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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 27.1912/​1913

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15. Heft
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Ostler, Rudolf: Die Studentengräfin: Lola Montez in der Dichtung unserer Zeit
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Erbstein, Ambros: Schöne und häßliche Farben
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https://doi.org/10.11588/diglit.31170#0441

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MODERNE KUNST.

Schöne und

Lola Montez der ultramontanen Richtung gefolgi. war. Ruederer aber verbindet
mit dem Begriff der Morgenröte die Vorstellung der Freiheit, wie sie die Figuren
seines Stückes freiiich in sehr verschiedener Weise, je nach ihrer politischen
Stellung, ihrem Lebenslauf oder ihren Interessen, hegen.

Elias Peißner heißt bei ihm Fritz Peißner und wird kraft dichterischer
Lizenz zu einer Art Schoßhündchen der Lola Montez. Im Besitz ihrer Gunst,
ja bereits nur noch im Glauben des Besitzes dieser Gunst, benimmt er sich
gegen Minister, Offiziere und jedermann keck und flegelhaft, wie ein Herr zu
seinen Sklaven. Diesem Feigling stellt Ruederer erst den eigentlichen Pagen
der Gräfin, Xaver Singlspieler, als ihren Gegenspieler zur Seite. Xaver, ein
bitterer Feind der Lola Montez, soll ihr wegen einer Beleidigung Abbitte leisten.
Aber gerade dadurch, daß es der schneidige Kerl nicht tut, und die Gräfin zu-
gleich überlegt, wie es auf die Gegenpartei wirken muß, wenn sie ihren Feind
zu ihrem Günstlinge macht, wirft
sie ihm ihre Liebe wie einen
Ball zu. Und wirklich in dem
Widerstreit zwischen Lola und
seinem bisherigen Lebensideal
der Freiheit, entscheidet sich
Xaver jetzt — für die „Morgen-
röte“ in Frauengestalt. Erst als
er sieht, daß sie auch mit ihm,
dessen edle Gefühle sie bald
langweilen, nur spielt, beginnt
er diese Circe, die ihn zum Ab-
trünnigen gemacht hat, namen-
los zu hassen. Ja er möchte
sie niederschießen, aber Lola
ist inzwischen durch die aus-
brecliende Revolütion hinweg-
gefegt worden.

Weniger tief und ernst als
dieses tragikomische Schauspiel
sind naturgemäß die Motive des
Libretto zu Leo Falls Oper
„Die Studentengräfin“, da hier
hauptsächlich die Unterlage für
hübsche Bilder und Lieder ge-
boten werden soll. Dabei wiegt
das gutmütig-biedermeierische
Element vor. Der Librettist hat
dieFigur desMalersSpitzweg als
eines Freundes Elias Peißners,
der hier den Namen Ludwig
Burckhardt führt, mit eingefloch-
ten,wodurch ein bestimmtesPro-
gramm gegeben war. Einige
der bekannten Spitzwegbilder
werden auf der Bühne lebendig.

Der erste Akt spielt im Hof-
bräuhause, wo sich dieAlemannia

in Wirklichkeit freilich kaum hätte sehen lassen dürfen. Künstler, Studenten,
Hartschiere und Münchner Spießbürger! Der Chorus ertönt: „Bier her, Bier
her, oder ich fall’ um.“ Da tritt Lola Montez in das Hofbräu und rät Ludwig
Burckhardt zur Flucht, da er wegen der Veröffentlichung freiheitlicher Ideen ver-
folgt wird. Schon ist die Polizei nahe; aber ein schlafender Hartschier muß wider
seinen Willen Burckhardt seinen Mantel leihen, damit er unerkannt flieht.

Im zweiten Akte befindet er sich in Rothenburg, diesem alten Städtchen, dessen
Biedermeierpoesie nach Spitzwegs Muster mit der verschlafenen Schildwache,
dem blumengießenden Sonderling (übrigens Ludwigs Vater) und den herzigen
Mädchen auflebt. Lola Montez ist ihrem Günstling gefolgt, der in ihr aber mehr
nur seine Gönnerin sieht und ein anderes Mädchen bereits liebt. Ein scherzhafter
Krieg zwischen den Alemannen, welche RothenburgsFeste erstürmen, und der ängst-
lichen Stadtwache sorgt für Hurnor. Hier in Rothenburg (das der Librettist Rothen-

slein nennt) findetLudwigBurck-
hardt seine Braut Molly wieder.

