Unser Kaiser.
Fünfundzwanzig Jahre sind vergangen, seit Kaiser
Wilhelm Ii. den Thron bestiegen hat. Welche Epoche ge-
waltigen, fürDeutschland bisher unerhörten Aufschwunges
bedeutet dieses Vierteljahrhundert, das doch für das Leben
eines Volkes nur eine geringe Zeit darstellt! Auf ernste
schwere Zeiten, auf die Kriege und Siege Kaiser
Wilhelms I., seines eisernen Kanzlers und seiner sieg-
reichen Feldherren ist eine jahrzehntelange Aera des
bewaffneten Friedens gefolgt, die Deutschland im fried-
lichen Wettstreit der Völker den ersten Rang einnehmen
ließ. Dieser Entwicklung drückt die überragende Persön-
lichkeit Kaiser Wilhelms II. ihren Stempel auf. Mit
hohem Recht hat der Völksmund den Kaiser, der un-
ermüdlich als Schirmherr dieser staunenswerten Ent-
wicklung und als Wahrer deä segensreichen Friedens
waltete, den Namen des Friedenskaisers gegeben. So
begrüßt ganz Deutschland das 25 jährige Regierungs-
jubiläum Kaiser Wilhelms II. mit hoher Freude, die weit
über die Grenzen des Reiches hinaus ihren Widerhail
finden wird. Denn wie keinem lebenden Herrscher
wendet sich das Auge Europas der ritterlichen Gestalt
Wilhelms II. zu, in der E.rkenntnis, daß er der berut'ene
Lenker der deutschen Geschicke ist und Kaiser und
Volk untrennbar zusammenstehen.
Unter allen Werken und Schrit'ten, die diesem
historisch-denkwürdigen Tage gerecht werden, indem
sie das Augenmerk auf die verflossenen 25 Jahre zuruck-
Dcr Kaiser beim I.achsfischen'.
lenken, nimmt das Prachtwerk „Unser Kaiser“, heraus-
gegeben von Georg W. Büxenstein, das im Deutschen
Verlagshaus Bong & Co., Berlin W 57, soeben erschienen
ist, einen besonderen Platz ein. Aus der Feder der an-
gesehensten und hervorragend unterrichteten Autoren
wird hier ein umfassendes und getreues Lebensbild
Kaiser Wilhelms II. in voller Porträttreue und Frische
wiedergegeben. Von vornherein war es klar, daß die
Kraft und die Grenzen auch des bedeutendsten Autors
unmöglich ausreichen würden, um eine Persönlichkeit
von solcher Bedeutung wie Kaiser Wilhelm II. in
erschöpfender Weise zu würdigen. Deshalb hat
sich hier eine Schar auserlesener Männer vereinigt,
von denen jeder denjenigen Abschnitt des Werkes
übernahm, der seinen Kenntnissen und seiner Natur ent-
sprach. Bei der Lektüre dieses gediegenen patriotischen
Buches wird das deutsche Volk auts neue erkennen,
wie ernst der Kaiser von Anbeginn seiner Regierung
sein schweres Herrscheramt aufgefaßt hat, und wie er
seinen erhabenen Pflichten seine ganze Arbeits- und
Willenskraft unterordnet. Zugleich mit diesen hohen
Charaktereigenschaften Kaiser WilhelmsII. offenbaren sich
in dem Werke der Reichtum seiner Persönlichkeit und die
Ritterlichkeit und die Liebenswürdigkeit seines Wesens,
mit denen der Kaiser seine Umgebung bezaubert. In
gleicher Weise findet sein Entwicklungsgang vom Knaben
zum Jüngling und vom Jiingling zum Manne, der jetzt
die volle Höhe seines Lebens gewonnen hat, eine ein-
gehende Wiedergabe.
