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onumcnf des ßisons.
CV5
/äü Yenn man vom Verwaltungsgebäude her die quer zur „Straße des 18. Ok-
rgrYvo tobers“ stehende Hauptachse der „Internationalen Baufach-Ausstellung“
zu Leipzig durchschreitet, so fällt weit hinten ein pantheonartiger Bau auf, die
vielgerühmte Eisenbetonhalle von Prof. Kreis, die die Ausstellung als ständiges
Ausstellungsgebäude der Stadt Leipzig überdauern soll. Sie ist ganz aus Eisen-
beton, und man konnte erwarten, daß sie von den Baufirmen als charakteristisches
Eisenbetongebäude ausgebildet werden würde. Das ist jedoch keineswegs der
Fall; sie zeigt nur eins, nämlich, daß man auch klassische Bauformen in Eisen-
beton ausführen kann.
Während sich diese Halle an prätentiöser Stelle den Besuchern der Aus-
stellung aufdrängt, steht seitlich, durch das wenig schöne Hauptausstellungs-
gebäude und die Eisenbetonhalle
verdeckt, ein Bauwerk, das wie
aus einer andern Welt mitten in
diese Ausstellungs - Architektur
verschlagen erscheint. Wessen
Blick darauf gefallen, der ist ge-
fesselt und steht im Banne dieses
Bauwerkes. Aller herkömmlichen
Ornamentik entkleidet steht es da
wie die leibhaftige Logik, so zwin-
gend, wuchtig und durch seine
Konstruktion schön zugleich. Man
weiß zuerst nicht recht, was man
daraus machen soll, denn es ist ein
zu ungewohnter Anblick: Eisen,
Glas,. viel Glas sogar, und oben
eine riesige goldene Kugel. So-
viel aber fühlt man sogleich, hier
spricht eine ungehörte Sprache
zu uns, eine Sprache gewaltiger
Kühnheit und Kraft, so kühn,
streng und unbeugsam wie Eisen,
und so blendend wie das Gold
der krönenden Ivugel. „DasMo-
nurnent des Eisens “ verzeich-
net der Katalog hochtönend, ein
Name, der von seinem Träger
allerdings Unerhörtes verlangt.
Eigentlich sollte es nicht heißen
„Das Monument des Eisens“, son-
dern wie der Baumeister dieses
Industrietempels es bescheidener
nannte: „Monuinent des Eisens“,
ein Monument, eines unter vielen
Möglicnen. Das Eisen als Baustoff
zu demonstrieren, bot sich natür-
lich keine bessere Gelegenheit
als durch den eigenen Ausstel-
lungspavillon. Der Bau hat die
Form einer achteckigen Pyramide.
Sie erhebt sich in vier Etagen auf
einern weit ausladenden Sockel
gleichen Umrisses aus glasierten
Klinkern. Blickt man auf diese
Ziegel, die ihr „Normalformat“
haben, so kann man erst die eigentliche Größe des ganzen Bauwerks ermessen.
Denn dafür fehlt ejgentlich jeder Maßstab, weil es so ungewohnt neu ist, daß wir
es mit nichts vergleichen können. Aber es ist ein Monument des Eisens, gleich-
wie der Eiffelturm. Während der aber aus der gehörigen Entfernung betrachtet
wie ein feines Filigranwerk anmutet, setzt sich Tauts Eisenhaus mit einer Gewalt
und einer Wucht hin, die beispiellos ist. Auch gegen das Völkerschlachtdenkmal
behauptet sich Tauts P)-ramide. Die go'dene Kugel steht siegreich gegen das Firma-
ment an; sie kämpft eben niclit dagegen wie Schmitzens schlankes Bauwerk, nein,
sie beherrscht den lichten Himmelsgrund wie eine Sonne über dem Horizont.
Doch nicht die Kugel allein wirkt dieses Wunder, nein, es liegt auch in
der ganzen Formgebung, die den Eigenschaften des Materials angepaßt ist.
Stein bleibt Stein, bestenfalls ist er nur schwer und massig, aber das Eisen ist
durch einen Läuterungsprozeß hindurchgegarigen, es birgt die Quaiitäten des
schaffenden Menschengeistes, der mit seiner ätzenden Schärfe das rohe Erz in
die gewünschte Zweckform gegossen und ihm die eigene unbeugsame Energie
mitgegeben hat. An diesen schwarzen schweren Pfeilerträgern Tauts, die als
Eckpfosten aus dem prachtvollen schwarzweißen Kies herauswachsen, der den
Klinkersockel deckt, bricht sich jeder Widerstand; sie tragen und ieiten die
Kräfte, die das Bauwerk aufzunehmen hat, in ihren schlanken Profilen fort und
- [Nachdruck verboten.]
führen sie an die Stellen, wo sie der Baumeister haben und übertragen wil.l.