Der dritte Akt spielt im
Innern des Rothenburger
Schlosses. Da den Librettisten
der Stoff ausgeht, muß die Fi-
gur des Bierphilosophen Josef
Stiglmayer die Unterhaltung in
drolliger Weise bestreiten. Spitz-
weg trägt der Studentengräfin
die Ballade von dem Pagen einer
Fürstin vor, der ein anderesMäd-
chen bereits liebt. Aber sie wili
noch nicht verstehen. Da bittet
Ludwig Burckhardts Braut
schließlichLoIaMontez, beiihren
Eltern ihre Ehe zu vermitfelh,
ohne daß die Frauen zunächst
wissen, in welchen Beziehungen
sie gegenseitig zu Burckhardt
stehen. Als sie es merken, wird
die Ballade der entsagenden
Gönnerin zur Wahrheit werden.

Es ist also leichte AVare, die
sich hier unter der Flagge der
frischen Melodien Leo Falls auf
dem sonnigen, sanft bewegten
Tonmeere schaukelt. Aber
auch sie beweist, daß Lola
Montez’ Geist sich wieder regt.
Mädchenfüße mit ihren schönen
Knöcheln, die göttlichen Tanz-
beine haben — um Nietzsches
Wort zu gebrauchen — wieder
einmal über den Geist der
Schwere, den obersten aller
Teufel, triumphiert.

Dr. RudolJ Ostler.

6^rflj0tan kann die Antwort auf
die Frage, ob es schöne
und häßliche Farben gibt, auf
zweierlei Art, auf physikalischem
und physiologischem Wege, fin-
den. In der Malerei, Teppich-
stickerei, Emailtechnik und in
den anderen Künsten, wo es auf
Farbenwirkungen ankommt, die dem Auge wohltun, sehen wir, daß seit Jahrhun-
derten gewisse Farben, wie Rot, Grün und Blau, stets im Vordergrunde stehen. —
Um diese Erkenntnis zu erhärten, hat Professor Exner den Weg des Plebiszits
gewählt. Er legte mit Hilfe farbiger Papiere eine möglichst vollständige Reihe
von Farbentönen an, die er in die vier Gruppen Rot, Gelb, Grün und Violett
teilte uncl mehr als 200 Personen einzeln zur Begutachtung vorlegte. Dabei war
es natürlich gestattet und bei der Ähnlichkeit vieler Farbentöne auch geboten,
mehrere derselben als zu der einen oder anderen Kategorie gehörig zu be-
zeichnen. Es stellte sich bald heraus, daß in allen fünf Farbengruppen die gleichen
Töne als angenehm oder unangenehm empfunden wurden. Was ist'nun der eigent-
liche Grund der Bevorzugung gewisser Farben? Es kann kein Zweifel sein, daß
wir ihn auf dem Gebiete der Physiologie zu suchen haben. Darauf weist neben
anderem die alte Erfahrung hin, daß farbenreiche Gemälde, bunte Teppiche u. dgi.
in ihrer Farbenwirkung wesentlich gewinnen, wenn sie nicht in greller Beleuchtung,
sondern bei gedämpftem Lichte, wie es etwa in Wohnräumen herrscht, betrachtet
werden. Hierbei spielt das sogenannte Bezold-Brückesche Phänomen eine Rolle.

G. Eichholz: Lola Montez, von Münchner Studenten insultiert,

Nach der Helmholtzschen Far-
bentheorie gibt es nämlich für,
unser Auge bloß drei einfache
Farbenempfindungen, während
alle übrigen, auch die im unphy-
sikalischen Sinne einfachen Far-
ben des Spektrums, aus dem
verschieden starken Zusammen-
wirken der drei einfachen Grundempfindungen entstehen. Bezold und Brücke haben
nun gezeigt, daß ein Farbenton, der gleichzeitig die drei Grundempfindungen wach-
ruft, jede aber in verschiede.ner Stärke, bei zunehmender Einbuße seiner Intensität
mehr und mehr nur diejenige Grundempfindung behält, die in ihm am stärksten
vorhanden ist. War der Farbenton an sich ein einfacher im Sinne der Theorie
Helmholtz, so bleibt er natürlich ungeändert, während jeder andere Farbenton bei
Abnahme seiner Intensität sich für unsere Empfindung ändern und der ihm nächsten
Grundempfindung (Farbenton) nähern wird. Da die Erfahrung lehrt, daß diese bei
verminderter Intensität auftretenden Farbentöne im allgemeinen schöner sind als
die von der gleichen objektiven Farbe bei hoher Intensität entwickelten Töne, liegt
die Annahme nahe, daß das Auge vor allem diejenigen Farben als schön empfindet,
die einer der drei Grundempfindungen möglichst nahe kommen und demzufolge
einen möglichst einhelligen Reiz auslösen. Alle bisherigen Messungen dieser
Grundempfindungen zeigen, daß sie in Rot, Grün und Blau gelegen sind, und
diese drei Farben bilden in allen angewandten Künsten der Farbe die Grundfarbe
des Kolorits. Die Praxis hat somit die Theorie bestätigt. Amiros Erbstein.

häßliche Farben.
 
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