Das Werk zerfällt in 14 Kapitel; die ersten beiden be-
handeln die Kasseler Gymnasialzeit und die Bonner Uni-
versitätsjahre, den Eintritt in die Armee und in den Zivil-
dienst. Sie stammen von Generalleutnant z. D. Fr. Frhrn.
v. Dincklage-Campe und Generalmajor z. D. v. Voß. Das
dritte Kapitel ist einer Charakteristik des Herrschers
aus der Feder des Geh. Reg.-
Rats Prof. Dr. Theodor-Schie-
manngewidmet, währenddas
vierte Kapitel den Kaiser in
seiner führenden poiitischen
Tätigkeit behandelt. Es wurde
von eingehenden Kennern
Materie, nämlich Haupt-
mann a. D. W. v. Massow,
Geh. Oberregierungsrat Prof.
Dr. Lexis, Wirkl. Geh. Ober-
regierungsrat Dr. Strutz,
Senatspräsident des Ober-
verwaltungsgerichts undGeh.
Ober-Regierungsrat und vor-
tragender Rat im Reichs-
kolonialamt Johannes Gerst-
meyer geschrieben. Die
weiteren Kapitei berichten
von den Beziehungen des
I Ierrschers zur Armee und
Marine (v. Voß, Generalmajor
z. D. und Graf Reventlow),
zu Kirche und Schule (Hof-
und Domprediger Jog. Krit-
zinger, Konsistorialrat, Dr.
Franz Dittrich, Dompropst u.
Stadtrat Dr. Julius Ziehen),
zu Kunst und Wissenschaft
(Geh. Regierungsrat Prof.
Dr. med. et phil. Felix von
Luschan, Prof. Dr. jur. Paul
Seidei, Geh. Hofrat Max
Grube). Ferner erzählt Geh.
Regierungsrat Professor Dr.
Paul Güßfeld von den Reisen
des Kaisers, Hofberiehterstatter Georg Schneider von den
Hoffestlichkeiten, und Hofpfarrer Krummacher gibt uns
ein Bild des Kaisers im intimsten Familienkreise.
Einen besonderen Vorzug dieses Werkes bildet der
außerordentlich prächtige und aufschlufireiche Bilder-
schmuck, der sich eng an die Schilderungen der einzelnen
Kapitel anschließt und zu ihrer Anschaulichkeit wesentlich
beiträgt. Kaum ein einziges Ereignis von Bedeutung aus
dem öffentlichen oder privaten I.eben des Kaisers bleibt
unberücksichtigt. Der Band enthält neun Kunsttafeln und
449 Abbildungen nach Meisterwerken von A. vonWerner,
Hans Bohrdt. Carl Becker, Ernst Doepler, d. J., Carl Salt-
mann, William Pape, Willy Stoewer u. a. Auch das übrige
illustrative Material steht auf gleicher Höhe. Die seltensten
Photographien und eigenhändige Schriftstücke des Kaisers,
sowie Reproduktionen nach Zeichnungen und Entwürfen
seiner Hand, die der Offentlichkeit bisher noch nicht
zugänglich waren, werden dem Leser dargereicht. So
besitzt dieses Buch durch seine Vielseitigkeit schon
den Wert eines Quellenwerkes ersten Ranges. Vor allem
aber will es den weiten Kreisen des deutschen Volkes
die Persönlichkeit seines Kaisers aufs neue nahebringen.
Deshalb beträgt der Preis dieses Werkes, das an künst-
lerischer Ausstattung keiner weit kostspieligeren Ver-
öffentiichung weicht, elegant gebunden nur M. 5,50.
Berliner Musikleben.
Kritischer Vierteljahrsbericht (Januar—April 1913).
Von Dr. Paul Ertel.
Wie immer in Berlin beganu die Saison nach Weih-
nachten stürmisch und riesengroß wachsend. Den ersten
Anstieg zu die-
sem gewaltigen
Ringen nach
Ruhm und Geld
brachte aller-
dings schon der
März. Denn er-
fahrungsgemäß
schließt ja das
Osterfest die
alte Winter-
kampagne ab,
um dann nur
noch einigen
Nachzüglern
l’latz zu machen.
