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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 27.1912/​1913

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26. Heft
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Saltzwedel, Hans: Frau Mytala, [9]: nach einer wahren Begebenheit erzählt
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Im Bois de Boulogne
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https://doi.org/10.11588/diglit.31170#0795

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MODERNE KUNST.

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stammten Herrscher als den
Schützer und Bewahrer deut-
scher Herrlichkeit.

So sind sie herange-
wachsen zu ritterlichen Män-
nern, die nun schon seit

Jahren in Treue ihrem König und ibrem Volke im
Waffenrock dienen.

Und auch ihre' zwei kleinen Mädchen habe ich ihr
behüten und bewachen helfen, habe für sie die herr-
lichsten Märchen erdacht, ihre Puppen geleimt und
die schönsten Häuser für sie gezimmert und geklebt.
Nun ist auch die jüngste bereits ein allerliebstes
Backfischlein. —

Aber auch so manche Nacht habe ich mit der
sorgenden Mutter gemeinsam am Bette eines ihrer
Lieblinge durchwacht, habe manch nächtliche Fahrt

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durch Sturm und Wetter gemacht, um eiligst den Arzt herbeizuholen;
und dann wieder in stillen Abendstunden mit ihr beraten, wie dem ge-
liebten Mann Ärger und Unannehmlichkeiten erspart werden könnten. —
Und auch von ihr selber alles fernzuhalten, was irgend nur dazu an-
getan gewesen wäre, sie zu kränken und zu betrüben, ist mein stetes
Bemühen gewesen.

So habe ich ihr als getreuer Ekkehard ritterlich gedient, jahraus,
jahrein, und bin dabei ganz unbemerkt ein alter Mann geworden. —
Wie Seesand zwischen den Fingern sind mir die wunderschönen Jahre
verronnen, ehe ich’s recht gewahr geworden — ohne eignes Ziel und
eignes Streben.

Frau Mytala war nun mal mein Schicksal, mein liebes, liebes
Schicksal! — Sollte ich mit ihm nicht glücklich und zufrieden sein?-

Wenn es sich aber dennoch einmal auf dem Grunde des alten, un-
dankbaren Herzens regen will — wie Gram und Bitternis über das un-
bemerkt verronnene Leben, das zu besiegen mir
nicht vergönnt gewesen, dann — nun dann brauche
ich nur meinen Blick auf mein liebes Schicksal zu
richten, um mich schnell zu bescheiden — und
wieder still und zufrieden zu sein und gern meine
'j j Pflichten weiter zu erfüllen.

Ganz feine, feine Fältchen zeigen sich zwar
schon auf ihrer reinen Stirn und an den Schläfen,
und in feinem Silberglanze schimmert bereits ihr
weiches, dunkles Blondhaar; aber frisch und zart
leuchtet immer noch ihr klares Antlitz, das immer
noch ganz, ganz fein errötet, wenn der stattliche
Eheliebste sie zärtlich ansieht.

Und hell und klar blicken immer noch ihre
Blauaugen auf ihre Lieben. — Hell und klar in
allern — ein fehlerlos reiner Bergkristall — du —

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Pariser Modehunde.

meine Frau Mytala!

[ENDE.]

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ir meiden den Bois“ — so erklären kategorisch einige Nörgler. „Seit-
dem man ihn mit der Metropolitain von Belleville aus für drei Sous
rtFi ^ erreichen kann, ist er förmlich von Menschen belagert. Und dann
die Automobile! Welch ein Staub und Benzinduft! Man hatte den Versuch ge-
wagt, diesen allermodernsten Vehikeln während zweier Stunden täglich die Allee
des Acacias zu verbieten. Da aber erhob sich ein gewaltiger Lärm, und alles blieb
beim alten. Helas! So muß man resignieren und verzichtet einfach auf den Bois.“
Und dennoch — die Nörgler haben unrecht. Es gibt in der Tat in dieser
Stadt der Attraktionen während der beiden Frühlingsmonate Mai und Juni, die
gleichzeitig das Ende der Pariser Saison einleiten, kaum etwas Köstlicheres als
dcn Bois. Aber eine Bedingung ist unerläßlich, will man die Schönheiten des
Bois genießen: Man muß ihn kennen, genau kennen muß man ihn, am Morgen
muß man dort gewesen sein. Natürlich nicht etwa am Sonntag, wenn der „Mötro“

Boulogne.

[Nachdruck verboten.]

den Bois mit 200 000 Spaziergängern überflutet. Aus der Porte Dauphine und
der Porte Maillot queilen die Radfahrer förmlich heraus. Lärm und Hast über-
all. Auf den Rasenflächen liegen leere Flaschen und Stullenpapiere wüst um-
her, beinahe wie im Beriiner Grunewald.

Aber in der Woche ist das ganz anders . . . Vor 9 Uhr morgens hat der
Bois noch kaum sein wahres Gesicht. Seine Toilette ist noch unvollendet
und er gewährt unserm Auge noch nicht den entzückenden, unvergleichlich
schönen Anblick, den er uns etwa zwei Stunden später bereitet.

Vor 9 Uhr ist das Bild noch ein unruhiges, ein unfertiges. Die Gärtner und
ihre Gehilfen sind emsig an der Arbeit, Automobile aus den Vorstädten sausen
durch die Avenuen nach dem Innern der Stadt. Stallmeister bevvegen ihre
Tiere. Der kleine Beamte, der aus hygienischen Gründen zu Pferde steigt,
tummelt sich hier, ehe sein Tagewerk beginnt, kurz das Bild ist noch unharmonisch.
 
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