Schwer und schlank sind die Trägerpfosten zugleich, eigentlich viel zu schwer
für das, was sie zu tragen haben; sie könnten sogar die vielfache Last auf-
nehmen. Aber diese Schwere ist deshalb doch nicht unbeabsichtigt. Einmal
macht diese Mächtigkeit der Trägerabmessungen jede Diagonalversteifung von
vornherein überflüssig. Dann aber ist sie es gerade, die so monumental wirkt;
sie ist hier namentlich im Gegensatz zu den fast feinen Lisenen der Träger
zwischen den hohen Fenstern ein ornamentales Monument von höchster Wirkung.
Es ist ja überhaupt im höchsten Grade bemerkenswert, wie es hier gelungen
ist, aus Eisen und Glas eine solche Monumentalität hervorzuzaubern. Denn nur
Eisen und Glas ist von außen zu sehen. Aber man hat doch nicht den Eindruck
des Zerbrechlichen, sondern fühlt,
daß zwischen diesen Profilen das
Glas sicher sitzt. Ein Gegenbei-
spiel, wie man sich’s besser nicht
denken kann, steht in Berlin in
der Leipziger Straße; der erste
Bau des Tietzschen Warenhauses.
Ein ungefüger Bau, dessen Portal
mit zyklopenhaften Steinmassen
überladen ist, an die zu beiden
Seiten sich die Glasfenster in den
zarten Eisenrippchen anschließen.
Als wären die Glasscheiben an-
einandergelehnt und hielten sich
nur künstlich wie ein Kartenhaus.
Man vergleiche beides und mache
sich dann klar, was unser Bau-
meister in Leipzig geleistet hat.
Treten wir durch das herr-
liche schmiedeeiserne Portal ein
in dieses Wunderwerk moderner
Baukunst, so stehen wir in einer
elliptischen Empfangshalle von
märchenhafter Schönheit. Ein
weißesMarmorparkett mitmassiv-
bronzenen Einlagen, Wände aus
schwarzglasierten wundervollen
Kacheln, oben mit breiten Spruch-
bändern in Goldlettern verziert,
umschließen uns, während die
Decke aus einem ornamentalen
Netz blankpolierter Eisenträger
besteht, zwischen die reichver-
zierte Platten in farbiger Keramik
und stark profilierte Putzfiächen
gespannt sind. Gegenüber dem
Eingang aber belehrt uns ein Bild,
was diesen Raum beherrscht: Ein
blasender Konventer in der Aus-
führung künstlerischer Glasur auf
den schon erwähntenKacheln, von
dem Berliner Architekten John
Martens in prachtvollen Farben
hergestellt, sagt uns, daß hier eine
Stätte des Eisens ist. Von der
Herrschaft dieses Baustoffes aber erzählt uns der ganze große, 12 Meter im Durch-
messer haltende Saal im Innern des Erdgeschosses. Seine Wände bestehen aus
Glasbildern, die von außen her künstlich beleuchtet werden. Die bemerkens-
wertesten Eisenbauwerke sind hier durch herrliche große durchsichtige Photo-
graphien dargestellt. Ilier fesselt unsern Blick die wundervoll geschwungene obere
Linie der Ruhrort-Duisburger Rheinbrücke, dort ein riesiger Wasserturm, da eine
ungeheure Ilochofenanlage, wo anders ein Walzwerk, und dort die im Bau begrif-
fenen eisernen Ilallen des neuen Leipziger Bahnhofes, der größten Bahnhofsanlage
der alten Welt. Und oben schließt ein meterhoher Fries auf Glas gemalter Silhou-
etten aus dem Getriebe der Eisen- und Hüttenindustrie die Wände künstierisch ab.
Zweifellos wäre die wundervolle Ausstattung des gesamten Baues nicht mög-
lich gewesen, wenn es darauf angekommen wäre, allzusehr zu sparen. Der Bau
hat im ganzen fast 300 000 Mark gekostet und für einzelne Kostbarkeiten, z. B.
den Fußboden und die Kacheln des Empfangsraumes, konnten allein Zehn-
tausende aufgewendet werden. Hier haben die großen und reichen Verbände
in der Tat nicht geknausert, um durch einen würdigen und repräsentativen Bau
vertreten zu sein. Den Mann aber gefunden zu haben, der ihnen trotz alter
Widerstände diesen Bau hingesetzt hat, dessen können die Eisen- und Stahl-
herren herzlich froh sein. Felix Linke.
Das Monument des Eisens auf der Leipziger Raufach-Ausstellung.
Phot. Franz Kullrich, Berlin.
onumcnf des ßisons.