Natürlich ist es
nicht leicht, in
der abflauenden
Konzertzeit die
Säle zu füllen,
und darum ar-
rangieren die
Konzertdirekto-
ren gern Abende
mit berühmten
„Stars“(Evav. d.
Osten, Knote.,
Siezak u. a.),
um noch schnell
vor Toresschhiß
die geschäftlichen Bilanzen
'iufzubessern. —
Solche Konzerte werden
auch nicht der Kritik wegen
gegeben, zumal sie irgend
etwas Neues, Aufreizendes
ja nicht bieten. Dafür inter-
essieren die regulären
großen Zyklen urn so mehr.
Sie haben die Verpfiich-
tung, uns über die neue
zeitgenössische Produktion
zu unterrichten, diesmal
getreu erfüllt! Die König-
liche Kapelle hat unter
Richard Strauß wieder
Großtaten vollbracht. Die
bedeutsamen Programme
tlieser Künstlerinstitution
mußten selbstverständlich
auch den eingeschworenen
Konservativen im Zuhörer-
raum Rechnung tragen, und
zwar durch je eine Sinfonie
von Haydn und Schubert und
zweien (fünfte und neunte) von
Beethoven. Auch einsonstun-
bekanntes Quartettkonzert
vonSpohr war fürdieÄlteren
ausgesucht. Daneben aber
merkt man den Einfluß
Straußens, den Moderneren
und den Modernen zu ihrem
Recht zuverhelfen, denn man
hörte fünfmal Wagner, dar-
unter das Lohengrin-Vor-
spiel in geradezu unnachahmlicher Schönheit, ferner
kleinere Werke von Reznicek, Böhe (sinfonische Dichtung
„Circe“), Pfitzner, v. Schillings, weiterhin das gewaltige
„Heldenleben“ von Strauß in ungewöhnlich großzügiger
Darstellung, endlich die zweite Sinfonie von Kaun, die hier
bereits bekannt und besprochen ist. Um die Aufführung
dieses Werkes spann sich eine kleine Tragikomödie, da
der Komponist entgegen dem Ilausgebrauche sein Werk
selbst dirigieren mußte. Schon in der Generalprobe
kündeten Zettel an, daß I)r. Strauß die Direktion der
Sinfonie „wegen Unpäßlichkeit“ dem Autor überlassen
habe. Und nun geschah das Merkwürdige, daß Strauß
unmittelbar nach dem Ende desWerkes das Podium betrat,
um in zweifellos brillanter körperlicher Verfassung eine
wundervolle Aufführung des Berliozschen „Römischen
Karneval“ darzubieten. Des Rätsels Lösung konnte nur
die sein, daß eben Strauß die vom Direktorium der
Königlichen Kapelle gewünschte Auftührung der Sinfonie
verweigerte, weil sie ihm offenbir nicht gefiel, was sofort
begreiflich erscheint, wenn n an sich darüber klar ist,
daß das Schaffen Kauns und S .raußens durch diametrale
Gegensätze getrennt ist. Auf alle Fälle kann aber
Strauß nicht in den ihm aufgenötigten Verdacht des
Neides kommen; denn dafür wäre nicht der geringste
Anhalt vorhanden. Immerhin hätte Strauß doch viel-
leicht seinem Ilerzen einen Stoß geben sollen! Daß
diese Konzerte wie bisher stets „ausverkauft“ statt-
fanden, bedarf keiner weiteren Versicherung.
In gleich glücklicher Lage sind die großen phil-
harm onischen Konzerte unter Nikisch, die eben-
falls „ausabonniert“ sind, wie der schöne technische
Ausdruck lautet. Professor Nikisch, dem gute Freunde
Unser Kai.serpaar.
Phot. Niederastroth (Srilc & Kuntze), Potsdam.
