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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 27.1912/​1913

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14. Heft
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Frobenius, Else: Aus der Porzellangalerie der Kaiserlichen Ermitage zu St. Petersburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.31170#0414

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MODERNE KUNST.

2ic^-2ack:.

4(ürstinnen als Schriftstellerinnen. Der Schriftstellerberuf zählte von
jeher zu den vornehmen Berufen, weil es nur den mit den nötigen geistigen
Anlagen versehenen Menschen möglich ist, hier nutz- und segenbringend tätig
zu sein. So ist es wohl erklärlich, daß zum Schriftstellerberuf ebenso wie zum
Künstlerberufe nur wenige auserwählt sind. Das Schicksal verteilt seine Gaben
oft recht ungleich. Der Arme hat oft geistige Fähigkeiten, um die ihn ein
Reicher beneidet, und doch bleibt der geistig Begüterte arm, weil seinen Fähig-
keiten der zum Leben nötige klingende Erfolg fehlt. Anderseits wieder legt das
Schicksal andern Erdensöhnen doppelt das Glücksgut in den Schoß, wie es auch
Herrschern und Herrscherinnen auf dem Thron außer hohem Rang und Ansehen,
Geld und Gut noch besondere geistige Schätze verleiht, die den so Auserwählten
ein Vollmaß des Lebensglücks bedeuten. Wir haben unter unsern regierenden
oder in unserer Zeit lebenden Fürstinnen
eine ganze Anzahl, die in wirklicher Meister-
schaft irgend einer künstlerischen Betätigung
obliegen. So gibt es unter ihnen hervor-
ragende Malerinnen, Zeichnerinnen usw. Mit
der Dichtkunst und dem Schriftstellertum be-
schäftigen sich auch verschiedene Fürstinnen,
die dadurch einen berühmten Künstlernamen
erlangt haben. An erster Stelle ist hier die
Ivönigin Elisabeth von Rumänien zu nennen,
die unter dem Schriftstellernamen Carmen
Sylva Weltberühmtheit erlangt hat. Sie hat
annähernd dreißig Bücher geschrieben, außer
einigen Bänden Gedichte, Skizzen und ver-
schiedenen Dramen. Nicht minder bedeutend,
aber weniger bekannt ist die dichterische
Veranlagung der Königin Elena von Italien,
die besonders in Gedichten ihr Heimatland
Montenegro besingt. König Nikita von Monte-
negro, der Vater der italienischen Königin,
ist ein außerordentlich begabter Poet. Von
ihm hat die königliche Tochter das dichte-
rische Talent geerbt. Auch die ehemalige
Kronprinzessin von Sachsen, Luise von Tos-
cana, hat schriftstellerische Begabung in
mehreren von ihr veröffentlichten Gedichten
gezeigt. Prinzessin Dagmar Von Dänemark
hat ein Buch „Skandinavische Wildblumen“
geschrieben, und die jüngste Schwester der
deutschen Kaiserin, Prinzessin Feodora von
Schleswig-IIolstein, ist durch ihre Erzählung

Berliner Porzellan: Geschenk Friedrichs II. an Kaiser Paul.

„Hahn Berta“ als
Schriftstellerin ge-
schätzt worden. Auch

die Königin von Spanien hat sich als Schriftstellerin in einem von ihr verfaßten
Einakter betätigt. Damit wäre die Reihe unserer jetzigen Fürstinnen als
Schriftstellerinnen geschlossen. In früheren Jahrhunderten dichteten unsere
deutschen Fürstinnen hauptsächlich Ivirchenlieder, von denen uns einige wegen
ihrer Gedankentiefe und erbauenden Worte erhalten geblieben sind. Heute
bedienen sich verschiedene Fürstinnen ganz im modernen Sinne zu ihrer
Korrespondenz sowie zum Niederschreiben ihrer Gedanken der Schreibma-
schine. So ist z. B. die Königin Mary von England eine Meisterin der
Scbreibmaschine, die auf diese Weise ihre gesamte umfangreiche Korrespondenz

erledigt. A. M.

