstellungen be-
handelten schon die in Museen und pri-
vaten Sammlungen uns überlieferten alten
Krippen die Geschichte der Geburt Christi
und der damit irn Zusammenhang stehen-
den Ereignisse. In gleicher Verschieden-
heit, die Wahl der Sujets wie die Art und
Weise des Vorgeführten der Krippen be-
treffend, erscheinen diese noch heute auf
dem Plan. Zur Evidenz geht dies aus
den beiden hier abgebildeten Weihnachts-
krippen hervor. Kunstwerke ersten Ranges
sind es, die Sebastian Osterrieder, akade-
mischer Bildhauer in München, eine Auto-
rität auf dem Gebiete der Krippendar-
stellungen, damit geschaffen. Eine dieser
Weihnachtskrippen, die für den Privat-
besitz Kaiser Wilhelms II. der Künstler
vor einigen Jahren gefertigt, führt uns
eine italienische Szenerie in großer Lebens-
wahrheit vor. Ist doch das Charakteristi-
sche an Osterrieders Werken, daß er durch
längere Studienreisen in Italien, Ägypten
und Palästina die für seine Krippen in
Betracht kommenden Örtlichkeiten usw.
kennen lernend, so ein genau zutreffendes Bild der jeweiligen Landschaften und
Bauten geben kann. Die „Anbetung der Hirten“ veranschaulicht die dem Kaiser
gehörende Krippe. Von ganz besonderer Schönheit ist der in seinem ruinösen
Zustande ungemein malerisch wirkende, italienische Bauart aufweisende Stall.
Hohe Palmen und allerlei Gewächse umziehen das halbverfallene Gemäuer. In
außerordentlicher Schönheit der Farben und Formen aber treten da in reizvoller
Gruppierung die in Holz geschnittenen 70 cm großen Figuren hervor, welche am
Eingange des Stalles wie in dessen Umgebung erscheinen. In geradezu ent-
zückender Anordnung zeigt sich der teils in der Iiöhe schwebende, teils von
dieser herniedersteigende Chor der Englein. — Die zweite der im Bilde vorge-
führten Krippen ist für Papst Pius X. bestimmt und wird Weihnachten nach Rom
gebracht. Im Gegensatze zu jener ärmlichen Krippe erscheint hier diese geradezu
als Prunkstall, reich ausgestattet mit symbolischem Schmuck. In der wohl-
gelungenen Nachbildung
einer alten Kapelle hat
die Heilige Familie, um-
geben von einer Anzahl
ihr huldigender Personen,

Platz gefunden. Ein Glas-
gemälde, den Stamm-
baum Christi darstellend,
bildet des Raumes stim-
mungsvollen Hintergrund.

Hoch oben über der Ein-
gangspforte der Kapelle
thront eine wundervoll
gearbeitete Kreuzigungs-
gruppe, ruhend auf einem
Querbalken, dessen In-
schrift auf die Herrlich-
keit und das Leiden
Christi hinweist. Unter-
halb dieser Kreuzigungs-
gruppe umschwebt ein
Chor von Engeln, welche
die Leidenswerkzeuge,
den päpstlichen Krumm-
stab und die päpstliche
Tiara in den Händen tra-
gen, die Heilige Familie.

Weihnachtskrippe im Besitz des Deutschen Kaisers

Else Eckersberg ist ein bisher in

der Theaterwelt noch ziemlich unbekann-

ter Name, den man aber doch schon heute

dem Gedächtnis einprägen darf; denn —

eine günstige Entwicklung seiner Trägerin

und deren angemessene Beschäftigung

vorausgesetzt — wird er gewiß einmal

Beachtung heischen. Die Berliner Kritik

notierte ihn zum ersten Male vor einigen

Monaten, und zwar einmütig mit den Aus-

drücken einer gewissen Erwartung. Der

Anlaß als solcjier war nicht besonders

angenehm. Eine Vereinigung junger Leute,

die sich etwas selbstbewußt „Werkstatt

der Werdenden“ nannte, hatte zu einer

Abendvorstellung in das Künstlerhaus ge-

laden. Mit viel Begeisterung, aber leider

mit noch mehr dilettantischer Unzuläng-

lichkeit wurden da u. a. Goethes Vorspiel

auf dem Theater und eine unklare Panto-

mime vorgeführt. Als besonderen literari-

schen Leckerbissen aber gab es zum Schluß

Wedekinds grausig-groteske „Totentanz“-

Szenen, die so sonderbar mit der Glorifi-

zierung des Mädchenhandels als einer

ethischen Mission anheben, um zuletzt frei-

lich in einer Bankrotterklärung dieser

These zu enden. Es ist wesentlich die

junge Dirne Lisiska, die durch eine Aussprache mit einem Bewerber um ihre

Gunst dem seltsamen Mädchenhändier zu der Erkenntnis verhilft, daß auch der

Sinnengenuß, in dem er den einzigen göttlichen Lichtstrahl in der schauerlichen

Nacht unseres martervollen Lebens erblickte, nichts als „höllische Menschen-

schinderei“, als „satanische Menschenschlächterei“ ist. Und die stumpfe, müde

Perversität dieses jungen Dirnchens traf inmitten der sonstigen darstellerischen

Unbeholfenheit jener Aufführung Else Eckersberg mit einer intuitiven Sicherheit,

die zugleich Bewunderung und Grauen einflößte, jedenfalls aber auf die Kritik

so stark. wirkte, daß ihre Leistung allseitig als der einzige Gewinn des Abends

registriert wurde. Die noch sehr junge Dame, in Reinhardts Theaterschule vor-

gebildet, ist auch am Deutschen Theater engagiert, hat aber dort, vielleicht mit

Recht, noch kein bemerkenswertes Betätigungsfeld für ihre Gaben gefunden.

Die Meisterin Gertrud Eysoldt und die kleine Lia Rosen, deren Begabung sich

etwa in gleicher Richtung

bewegen, beherrschen

hier dank ihrer größeren

Reife das in Frage kom-

mende Fach, und Else

Eckersberg wird an diesen

Vorbildern erst noch ihre

jungen Kräfte zu läutern

haben, bevor sie auch in

anspruchsvollerem Rah-

men überzeugendeProben

ihres fraglos eigen ge-

arteten Talents ablegen

kann. k.

* *

*

Ein Lieblingssport
derEingeborenenvon
Ilonolulu ist das so-
genannte Surfing oder
„Surf-riding“ (Brandung-
reiten), das Durchfahren
der Brandungswellen auf
einem langen, flachen
Balken, wie es unsere
Illustration darstellt. Wie
alle Südseeinsulaner sind
auch die eingeborenen

Weihnachtskrippe im Besitz des Papstes Pius X.
 
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