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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 27.1912/​1913

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11. Heft
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Entenjagd
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Unsere Bilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.31170#0326

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144

GntenjagdL



in Jagdherr, der große Reviere im waldigen Gebirge sein eigen nannte und
of deshalb von seinen Bekannten sehr beneidet wurde, tat einst nach einer
bei ihm stattgefundenen Jagd auf Hochwild den Ausspruch: „Was nützen mir
meine Berge und Wälder, ich habe ja keine Wasserjagd, kann nicht eine Ente
in meinen Revieren schießen.“ Dieses Wort kennzeichnet so recht den Wert der
Wasserjagd in den Augen mancher Jäger, und dieser hohe Wert kommt ihr auch
mit Recht zu, denn keine andere Jagd bietet eine solche Fülle des Interessanten
und Anregenden, wie die Jagd auf Wasserwild. Von ihr kann man sagen, sie
ist alle Tage neu; sei es, daß man sie an heißen Sommertagen in dem Schilf-
walde des Sees vom kleinen Kahn ausübt oder durch moorige Wiesen watend,
Torflöcher und Tümpel nach den Breitschnäblern absucht, sei es, daß man am
Abend bei sinkender Sonne auf dem Entenzug steht oder in grimmer Winter-
kälte die offenen Stellen des Flusses absucht, immer nimmt sie den Jäger ganz
und gar in Anspruch. Und wie mannigfaltig ist oft die Beute des Entenjägers.
Da geht plötzlich höchst unvermutet ein Reiher aus der stillen Ecke des Schilfes
hoch, gerade noch nahe genug, daß ihn der rasch hingeworfene Schuß erreichen
kann, ein Haubentaucher, ein Säger und andere seltene Entenarten werden ge-
legentlich erlegt und abends auf dem Zuge glückt es zuweilen, außer den Enten
eine Wildgans herunterzuholen. Und wie meisterlich verrichtet der brave Hund
gerade bei dieser Jagd seine wahrlich nicht leichte Arbeit. Schwimmend, watend
und platschend sucht er die dichten Rohrwände des Sees ab, er achtet nicht der
scharfen Schilfstengel, die ihm Pfoten und Läufe blutig reißen, keiner der ver-
steckten Räuber, die oft unglaublich lange vor dem Hunde aushalten, entgeht
ihm, sie müssen alle hoch in den Schußbereich seines Herrn. Und wenn eine
Ente tot aus der Luft herab in die reißende Strömung des Flusses fällt, stürzt
sich der Hund mutig in die Fluten, nach schwerem Kampf hat er endlich die

Onsere

JO uneigung und Abneigung wurzeln mit gleicher Kraft in der menschlichen Seele,
® besonders in der Jugend oder in jugendlichen Völkerschaften. „Des Hasses
Kraft, die Macht der Liebe, Gib meine Jugend mir zurück“, so läßt Goethe seinen
Dichter im Vorspiele zum Faust ausrufen. Und wirklich gehören Haß und Liebe
zu einem starken, instinktiven Gefühlsleben gleich der Vorder- und der Riickseite
einer Medaille. Freilich die neuere Dichtung hat mehr die alles überwältigende
Liebe verherrlicht, weniger den unversöhnlichen Haß, den das Christentum als
etwas Verabscheuungswürdiges brandmarkte. Aber aus den Zeiten germanischer
Vorzeit steigen die Gestalten des Hassers und Neiders Hagen empor und vor
allem Kriemhildes, deren dämonischer Haß gegen die Mörder ihres Gatten Siegfried
das ganze Geschlecht und Volk ihrer Brüder, der Burgunderkönige, vernichtete.
In diesen Haß hat sich die Liebe zu Siegfried verwandelt. Wie sich hier am
Hofe Etzels ein Kampf entspann, der ganze Völker zerrieb, so gilt dies auch
von G. Clairis Gemälde „Die feindlichen Völker“. Fast ins Mythologische ist
die gegenseitige Vernichtungswut gesteigert, ähnlich wie die Sage berichtet, daß
in manchen besonders blutigen Schlachten gleich den Lebenden auch noch die

Gefallenen erbittert in den Lüften miteinander weitergekämpft hätten.