CV5
/äü Yenn man vom Verwaltungsgebäude her die quer zur „Straße des 18. Ok-
rgrYvo tobers“ stehende Hauptachse der „Internationalen Baufach-Ausstellung“
zu Leipzig durchschreitet, so fällt weit hinten ein pantheonartiger Bau auf, die
vielgerühmte Eisenbetonhalle von Prof. Kreis, die die Ausstellung als ständiges
Ausstellungsgebäude der Stadt Leipzig überdauern soll. Sie ist ganz aus Eisen-
beton, und man konnte erwarten, daß sie von den Baufirmen als charakteristisches
Eisenbetongebäude ausgebildet werden würde. Das ist jedoch keineswegs der
Fall; sie zeigt nur eins, nämlich, daß man auch klassische Bauformen in Eisen-
beton ausführen kann.
Während sich diese Halle an prätentiöser Stelle den Besuchern der Aus-
stellung aufdrängt, steht seitlich, durch das wenig schöne Hauptausstellungs-
gebäude und die Eisenbetonhalle
verdeckt, ein Bauwerk, das wie
aus einer andern Welt mitten in
diese Ausstellungs - Architektur
verschlagen erscheint. Wessen
Blick darauf gefallen, der ist ge-
fesselt und steht im Banne dieses
Bauwerkes. Aller herkömmlichen
Ornamentik entkleidet steht es da
wie die leibhaftige Logik, so zwin-
gend, wuchtig und durch seine
Konstruktion schön zugleich. Man
weiß zuerst nicht recht, was man
daraus machen soll, denn es ist ein
zu ungewohnter Anblick: Eisen,
Glas,. viel Glas sogar, und oben
eine riesige goldene Kugel. So-
viel aber fühlt man sogleich, hier
spricht eine ungehörte Sprache
zu uns, eine Sprache gewaltiger
Kühnheit und Kraft, so kühn,
streng und unbeugsam wie Eisen,
und so blendend wie das Gold
der krönenden Ivugel. „DasMo-
nurnent des Eisens “ verzeich-
net der Katalog hochtönend, ein
Name, der von seinem Träger
allerdings Unerhörtes verlangt.
Eigentlich sollte es nicht heißen
„Das Monument des Eisens“, son-
dern wie der Baumeister dieses
Industrietempels es bescheidener
nannte: „Monuinent des Eisens“,
ein Monument, eines unter vielen
Möglicnen. Das Eisen als Baustoff
zu demonstrieren, bot sich natür-
lich keine bessere Gelegenheit
als durch den eigenen Ausstel-
lungspavillon. Der Bau hat die
Form einer achteckigen Pyramide.
Sie erhebt sich in vier Etagen auf
einern weit ausladenden Sockel
gleichen Umrisses aus glasierten
Klinkern. Blickt man auf diese
Ziegel, die ihr „Normalformat“
haben, so kann man erst die eigentliche Größe des ganzen Bauwerks ermessen.
Denn dafür fehlt ejgentlich jeder Maßstab, weil es so ungewohnt neu ist, daß wir
es mit nichts vergleichen können. Aber es ist ein Monument des Eisens, gleich-
wie der Eiffelturm. Während der aber aus der gehörigen Entfernung betrachtet
wie ein feines Filigranwerk anmutet, setzt sich Tauts Eisenhaus mit einer Gewalt
und einer Wucht hin, die beispiellos ist. Auch gegen das Völkerschlachtdenkmal
behauptet sich Tauts P)-ramide. Die go'dene Kugel steht siegreich gegen das Firma-
ment an; sie kämpft eben niclit dagegen wie Schmitzens schlankes Bauwerk, nein,
sie beherrscht den lichten Himmelsgrund wie eine Sonne über dem Horizont.
Doch nicht die Kugel allein wirkt dieses Wunder, nein, es liegt auch in
der ganzen Formgebung, die den Eigenschaften des Materials angepaßt ist.
Stein bleibt Stein, bestenfalls ist er nur schwer und massig, aber das Eisen ist
durch einen Läuterungsprozeß hindurchgegarigen, es birgt die Quaiitäten des
schaffenden Menschengeistes, der mit seiner ätzenden Schärfe das rohe Erz in
die gewünschte Zweckform gegossen und ihm die eigene unbeugsame Energie
mitgegeben hat. An diesen schwarzen schweren Pfeilerträgern Tauts, die als
Eckpfosten aus dem prachtvollen schwarzweißen Kies herauswachsen, der den
Klinkersockel deckt, bricht sich jeder Widerstand; sie tragen und ieiten die
Kräfte, die das Bauwerk aufzunehmen hat, in ihren schlanken Profilen fort und
- [Nachdruck verboten.]
führen sie an die Stellen, wo sie der Baumeister haben und übertragen wil.l.
