Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 27.1912/​1913

DOI Heft:
24. Heft
DOI Artikel:
Saltzwedel, Hans von: Frau Mytala, [7]: nach einer wahren Begebenheit erzählt
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.31170#0737

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
3°7

C

Frau Mytala.

Nach einer wahren Begebenheit erzählt von Hans von Saltzwedel.


(Fortsetzung.] _

CKglpuninehr bcscliloß ich, mein Heil bei Frau Mytala zu versuchen,
mc^ em nl' r sagte: wenn du ihr gute Nachricht von ihrem
Seppi bringst, wird sie dich schon freudig anhören und sich
deinen Gründen nicht verschließen.

Aber auch diese Rechnung stimmte durchaus nicht. Frau Hecker, die
mir öffnete, wies iliich sofort mit den Worten ab:

„Meine Nichte läßt schön danken und Sie bitten, sich nicht mehr her-
zubemühen, da sie Sie doch nicht empfangen würde.“

Noch ehe ich etwas erwidern konnte, hatte sie mir die Tür vor der
Nase zugeschlagen. Vorläufig war also mit den beiden nichts zu machen;
sie mußten erst von selber einsehen, daß sie mich nicht für ihr Unglück
verantwortlich machen konnten.

An der Ecke der Kasernenstraße traf ich mit dem Oberst zusammen.
Er schlug mir wohlwollend auf die Schulter und sagte:

„Sehen Sie, mein lieber Proberg, das haben Sie gut gemacht. Dafür
sollen Sie auch eine Freude haben.“

Und dann teilte er mir mit, daß er mich für das sechswöchentliche
Kommando zu dem nächsten Kavallerieregiment eingegeben habe. Diese
Kommandos waren sehr beliebt, und das meinige kam mir gerade jetzt
doppelt erwünscht: denn mein Fortsein gab den erzürnten Freunden Zeit,
wieder zur Vernunft zu kommen. Deshalb hielt ich es auch für klüger,
sie vor meiner Abreise gar nicht nocli aufzusuchen — allerdings in der
sicheren Erwartung, sehr bald ihren Entschuldigungsbrief nachgesandt zu
erhalten.

Jedoch vergeblich habe ich dann von Tag zu Tag, von Woche zu
Woche geharrt. Zwar sagte ich mir, daß Lankwitz mit seinem zer-
schossenen Arm vorläufig wohl nicht an Schreiben denken könne, und
daß Frau Mytala es in ihrer Lage vielleicht nicht für richtig halten

Copyright 1913 by Rich. Bong.

mochte, an mich zu schreiben, daß aber selbstverständlich nach meiner
Rückkehr alles zwischen uns wieder in Ordnung kommen würde. — So
recht verfangen aber wollten alle diese Vernunftgründe doch nicht. Ihnen
zum Trotz empfand ich fortgesetzt eine quälende Unruhe, die meine
Freude an jener sonst so wunderschönen Zeit wesentlich beeinträchtigte. —
Schade; denn sie war wirklich schön, jene frisch-fröhliche Reiter-
zeit und wohl wert, unbekümmert genossen zu werden. — So jung wie
damals hatte ich mich schon lange nicht mehr gefühlt. —

Da es mir weder durch Vernunftgründe noch durch eine fast über-
mütige Hingabe an die Freuden des Daseins gelang, jene innere Unruhe
zu überwinden, diese vielmehr noch mit jedem Tage vergeblichen Harrens
auf ein Lebenszeichcn von meinen ungetreuen Freunden zunahm, schrieb
ich endlich an den langen Regimentsadjutanten und bat ihn, mir mitzu-
tcilcn, wie es eigentlich mit Lankwitz ständc.

Als gewissenhafter Tintenspion antwortete er mir auch umgehend:
„Was, Du weißt noch nicht, daß der Lankwitz schon seit fast zwei
Wochen fort ist, nachdem seine Wunde merkwürdig schnell geheilt war?
Es war ihm nicht zu helfen. Der Klatsch über sein Verhältnis wollte
kein Ende nehmen; man begann von einem Duell wegen jener Person zu
munkeln, und so blieb dem Kommandeur nichts übrig, als ihm die Alterna-
tive zu stellen, entweder das Frauenzimmer fortzuschicken oder selber
zu gehen. — Na, er hat letzteres gewählt und sein Abschiedsgesuch ein-
gereicht, dessen Weitergabe wir so beschleunigt haben, daß seine Ge-
nehmigung schon in den nächsten Tagen zu erwarten ist. — Vorläufig
hat er sich Urlaub nach Berlin genommen und ist abgereist, ohnejemand
Adieu zu sagen. Schade um ihn! •— Er war doch ein famoser Kerl!“

Es wird mir schwer, mich in meinen damaligen Gemütszustand zu-
rückzuversetzen, Ich glaube, erst Schenks Brief brachte es mir voll zum

Hugo Vogel: Petri Fischzug. Große Berliner Jubiläums-Kunstaustellung.

Phot. Ilermann Boll, Berlin.
 
Annotationen