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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 27.1912/​1913

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18. Heft
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Nordhausen, Richard: Auf Fluß und See
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Loeb, Moritz: Der Mai in den Alpen
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Kren, Max: Träumerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.31170#0535

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232

MODERNE KUNST

bei der
Havanna
den Klän-
gen der Musik
lauschen. Auch
dieLuzerner selbst
wissen dieReize eines
solchen Frühlingsabei
zu würdigen. Sie prom
in Scharen durch die
die sich am Kai hinz

jetzt, wo die zahllosen Ferientouristen und Ruck-
sackpassanten noch fehlen, hier auch mehr unter
sich. Das babylonische Sprachengewirr der
Flochsaison hat noch nicht eingesetzt, und neben allen deutschen Dialekten und
dem Englischen behauptet sich vorläufig noch das „Schwyzer Dütsch“ mit seinen
eigenartigen harten Kehllauten. Man trifft hier Freunde und Bekannte, plaudert
über das Geschäft und, die Aussichten der Saison, und man bewundert die
eleganten Abendtoiletten rassig-schöner Frauen, die sich auf den Terrassen und
in den Vorgärten der Luxuskarawansereien dem süßen Nichtstun bei Eisschoko-
lade, bei Grenadine oder bei den ersten Erdbeeren erwartungsvoll hingeben.

Frühlingsstudie im bpiezer Schloßgarten.
Phot. Aug. Rupp, Saarbrücken.

sel von
Licht und
Schatten
hervorge-
rufene Stim-
mungen liegen vor
einem solchen tJn-
wetter über der Land-
schaft; das finstere Graublau
er Wolken kontrastiert scharf mit
dem Blütenschnee drunten im Tal und
der grellen Helle der ragenden Firnfelder. Aber
im selben Augenblick, in dem die Elemente
losbrechen, hüllt ein einziges, farb- und licht-

loses Grau die ganze Landschaft ein; die Berge verschwinden, und erst nach-
dem sich das Gewitter ausgetobt hat, treten die Gipfel wieder hervor, um
in der gereinigten, nun wunderbar klaren Luft mit unbeschreiblicher Pracht
unter den Strahlen der Abendsonne zu erglühen, und die Augen der Menschen
immer wieder auf dieses unvergleichliche Schauspiel einer wahrhaft märchen-
haften Welt von romantischer Schönheit hinzulenken, bevor die hereinbrechende
nächtliche Dämmerung die Berge versinken läßt und alles in Dunkel hüllt.

herüber, ergiühen plötzlich in zarten Rosatönen und verlöschen allmählich
in grauweißer Dämmerung, wenn der Frühlingsabend sich herniedersenkt.

Wenn in Luzern am Schweizerhofkai die Bogenlampen flammen, wenn nach
warmen Frühlingstagen ein würziger Hauch von jungen Biüten und frischem Laub
die milde Luft erfüllt, wenn eine leichte Brise vom See her weht und leise raschelnd
durch die schattendichten Baumkronen streicht, in denen die hell strahlenden
Lichter eigenartige Reflexe und Stimmungen auslösen — an solchen Maiabenden
kann man sich ' schon in die sommerliche Hochsaison versetzt glauben. Wer
vermöchte es, aus Oberitalien zurückkehrend, Luzern zu meiden! Man verläßt,
ist’s auc’n nur für einen Tag, den Gotthard-Expreß, uni sich aufs neue den
Reizen des herrlichen Stadtbildes hinzugeben. Wie im Juli und August rasseln
die Iiotelomnibusse durch die Stadt, und jeder Zug bringt einen neuen Fremden-
strom. In den großen Hotels fehlt zwar noch der gewaltige Andrang; aber
die Touristen fühlen sich jetzt, wo ihren Wünschen noch
mit größerer Aufmerksamkeit als später be-
gegnet werden kann, um so wohler.

Man braucht sich in den blumen-
geschmückten Vorgärten der
Flotels noch nicht um
einen bequemen Korb-
sesselzuschlagen,
und man kann
behaglich
bei sciner
'J'asse
Kaffee
und

Wer mehr idyllische Ruhe und landschaftliche Lieblichkeit liebt, der wird
die ersten warmen Frühlingstage am Brienzer oder am Thuner See verbringen.
Im freundlichen Spiez z. B. ist gerade der Mai von bezaubernder Pracht, und
eine unerhörte Blütenfülle überschüttet das reizende Örtchen, dessen Obstgärten
wie von Schnee überzuckert scheinen. Malerisch umrahmen die blühenden
Bäume das alte Schloß, in dessen Garten ein dichter Teppich leuchtender
Frühlingsblumen wuchert.

Wenn an sonnigen Maitagen mittags schon drückende Schwüie in den
Tälern brütet, wenn sich von fern grell beleuchtete, nach und nach aber immer
düsterer werdende Wolkenballen heranwälzen, die schließlich die Häupter der
mit ewigem Schnee bedeckten Alpenriesen verhüllen, dann weiß der erfahrene
Ausflügler, daß es Zeit ist, sich nach einem schützenden Obdach umzusehen.
Froh der, dem in nicht allzu großer Entfernung ein freundlich.es Schweizer-
häuschen winkt; denn rasch pflegen die Frühlingsgewitter
heraufzuziehen, und mit jäher Gewalt prasselt als-
bald unter zuckenden Blitzen und krachen-
den Donnerschlägen, die an den
Bergen hundertfaches Echo
finden, ein Platzregen
hernicder, in dessen
Rauschen sich das
I leulen dcs Stur-
mes mischt.
Eigenartige,
durchden
jähen
Wech-

c(jrä

umerei.

cVon cMax Xreu.

(5cßon steigt vom ‘Serg die ße[[e 1Trüßfingsnacßi,

Ser tiefe ‘Tdurpurßorizont wird btasser.

<Das weiße Seget unsrer weißen ßjacßt
cSteßt unbewegt auf sifberbfauem ‘Wasser.

[Kein fäßer ULenscßenruf stört unser Gfücfc.
fjcß ßafte deine tieben zarten [Jfände.

Die gofdnen Sterne rufen uns zurücß
fJn unsrer fKindßeit sefiges Öefände.


cVom ruß’nden Steuer tropft mit ßurzem [Jffang
Gin ‘JJerfenspief, ßefffunßefnd und kristaffen.
ßJom Sug ßer ßör icß deinen fflndacßtssang,
Gefiebte, wie in ßoßen 'Domes fJtaffen.

Qfnd ßeimficß ßommt vom difer feicßter JfOind,

Qfnd ffrüßfingsdüfte auf uns niedersinßen.

Den fKopf in deinem Scßoße — wie ein fKind —■

JfOiff icß so recßf das Gfück der Stiffe trinßen.
 
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