Der Kaiser am Arbeitstisch im Achiüeion.
n,. jü,
XXVlI 19. B
Fünfundzwanzig Jahre sind vergangen, seit Kaiser
Wilhelm Ii. den Thron bestiegen hat. Welche Epoche ge-
waltigen, fürDeutschland bisher unerhörten Aufschwunges
bedeutet dieses Vierteljahrhundert, das doch für das Leben
eines Volkes nur eine geringe Zeit darstellt! Auf ernste
schwere Zeiten, auf die Kriege und Siege Kaiser
Wilhelms I., seines eisernen Kanzlers und seiner sieg-
reichen Feldherren ist eine jahrzehntelange Aera des
bewaffneten Friedens gefolgt, die Deutschland im fried-
lichen Wettstreit der Völker den ersten Rang einnehmen
ließ. Dieser Entwicklung drückt die überragende Persön-
lichkeit Kaiser Wilhelms II. ihren Stempel auf. Mit
hohem Recht hat der Völksmund den Kaiser, der un-
ermüdlich als Schirmherr dieser staunenswerten Ent-
wicklung und als Wahrer deä segensreichen Friedens
waltete, den Namen des Friedenskaisers gegeben. So
begrüßt ganz Deutschland das 25 jährige Regierungs-
jubiläum Kaiser Wilhelms II. mit hoher Freude, die weit
über die Grenzen des Reiches hinaus ihren Widerhail
finden wird. Denn wie keinem lebenden Herrscher
wendet sich das Auge Europas der ritterlichen Gestalt
Wilhelms II. zu, in der E.rkenntnis, daß er der berut'ene
Lenker der deutschen Geschicke ist und Kaiser und
Volk untrennbar zusammenstehen.
Unter allen Werken und Schrit'ten, die diesem
historisch-denkwürdigen Tage gerecht werden, indem
sie das Augenmerk auf die verflossenen 25 Jahre zuruck-
Dcr Kaiser beim I.achsfischen'.
lenken, nimmt das Prachtwerk „Unser Kaiser“, heraus-
gegeben von Georg W. Büxenstein, das im Deutschen
Verlagshaus Bong & Co., Berlin W 57, soeben erschienen
ist, einen besonderen Platz ein. Aus der Feder der an-
gesehensten und hervorragend unterrichteten Autoren
wird hier ein umfassendes und getreues Lebensbild
Kaiser Wilhelms II. in voller Porträttreue und Frische
wiedergegeben. Von vornherein war es klar, daß die
Kraft und die Grenzen auch des bedeutendsten Autors
unmöglich ausreichen würden, um eine Persönlichkeit
von solcher Bedeutung wie Kaiser Wilhelm II. in
erschöpfender Weise zu würdigen. Deshalb hat
sich hier eine Schar auserlesener Männer vereinigt,
von denen jeder denjenigen Abschnitt des Werkes
übernahm, der seinen Kenntnissen und seiner Natur ent-
sprach. Bei der Lektüre dieses gediegenen patriotischen
Buches wird das deutsche Volk auts neue erkennen,
wie ernst der Kaiser von Anbeginn seiner Regierung
sein schweres Herrscheramt aufgefaßt hat, und wie er
seinen erhabenen Pflichten seine ganze Arbeits- und
Willenskraft unterordnet. Zugleich mit diesen hohen
Charaktereigenschaften Kaiser WilhelmsII. offenbaren sich
in dem Werke der Reichtum seiner Persönlichkeit und die
Ritterlichkeit und die Liebenswürdigkeit seines Wesens,
mit denen der Kaiser seine Umgebung bezaubert. In
gleicher Weise findet sein Entwicklungsgang vom Knaben
zum Jüngling und vom Jiingling zum Manne, der jetzt
die volle Höhe seines Lebens gewonnen hat, eine ein-
gehende Wiedergabe.
