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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 27.1912/​1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.31170#0750

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MODERNE KUNST.

einen Mittelweg zu finden,
der dieses nun einmal
durch die Natur zur Liebe
geschaffene Mädchen in
einem sympathischeren
Lichte erscheinen läßt.
Aber „rassig“ muß diese
Carmen schon sein, ein
echter spanischer leiden-
schaftlicher Typus, der mit
seinen eigenwilligen Extra-
vaganzen die Zuschauer
mit fortreißt. Diesen Mittel-
weg fand MargueriteSylva,
und ihre großartige Dar-
stellungskunst gerade der
Carmen hat sie zu einer
der bevorzugtesten Ver-
treterinnen dieser Partie
gemacht. Natürlich wäre
das Schauspiel allein nicht
der Hauptmagnet, wenn
nic'ht die besonderen Qua-
litäten einer begnadeten
Op.ernsängerin auch noch
hinzukämen. In der Tat
ist die Küristlerin eine ganz
hervorragende Sopran-
sängerin, die viele ihrer
Kolleginnen weit überragt. Das schöne Stimmaterial tut noch ein übriges
Die Carmen ist ihre Ilauptrolle; selbstverständlich beherrscht sie aber aucli
alle andern in ihr Fach schlagenden Gesangspartien fast mit
gleicher Vollendung. Dr. P E.

Auf derBeobachtungsleiter. Jeweiter
die Tragweite der Geschütze im Laufe der
Zeit gesteigert worden ist, und je sicherer
die Geschosse ihr Ziel erreichten, aus
desto größeren Entfernungen wurde
von der Artillerie der Kampf gegen
den Feind eröffnet. Ebenso war
man natürlich bemüht, sich nicht
offen vor den Gegner zu stellen,
um von seinen Schrapnells fort-
rasiert zu werden, sondern eine ge-
deckte Stellung aufzusuchen. Mit
Vorliebe wählt man diese hinter einer
Ilügelwelle, über welche die Rohre
der Geschütze nur gerade hinwegragen,
und läßt die Mannschaft an den Geschützen
niederknien, so daß der Feind fast nichts sieht.

Nur an dem aufblitzenden Feuer, das beim Schuß
aus den Rohren bricht, kann man die Stellung erkennen

Marguerite Sylva.

so dem gedachten Feind ein willkommenes Ziel zu bieten.

Da sich aber auch die feindliche Partei in dieser
Weise zu verbergen sucht, ist die Zielerkundung
eine der wichtigsten Vorbedingungen für ein erfolg-
reiches Schießen. Zu diesem Zweck bedient sich
die Feldartillerie des sogenannten Scherenfernrohres,
durch das auf unserer Abbiidung einer der Offiziere
soeben den Feind zu erkunden sucht. Ganz dicht da-
neben sieht man ein weit größeres schlankes Gerüst,
die sogenannte Beobachtungsleiter, auf der ein Ka-
nonier gleichfalls nach dem Feind ausspäht. Daß
ein solcher hochgelegener Punkt sich dafür besonders
eignet, versteht sich von selbst, ebenso aber, daß er
dem Feind ein willkommenes weithin sichtbares Ziel
bietet. Deshalb sucht man die Beobachtungsleiter
mit Zweigen zu maskieren, damit sie auf die Ent-
fernung hin den harmlosen Eindruck eines Baumes
erweckt. Unser Bild zeigt die Artillerie bei einer
Übung auf dem Schießplatz. Der in der Mitte haltende
Reiter ist, wie aus der Satteldecke erkenntlich, ein
General, der das Schießen beobachtet; sonst hätte er
nicht die Berechtigung, auf seinem Pferde weithin
ragend dicht hinter den Geschützen zu halten und

O. A.

Hindernisfahren im Stadion. Am 13. und 14. Juni huldigten die Reiter
Deutschlands in Form eines Jubiläums-Turniers dem Monarchen. Dressur-

Denkmal für Professor Joseph Joachim. (Text s. Beilage.)
Phot. Ed. Frankl, Neukölln.

prüfungen und Wettspringen wechselten mit Konkurrenzen von ein-, zwei- und
mehrspännigen Wagen. Und speziell bei diesen Vorführungen bekamen die
Berliner etwas ganz Neues zu sehen, etwas, das man aus Wien nach Spree-
Athen importiert hatte: ein Hindernisfahren! Da mußten die Gespanne durchs
Wasser, mußten schmale Brücken usw. passieren, und gar manch aufregendes
Moment stachelte die Nerven der Zuschauer auf. Das Hindernisfahren wurde
in zwei Klassebewerben abgewickelt. Zu Klasse A, Zwei-
spänner, wie auch in Klasse B, Vierspänner, blieb
unser bedeutendster Meister auf dem Bock, der
bekannte Graf Alvensleben-Neugattersleben
siegreich. Besonders erwähnt sei auch,
daß sich der Kronprinz, ein Sportsmann
von echtem Schrot und Korn, mit
einigen Vertretern seines Stalles am
Preishochspringen beteiligte. Der
fürstliche Sportsmann hatte auch
die Genugtuung, siegreich zu blei-
ben. Lt. F. v. Zobelttiz, der be-
kannte Rennreiter und frühere Or-
donanzoffizier des Thronfolgers,
steuerte im Preishochspringen des
Kronprinzen „Nancy“ zum Erfolg
über den allen bekannten glänzenden
Springer „Ilubertus“. Auf einer höheren
Stufe als in früheren Jahren stand diesmal
auch das Damenreiten, für das sich 13 Teil-
nehmerinnen eingestellt hatten. Von ihnen bekam
man zum Teil recht gute Leistungen zu sehen. C.

arguerite Sylva. In den letzten Jahren ist
der Name einer Sängerin viel genannt worden,
die u. a. auch das besondere Interesse des Deutschen
Kaisers erregt hat. Marguerite Sylva soll belgischer
Abkunft sein, doch stand die Wiege ihres Ruhmes
jedenfalls in Amerika. An der Bostoner Oper er-
glänzte sie als Stern, und es gibt wohl keinen Ameri-
kaner, dem sie fremd ist. Aber auch in Deutschland,
an der Berliner Hofoper, lernte man sie kennen
und hat diese Bekanntschaft nicht bereut. Frau Sylva
ist vor alleni berühmt durch ihre „Carmen“. Man
weiß, wie schwer dieser komplizierte Charakter auf-
zufassen ist; die widersprechendsten Interpretationen
hat man davon auf der Bühne erlebt. Die meisten
stellen die Carmen als eine typische Zigeunerdirne
hin, eine Auffassung, die doch immerhin recht zweifel-
haft erscheint, wenn man der psychologischen Trieb-
feder dieses Tabakfabrikmädchens näher geht. Es
war dies seinerzeit auch der Grund, weshalb die Oper
zuerst ziemlich stürmisch abgelehnt wurde. Allrnäh-
lich kam man dahinter, daß die Carmen, wenn auch
subjektiv, denn doch noch andere Charakterwerte hat
als die einer bloßen Dirne. Es handelt sich also darum,

Frau Scheib-Bothmer beim Hindernisfahren im Stadion.
Phot. C. Ilünich, Charlottenbur<4.

Auf dem Aitillerie-Schießplatz: Auf der Beobaclitungsleiter.
Phot. Franz Tellgmann, Mühlhausen i. Th.
 
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