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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 27.1912/​1913

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9. Heft
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Kennen Tiere die Zeit?
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MODERNE KUNST.

bis ihre Kundschafter die Schätze am Nachmittag
entdeckten. Nun kamen vormittags überhaupt
keine Bienen mehr, sondern die summende Ge-
sellschaft fand sich pünktlich um 3 Uhr nach-
mittags zum leckeren Schmause ein, die Bienen
hatten also die Uhr im Kopfe und kannten genau
die Stunde ihrer Mahlzeit. Als man die Süßig-
keiten vormittags und nachmittags ausstelite,
erschienen die Bienen bald regelmäßig zu beiden
Stunden des Tages, sie hatten sich also beide
Zeiten ganz genau gemerkt.

Einen ähnlichen Zeitsinn bekunden auch
manche Fische, die zu einer bestimmten Stunde
des Tages gefüttert werden, die Karpfen zum
Beispiel erscheinen kurz vor der itnmer inne ge-
haltenen Zeit in Scharen an der Futterstelle. ln
den Flußmündungen und den Brackwässern der


'ilhelm Diegelmann als Falstaff.

Shakespeares Doppeldrama vonHeinrichlV.
ist die erste Historie des Briten, an deren Insze-
nierung sich Max Reinhardt in dieser Spielzeit
gewagt hat, nachdem er seither an anderen
Shakespeare-Dramen seine Regiekunst mannig-
fach erprobt hatte. Er hat sich damitendlich wieder
auf ein Gebiet begeben, das seines großen Talentes
würdig ist, und uns Abende beschert, die wir in
unsern Theatererinnerungen mit besonders leb-
haften Farben festhalten werden. Rein äußerlich ist er durch die Technik der
Drehbühne der szenischen Schwierigkeiten in einer Weise Herr geworden, daß
uns die Sprödigkeit der Materie kaum noch ins Bewußtsein trat. Aber wichtiger
freilich war die Erkenntnis von der Disziplinierung der schauspielerischen Kräfte,
die, auch wo sie von Natur der Größe der Aufgaben nicht ganz gewachsen waren,
sich doch so fest in den Rahmen der Dichtung einfügten, daß die Tptalität
nirgends einen empfindlichen Abbruch erlitt. Paul Wegener als König, Alexander
Moissi als Prinz von Wales, Albert Bassermann als Percy Heißsporn — das
sind Besetzungen, wie sie heute keine andere Bühne so leicht zustande
bringt. Wie aber steht’s um die herrlichste Figur des britischen Genies, um
den edien Sir John Falstaff? Altere Berliner können sich noch heute keinen
andern Vertreter dieser Rolle denken, als Theodor Döring, und für die Wiener
gar ist hier das unerreichbare Vorbiid Bernhard Baumeister. Man muß sich die
Schwierigkeiten vergegenwärtigen, die sich aus dem Kampfe mit solcher Tra-
dition ergeben, um der Leistung Wilhelm Diegelmanns gerecht zu werden. Alle
äußeren Bedingungen, zu denen auch der rauhe, etwas fettige Klang des Organs
gehört, bringt dieser Künstler für die Rolle in beneidenswertein Maße mit; aber
freilich, um zu den inneren Humoren durchzudringen, dazu muß er sich künst-
lich aufraffen, und dadurch kam in die Figur, zumal im ersten Teile, oft etwas
Gemachtes, Absichtliches, das doch den Eindruck nicht verwischte, daß das Maß
nicht zulangte. Aber es war eine freuaige Überraschung, daß sich im zweiten
Teile die Differenz schon als erheblich kleiner erwies, und bei der unablässigen
Selbstarbeit des Künstlers
ist zu hoffen, daß es ihm
immer mehr gelingen wird,
in den Aufführungen des
Deutschen Theaters dem
dicken Ritter den breiten
Platz zu erobern, der ihm in
der Ökonomie des Ganzen
gebührt. k.