Das Werk zerfällt in 14 Kapitel; die ersten beiden be-
handeln die Kasseler Gymnasialzeit und die Bonner Uni-
versitätsjahre, den Eintritt in die Armee und in den Zivil-
dienst. Sie stammen von Generalleutnant z. D. Fr. Frhrn.
v. Dincklage-Campe und Generalmajor z. D. v. Voß. Das
dritte Kapitel ist einer Charakteristik des Herrschers
aus der Feder des Geh. Reg.-
Rats Prof. Dr. Theodor-Schie-
manngewidmet, währenddas
vierte Kapitel den Kaiser in
seiner führenden poiitischen
Tätigkeit behandelt. Es wurde
von eingehenden Kennern
Materie, nämlich Haupt-
mann a. D. W. v. Massow,
Geh. Oberregierungsrat Prof.
Dr. Lexis, Wirkl. Geh. Ober-
regierungsrat Dr. Strutz,
Senatspräsident des Ober-
verwaltungsgerichts undGeh.
Ober-Regierungsrat und vor-
tragender Rat im Reichs-
kolonialamt Johannes Gerst-
meyer geschrieben. Die
weiteren Kapitei berichten
von den Beziehungen des
I Ierrschers zur Armee und
Marine (v. Voß, Generalmajor
z. D. und Graf Reventlow),
zu Kirche und Schule (Hof-
und Domprediger Jog. Krit-
zinger, Konsistorialrat, Dr.
Franz Dittrich, Dompropst u.
Stadtrat Dr. Julius Ziehen),
zu Kunst und Wissenschaft
(Geh. Regierungsrat Prof.
Dr. med. et phil. Felix von
Luschan, Prof. Dr. jur. Paul
Seidei, Geh. Hofrat Max
Grube). Ferner erzählt Geh.
Regierungsrat Professor Dr.
Paul Güßfeld von den Reisen
des Kaisers, Hofberiehterstatter Georg Schneider von den
Hoffestlichkeiten, und Hofpfarrer Krummacher gibt uns
ein Bild des Kaisers im intimsten Familienkreise.
Einen besonderen Vorzug dieses Werkes bildet der
außerordentlich prächtige und aufschlufireiche Bilder-
schmuck, der sich eng an die Schilderungen der einzelnen
Kapitel anschließt und zu ihrer Anschaulichkeit wesentlich
beiträgt. Kaum ein einziges Ereignis von Bedeutung aus
dem öffentlichen oder privaten I.eben des Kaisers bleibt
unberücksichtigt. Der Band enthält neun Kunsttafeln und
449 Abbildungen nach Meisterwerken von A. vonWerner,
Hans Bohrdt. Carl Becker, Ernst Doepler, d. J., Carl Salt-
mann, William Pape, Willy Stoewer u. a. Auch das übrige
illustrative Material steht auf gleicher Höhe. Die seltensten
Photographien und eigenhändige Schriftstücke des Kaisers,
sowie Reproduktionen nach Zeichnungen und Entwürfen
seiner Hand, die der Offentlichkeit bisher noch nicht
zugänglich waren, werden dem Leser dargereicht. So
besitzt dieses Buch durch seine Vielseitigkeit schon
den Wert eines Quellenwerkes ersten Ranges. Vor allem
aber will es den weiten Kreisen des deutschen Volkes
die Persönlichkeit seines Kaisers aufs neue nahebringen.
Deshalb beträgt der Preis dieses Werkes, das an künst-
lerischer Ausstattung keiner weit kostspieligeren Ver-
öffentiichung weicht, elegant gebunden nur M. 5,50.
Berliner Musikleben.
Kritischer Vierteljahrsbericht (Januar—April 1913).
Von Dr. Paul Ertel.
Wie immer in Berlin beganu die Saison nach Weih-
nachten stürmisch und riesengroß wachsend. Den ersten
Anstieg zu die-
sem gewaltigen
Ringen nach
Ruhm und Geld
brachte aller-
dings schon der
März. Denn er-
fahrungsgemäß
schließt ja das
Osterfest die
alte Winter-
kampagne ab,
um dann nur
noch einigen
Nachzüglern
l’latz zu machen.