Der Dichter Beaumarchais alsKom-
ponist. Es dürfte gewiß den wenigsten
bekannt sein, daß der berühmte franzö-
sische Dichter Beaumarchais auch ein viel-
versprechendes musikalisches Talent ge-
wesen ist. Seine Vorliebe für Musik ver-
anlaßte ihn auch dazu, seine beiden so
vortrefflichen Operntexte „Der Barbier von
Sevilla“ und „Figaros Hochzeit“ zu dichten.
Diese Texte sind uns noch heute in den
beiden gleichnamigen Meisteropern von Mozart
und Rossini erhalten geblieben. Aber diese
beiden Operntexte hatte der Dichter auch
selbst in Musik gesetzt. Leider ist diese
Opernmusik bis auf eine Arie der Rosine
aus dem Barbier von Sevilla verloren ge-
gangen. Beaumarchais komponierte im Ge-
schmack der damaligen Zeit (er lebte von
1732 bis 1799), höfisch-elegant. Seine Kom-
positionen fanden besonderen Beifall am
Hofe Ludwigs XV., wo man sich von ihm
gern seine Kompositionen vorspielen ließ.
Als Sohn eines Uhrmachers geboren, hatte
er schon in der Jugend alle Angehörigen
des Hauses durch seine schöne Stimme er-
freut. Durch sein vornehmes Auftreten und
seinen Witz und Geist kam er auch an
den Hof Ludwigs XV. Hier schätzte man
besonders seine rnusikalische Begabung, denn

Gemahlin Ernst Johann
Birons, Benigna Gott-
liebe Trotha von Trey-
den. Da Biron, der
Günstling der Kaiserin
Anna, im August 1730
zum Grafen des Rö-
mischen Reiches, im
Jahre 1737 aber zum
Herzog von Kurland
und Semgallen er-
hoben wurde, muß es
in der Zwischenzeit
verfertigt sein.

Den sechziger
Jahren gehört das soge-
nannte „Jagdservice“
an, besonders deshalb,
weil es als Bestellung
entworfen und ausge-
führt ist. Katharina II.
bestellte es für ihrjagd-

häuschen in der Sommerresidenz Zärsskoje Sselö. Es enthält fast 300 Gegen-
stände, die mit voneinander verschiedenen Jagdbildern bemalt sind. Eine große
Anzahl kleiner, mit Reliefblüten umwundener Lauben aus Porzellangitterwerk
gehört als Tafelschmuck dazu. Die Schalen zeigen die geschweiften Formen
des Rocaille und auch die Leuchter sind mit dem Muschelornament geschmückt.
Das Service ist so viel benutzt worden, daß die Farben der kleinen Teller
ganz abgebraucht sind.

Weniger reichhaltig als Meißen, aber durch herrliche Stücke, ist Sevres in
der Porzellangalerie vertreten. Ein großes türkisblaues Service, das auch von

Berliner Porzellan: Geschenk Friedrichs II. an Kaiser Paul.

Katharina II. bestellt wurde, gehört zum schönsten Porzellan der Welt. Auch
aus Alt-Wien stammen einige kostbare Service und Tafelaufsätze. Aus der
Berliner Porzellanmanufaktur aber kommen Tee- und Kaffeeservice, Tabatieren
und Schüsseln, sowie ein großes Dessertservice, das Friedrich der Große an
Katharina II. sandte. Ferner Büsten aus Biskuit — darunter eine lebensgroße
Porträtbüste Friedrichs des Großen —, sowie ein Tafelaufsatz mit Biskuitstatuen
und medaillongeschmückte Tassen im Empirestil. Aus Berlin stammen auch
jene Teller, die mit Karten und Festungsplänen vom Archipel bemalt sind und
vom Kaiser Paul so gern benutzt wurden, daß sie ganz abgebraucht sind. Wahr-
scheinlich wurden sie ihm 1776 in Berlin beim Besuch der Porzellanmanufaktur
dargebracht. Die allem Anschein nach dazu gehörige Schüssel aber blieb aus
unbekannten Gründen in Berlin und befindet sich heute im dortigen Kunstgewerbe-
museum. Der Reichtum der Porzellangalerie kann hier nur unbedeutend ge-
schildert werden. Sie umfaßt über 6000 Gegenstände und stellt viele Millionenwerte
dar. Außer dem im September 1911 in russischer Sprache erschienenen Aufsatz
von S. Tränitzki: „Galerie de porcelaines ä l’Ermitage Imperial“ (Verlag Starija
Godi) ist noch keine
Literatur darüber in
den Buchhandel ge-
kommen. Unerreicht
ist ihr Besitz an
Prunkstücken des
18. Jahrhunderts. Das
sichert ihr die Be-
achtung aller Kenner
und verleiht ihr für
alle Zeiten einen be-
vorzugten Platz un-
ter allen bestehenden
Sammlungen.

El.se von Boetticher.

Meißner PorzelJan: Birons Schreihzeug.
 
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