Wilhelm Diegelmann als Falstaff.
Phot. S. Salter, Berlin.

licher und hoffnungsreicher Führer zu sein. Das
zeigte schon in großen Umrissen die Eröffnungs-
vorstellung „ Fidelio “ von Beethoven. Tadler
fehlten natürlich nicht; aber sie vergaßen, daß
naturgemäß bei einer ersten Aufführung, bei der
alle Nerven bis zur Erschöpfung gespannt sind,
noch nicht das geboten werden konnte, was
einem Herrscher im Reiche Thaliens sichtlich vor-
geschwebt hat, was er nur im Laufe der Zeiten
nach und nach erreichen kann. Georg Hartmann
ist nun eine solche Persönlichkeit, die das neue Opernhaus ganz ohne Zweifel
zu einem allerersten Unternehmen gestalten wird, mögen auch anfängliche, allzu
entschuldbare Mißgriffe sich als Hindernisse entgegenstellen. Er wird sie be-
seitigen kraft seiner Person, die so ganz anders geartet i$t, als man es von
Theaterdirektoren gewohnt ist. Schon allein die Tatsache, daß er selbst aus-
übender Musiker und Komponist ist, genügt zu der Feststellung, daß hier der
rechte Mann für den rechten Ort gefunden wurde. Hartmann ist in Hannover
geboren. Frühzeitig traten seine musikalischen Talente in die Erscheinung, so
daß im väterlichen Hause ernstlich erwogen wurde, ob man den jungen Mann
nicht der musikalischen Kunst zuführen sollte. Das geschah denn auch. Hart-
mann besuchte das Dresdener Konservatorium; weiterhin wurde er Gesang-
schüler von Eugen Hildach und studierte die Komposition bei Franz Wüllner.
So ausgerüstet trat er selbst als Konzert- und Opernsänger wiederholt vor die
Öffentlichkeit. Da volizog sich in Königsberg, wo Geheimrat Varena das Theater-
zepter führte, eine Wandlung. Der Sänger sattelte um und wurde Regisseur.
Während dieser Zeit fungierte er als Lehrer im Königsberger Konservatorium.
Sein Regietalent forderte die Aufmerksamkeit heraus, und so wurde Hartmann
eines Tages als Nachfolger Tetzlaffs als Oberregisseur an die Königliche Berliner
Oper berufen. Leider konnte er dem ehrenvollen Antrage nicht Folge leisten,
weil Varena ihn nicht vom Kontrakt entband. Später sehen wir Hartmann als
Direktor des Stadttheaters in Essen, wo er fünf Jahre blieb, um nunmehr die
Leitung des Charlottenburger Opernhauses zu übernehmen. Ein so eingearbeiteter

und viel beachteter Künstler
hat natürlich die Vennutung
für sich, daß er das neue Un-
ternehmen alsbald zu großen
Siegen führen wird, was wir
ihm von Herzen wünschen.
Unser Bild stellt Hartmann
im Kreise seines mitregieren-
den Stabes vor. Dr. P. Ertel.

Georg Ifartmann. An
der Spitze des erst vor
kurzem mit vielem Glück
eröffneten Deutschen Opern-
liauses in Charlottenburg, je-
ner bekannten großen Filiale
Berlins, steht ein Mann, der
in harter Lebensarbeit sich
ganz bestimmte künstleri-
sche Zieie gestelit hat, der
Geist und genug Energie be-
sitzt, um dem jüngsten,
übrigens ausge^eichnet fun-
dierten Theaterunternehmen
Groß-Berlins ein zuversicht-

Nord- und Ostsee erscheinen zum Iierbst in
großen Mengen die Aale, um die See, ihr Laich
gebiet, zu gewinnen, und sie halten sich so genau
an einen bestimmten Tag resp. eine bestimmte
Nacht, daß die Fischer ganz genau wissen, in
welcher Nacht der größte Zug kommt, sie also
den besten Fang haben werden. Bei vielen Tieren
mag ja die Innehaltung einer ganz bestimmten
Zeit zur Ausführung einer Handlung eine durch
die Jahrtausende ererbte Gewohnheit sein, so daß
hier das Tier ganz unbewußt handelt, aber bei
den angeführten Beispielen des Hundes, Rehbocks
und der Bienen kann hiervon keine Rede sein,
das sind bewußte Handlungen von Individuen,
die auf eine bestimmte Erkennung der Zeit,
also auf einen ausgeprägten selbsttätigen Zeit-
sinn schließen lassen. Dr. St.

* *

*

Ein Riesensch wert.
Die Entwicklung desSchwer-
tes zur Hieb- und Stoßwaffe
zeigt eine Reihe von typi-
schen Formen, die dem Kun-
digen oft auf den ersten Blick
verraten, aus welcherEpoche
das betreffende Exemplar
stammt. Namentlich ist die
Form des Knaufes ein cha-
rakteristisches Merkntal. Bis
zum 12. Jahrhundert hat er
Pilzform; dann folgt der
scheibenförmige Knauf, der

Direktor Hartmann mit dem Stabe der Charlottenburger Oper.

Phot. Willinger, Berlin.
 
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