Natürlich ist es
nicht leicht, in
der abflauenden
Konzertzeit die
Säle zu füllen,
und darum ar-
rangieren die
Konzertdirekto-
ren gern Abende
mit berühmten
„Stars“(Evav. d.
Osten, Knote.,
Siezak u. a.),
um noch schnell
vor Toresschhiß
die geschäftlichen Bilanzen
'iufzubessern. —
Solche Konzerte werden
auch nicht der Kritik wegen
gegeben, zumal sie irgend
etwas Neues, Aufreizendes
ja nicht bieten. Dafür inter-
essieren die regulären
großen Zyklen urn so mehr.
Sie haben die Verpfiich-
tung, uns über die neue
zeitgenössische Produktion
zu unterrichten, diesmal
getreu erfüllt! Die König-
liche Kapelle hat unter
Richard Strauß wieder
Großtaten vollbracht. Die
bedeutsamen Programme
tlieser Künstlerinstitution
mußten selbstverständlich
auch den eingeschworenen
Konservativen im Zuhörer-
raum Rechnung tragen, und
zwar durch je eine Sinfonie
von Haydn und Schubert und
zweien (fünfte und neunte) von
Beethoven. Auch einsonstun-
bekanntes Quartettkonzert
vonSpohr war fürdieÄlteren
ausgesucht. Daneben aber
merkt man den Einfluß
Straußens, den Moderneren
und den Modernen zu ihrem
Recht zuverhelfen, denn man
hörte fünfmal Wagner, dar-
unter das Lohengrin-Vor-
spiel in geradezu unnachahmlicher Schönheit, ferner
kleinere Werke von Reznicek, Böhe (sinfonische Dichtung
„Circe“), Pfitzner, v. Schillings, weiterhin das gewaltige
„Heldenleben“ von Strauß in ungewöhnlich großzügiger
Darstellung, endlich die zweite Sinfonie von Kaun, die hier
bereits bekannt und besprochen ist. Um die Aufführung
dieses Werkes spann sich eine kleine Tragikomödie, da
der Komponist entgegen dem Ilausgebrauche sein Werk
selbst dirigieren mußte. Schon in der Generalprobe
kündeten Zettel an, daß I)r. Strauß die Direktion der
Sinfonie „wegen Unpäßlichkeit“ dem Autor überlassen
habe. Und nun geschah das Merkwürdige, daß Strauß
unmittelbar nach dem Ende desWerkes das Podium betrat,
um in zweifellos brillanter körperlicher Verfassung eine
wundervolle Aufführung des Berliozschen „Römischen
Karneval“ darzubieten. Des Rätsels Lösung konnte nur
die sein, daß eben Strauß die vom Direktorium der
Königlichen Kapelle gewünschte Auftührung der Sinfonie
verweigerte, weil sie ihm offenbir nicht gefiel, was sofort
begreiflich erscheint, wenn n an sich darüber klar ist,
daß das Schaffen Kauns und S .raußens durch diametrale
Gegensätze getrennt ist. Auf alle Fälle kann aber
Strauß nicht in den ihm aufgenötigten Verdacht des
Neides kommen; denn dafür wäre nicht der geringste
Anhalt vorhanden. Immerhin hätte Strauß doch viel-
leicht seinem Ilerzen einen Stoß geben sollen! Daß
diese Konzerte wie bisher stets „ausverkauft“ statt-
fanden, bedarf keiner weiteren Versicherung.
In gleich glücklicher Lage sind die großen phil-
harm onischen Konzerte unter Nikisch, die eben-
falls „ausabonniert“ sind, wie der schöne technische
Ausdruck lautet. Professor Nikisch, dem gute Freunde
Unser Kai.serpaar.
Phot. Niederastroth (Srilc & Kuntze), Potsdam.
Der Kaiser am Arbeitstisch im Achiüeion.
n,. jü,
XXVlI 19. B