■■■: *

Ein Bild des Kampfes, wie er seit Urzeiten zwischen Tier und Menschen
tobt, der fast stets hierbei als Sieger hervorgegangen ist, gibt R. Ernst in dem
Gemälde „Gefangener Tiger“ wieder. Ein Schriftsteller der römischen
Kaiserzeit erzählt uns, daß unsere robusten germanischen Vorfahren den Löwen,
die seine Landsleute einst in Panonien im Kampfe gegen sie losließen, nicht
den Garaus zu machen, sie vielmehr lebend einzufangen suchten, um an diesen
noch nie gesehenen schönen Riesenkatzen ein Spielzeug so ganz nach ihrem
Sinne zu haben. Ebenso wird sich der eine oder der andere noch daran
erinnern, daß vor ungefähr 30 Jahren der schwarze Tyrann im Zululande, König
Cetewayo, eines Morgens seinen Kriegern den Befehl gab, ihm bis zum Abend
zwei dieser prächtigen Raubtiere lebend zuzuführen bei Vermeidung seiner alle'r-
höchsten Ungnade. Es gehören gewiß sehr beherzte und gewandte Männer dazu,
um ein solch verwegenes Jägerstücklein auszuführen. Noch weit gefährlicher und
schwieriger ist es aber, den wegen seiner Blutgier und Hinterlist so gefürchteten
Tiger, der bekanntlich den König Nobel aus seinen asiatischen Jagdrevieren immer
mehr zurückdrängt, nicht nur lebend einzufangen, sondern auch wie einen Plund
sofort an die Kette zu legen. So müssen wir denn gewiß auch den markigen
und sehnigen Jagdgesellen, die wir auf unserem Bilde nach Vollbringung eines
solchen Bravourstückes heimkehren sehen, alle Bewunderung zollen. Wie
mögen es diese kühnen Söhne des mittelasiatischen Hochgebirges wohl angestellt
haben, um der gefährlichen Bestie das Metalihalsband umzulegen, ohne dabei
mit ihrem furchtbaren Gebiß oder ihren starken, mit Riesenkrallen bewehrten
Pranken in höchst unliebsame, ja verhängnisvolle Berührung zu kommen? Offen-
bar haben sie sich einer Falle hierzu bedient. Daß mit der fauchenden Riesen-
katze keineswegs zu spaßen ist, beweisen die Eisenketten, mit denen die mutigen
Leute sich diese vom Leibe halten. Indicus.

[Nachdruck verboten.J

auf dem Wasser eiligst Davontreibende erfaßt und bringt sie ans Ufer. Am
besten aber offenbart sich sein Können, wenn eine beschossene Ente flügel-
lahm in den Schilfwald hinabgestürzt ist. Der Hund hat nichts von der Wirkung
des Schusses gesehen, sein Herr ruft ihn heran und zeigt ihm in dem wogenden
Halmenmeer ungefähr die Stelle, wo die Ente niedergegangen ist. Tapfer arbeitet
sich der Hund durch die dichten, starren Halme dorthin, mit windender Nase
sucht er hin und her, endlich hat er sie gewittert, aber wie er sie greifen will,
taucht die Schlaue unter, er ihr nach, aber sie ist schneller und entkommt ihm
und wieder beginnt das mühselige Suchen. Alle Künste helfen der Ente nichts,
ob sie taucht oder sich versteckt, die feine Ilundenase findet sie immer wieder,
bis sie endlich ihrem Schicksal verfällt und von dem Hunde gegriffen wird, der
sie seinem Herrn zu Füßen legt. Das ist echte Jagd, sie zeigt, was Jäger und
Hund leisten können, denn auch an den Jäger werden hohe Anforderungen ge-
stellt. Außer der Schießfertigkeit, die erstes Erfordernis ist, muß der Jäger
es verstehen, in schußmäßiger Entfernung an die scheuen und mißtrauischen Enten
heranzukommen, er muß wissen, wo sie anzutreffen sind, wohin sie am Abend
ihren Zug haben und wo sie am Morgen liegen, und dann muß er es verstehen,
seinen Hund richtig zu dirigieren. Und im Eifer der Jagd darf gerade der Enten-
jäger niemals die größte Vorsicht außer acht lassen, denn auf keiner anderen
Jagd kann die geringste Unachtsamkeit so üble Folgen haben, wie hier. Das
Schußfeld ist meistens unübersichtlich, und wenn der Schütze auf niedrig
streichende Enten Dampf macht, kann er Rohrschneider, Fischer und andere
am Wasser arbeitende Leute gefährden, daher muß er stetig kaltes Blut und
Überlegung bewahren. Aber gerade wegen aller dieser Möglichkeiten hat gerade
die Wasserjagd den größten Reiz und deshalb ist sie echtes Waidwerk, nicht
für Anfänger und Schuster, sondern für waidgerechte Jäger. St.