Schwer und schlank sind die Trägerpfosten zugleich, eigentlich viel zu schwer
für das, was sie zu tragen haben; sie könnten sogar die vielfache Last auf-
nehmen. Aber diese Schwere ist deshalb doch nicht unbeabsichtigt. Einmal
macht diese Mächtigkeit der Trägerabmessungen jede Diagonalversteifung von
vornherein überflüssig. Dann aber ist sie es gerade, die so monumental wirkt;
sie ist hier namentlich im Gegensatz zu den fast feinen Lisenen der Träger
zwischen den hohen Fenstern ein ornamentales Monument von höchster Wirkung.
Es ist ja überhaupt im höchsten Grade bemerkenswert, wie es hier gelungen
ist, aus Eisen und Glas eine solche Monumentalität hervorzuzaubern. Denn nur
Eisen und Glas ist von außen zu sehen. Aber man hat doch nicht den Eindruck
des Zerbrechlichen, sondern fühlt,
daß zwischen diesen Profilen das
Glas sicher sitzt. Ein Gegenbei-
spiel, wie man sich’s besser nicht
denken kann, steht in Berlin in
der Leipziger Straße; der erste
Bau des Tietzschen Warenhauses.
Ein ungefüger Bau, dessen Portal
mit zyklopenhaften Steinmassen
überladen ist, an die zu beiden
Seiten sich die Glasfenster in den
zarten Eisenrippchen anschließen.
Als wären die Glasscheiben an-
einandergelehnt und hielten sich
nur künstlich wie ein Kartenhaus.
Man vergleiche beides und mache
sich dann klar, was unser Bau-
meister in Leipzig geleistet hat.
Treten wir durch das herr-
liche schmiedeeiserne Portal ein
in dieses Wunderwerk moderner
Baukunst, so stehen wir in einer
elliptischen Empfangshalle von
märchenhafter Schönheit. Ein
weißesMarmorparkett mitmassiv-
bronzenen Einlagen, Wände aus
schwarzglasierten wundervollen
Kacheln, oben mit breiten Spruch-
bändern in Goldlettern verziert,
umschließen uns, während die
Decke aus einem ornamentalen
Netz blankpolierter Eisenträger
besteht, zwischen die reichver-
zierte Platten in farbiger Keramik
und stark profilierte Putzfiächen
gespannt sind. Gegenüber dem
Eingang aber belehrt uns ein Bild,
was diesen Raum beherrscht: Ein
blasender Konventer in der Aus-
führung künstlerischer Glasur auf
den schon erwähntenKacheln, von
dem Berliner Architekten John
Martens in prachtvollen Farben
hergestellt, sagt uns, daß hier eine
Stätte des Eisens ist. Von der
Herrschaft dieses Baustoffes aber erzählt uns der ganze große, 12 Meter im Durch-
messer haltende Saal im Innern des Erdgeschosses. Seine Wände bestehen aus
Glasbildern, die von außen her künstlich beleuchtet werden. Die bemerkens-
wertesten Eisenbauwerke sind hier durch herrliche große durchsichtige Photo-
graphien dargestellt. Ilier fesselt unsern Blick die wundervoll geschwungene obere
Linie der Ruhrort-Duisburger Rheinbrücke, dort ein riesiger Wasserturm, da eine
ungeheure Ilochofenanlage, wo anders ein Walzwerk, und dort die im Bau begrif-
fenen eisernen Ilallen des neuen Leipziger Bahnhofes, der größten Bahnhofsanlage
der alten Welt. Und oben schließt ein meterhoher Fries auf Glas gemalter Silhou-
etten aus dem Getriebe der Eisen- und Hüttenindustrie die Wände künstierisch ab.
Zweifellos wäre die wundervolle Ausstattung des gesamten Baues nicht mög-
lich gewesen, wenn es darauf angekommen wäre, allzusehr zu sparen. Der Bau
hat im ganzen fast 300 000 Mark gekostet und für einzelne Kostbarkeiten, z. B.
den Fußboden und die Kacheln des Empfangsraumes, konnten allein Zehn-
tausende aufgewendet werden. Hier haben die großen und reichen Verbände
in der Tat nicht geknausert, um durch einen würdigen und repräsentativen Bau
vertreten zu sein. Den Mann aber gefunden zu haben, der ihnen trotz alter
Widerstände diesen Bau hingesetzt hat, dessen können die Eisen- und Stahl-
herren herzlich froh sein. Felix Linke.
Das Monument des Eisens auf der Leipziger Raufach-Ausstellung.
Phot. Franz Kullrich, Berlin.