B»lder.

Aus dem Tierreiche haben auch der Franzose D. Merlin und der Deutsche
Oscar Meyer Elbing die Motive zu ihren Bildern geschöpft. „Neugierde“
zeigt eine Schaar junger spielerischer Kätzchen, die söeben ihr Lager im Körb-
chen verlässen haben und sich nun vor einem Behälter mit Wasser sehen.
Drinnen regt sich ein Lebewesen, von dem sich ihre Weisheit bisher nicht das
geringste hat träumen lassen. Maßloses Erstaunen malt sich in ihren Zügen,
als wollten sie damit dem Gedanken Ausdruck geben: „Hier ist zu sehen, wie
der Frosch aus dem Wasser steigt“. —• In Meyer Elbings vortrefflich charakte-
risiertem Porträt einer Ulmer Dogge, „Unser Lord“, tritt die sehnige Kraft und
Sicherheit, die einem solchen edlen Tier innewohnt, überzeugend in Erscheinung.

* *

*

Nach Frankreich führt Louis Denis-Val veranes „Gastmahi der Humo-
risten“. Da sitzen sie in seligstem Übermut beieinander, all diese Meister des
französischen Humors mit dem Zeichenstift und mit der Feder, die Willette, die
Leandre und wie sie heißen mögen. Die Heiterkeit an der Tafelrunde hat
den Siedepunkt längst überschritten; der dicke, jovial in sich hineinlächelnde
Künstler in der Mitte der Tafel scheint sich heimlich iiber sich selbst zu amü-
sieren. Der Künstler hat mit großer Schlagfertigkeit das behagliche Beiein-
ander des Pariser Künstlervölkchens festgehalten. Wir fühlen auf den Mienen
jedes einzelnen deutlich das völlige Entrücktsein von der Misere des Lebens und
des Alltags ausgeprägt, und wir verstehen es, warum gallischer Witz und gallische
Lebensweisheit so eng miteinander verschwistert sind, und warum Frankreich
und seine Kulturzentrale Paris mehr Witzblätter aufweisen als alle andern Groß-
städte der Erde zusammengenommen. Wir begreifen es wieder einmal, warum
sich dieser französische Witz mit seiner überschäumenden, gleichsam kindisch-
kindlichen Naivität seit Jahrhunderten nicht überlebt hat. Wir lesen aus den
humordurchtränkten Physiognomien all dieser jungen und alten Pariser Witzbolde
von Beruf ihr behagliches Lebensgefühl, und wir erkennen, daß eben in diesem
Sichganzhingeben an den Moment das Geheimnis des französischen Esprithumors
im Gegensatz zu dem deutschen reflexiv-sarkastischen Satirikerwitz im Stile des
Simplizissimus beruht; daneben aber ist es die Erotik gallischer Sinnlichkeit.
So strömt ja auch der „Salon der Humoristen“, der alljährlich im leuchtenden
Pariser Frühling die eigentliche Kunstsaison einzuläuten pflegt, lächelnde Lebens-
überlegenheit, dieses Hauptkennzeichen echten Humors, aus. Arlhur Neißer.

* *

*

Freude an Scherz und Spott, wie sie am tollsten zur Karnevalszeit herrscht,
atmet auch Jos. Dorschs Gemälde „Demaskierung“, das eine Schar junger
Mädchen vereinigt zeigt. Eine von ihnen behält die Maske vor ihrem Gesicht.
Sie will einen Herrn noch weiter narren, der sich'schon den ganzen Abend ver-
geblich bemüht hat, zu erraten, wer diese Maske eigentlich sei. — Die wiegende,
jubelnde Lust, die von einem beschwingten Rundtanz auf Körper und Geist aus-
geht, hat L. A. Tessier in seinem „Wirbelwinde“ festgehalten. Es scheint in
der Tat, als ob die Sinne ebenso wie die Kleider der Menschen von einem heftigen
Wirbelwind erfaßt und fortgerissen wären.
 
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