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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 27.1912/​1913

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25. Heft
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Rübsamen: Schloss Heiligenberg am Bodensee
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MODERNE KUNST.

5cfiloss Xeiligenberg am Bodensee.

Von Prof. Rübsamen.

Schloß Heiligenberg bei Donaueschingen.

Phot. Aug. Böker, Donaueschingen.

umsponnenen Basaltkegel des Hegaus und die tannengekrönten Bergriesen des süd-
lichen Schwarzwaldes. Die vier Flügel des Schlosses biiden ein langgestrecktes
Viereck. Der größte Teil des ganzen Baues, drei Flügel, gehört dem Ende des
16. Jahrhunderts an und trägt auch deutlich den Charakter jener Zeit, den der
Renaissance, nur der eine, der nördliche Flügel, geht auf eine viel frühere Zeit
zurück — 1276 wird er bereits urkundlich erwähnt. Mannigfaltige bauliche Ver-
änderungen, besonders im 19. Jahrhundert, hatten im Laufe der Zeit den einheit-
lichen Charakter des Baues zerstört, und erst seit 1911 wurde durch die Gemahlin
des jetzigen Chefs des Hauses, durch die Fürstin Irma, mit ebensoviel feinsinnigem
Kunstgeschmack wie historischem Verständnis auf Grund alter Planskizzen, die
den ursprünglichen Zustand wiedergeben, ein einheitlicher Prachtbau in histori-
scherTreue wiederhergestellt. Als besonders glücklich gelungen nennen wir die
Terrassenfassade und den Eckturm mit Zeltbedachung, den imposanten Torbau
und den Kapellenturm, von dessen offener Säulenstellung aus sich dem Auge
ein derart bezaubernder Rundblick bietet, wie er universeller wohl kaum in
Deutschland zu finden sein dürfte.

Von der überaus geschmackvollen Inneneinrichtung des Schlosses wollen
wir nicht weiter reden; denn neben einer Fülle geschichtlicher Erinnerungen
sind hier die seltensten Erzeugnisse moderner Kunst und modernsten Kunst-
gewerbes vereinigt, so daß eine eingehende Beschreibung zu weit führen würde.

Aber zwei Juwele, die das Schloß birgt, seien kurz erwähnt, ohne daß der
Anspruch auf eine erschöpfende Beschreibung erhoben werden kann: es sind
dies die Hofkapelle und der Rittersaal. Die Kapelle, ein Rechteck, das in
seiner Breite die ganze Tiefe des westlichen Schloßfltigels einnimmt, wurde in
der zweiten Ilälfte des 16. Jahrhunderts in einer Pracht erbaut, wie sie eben der
allezeit im Hause Fürstenberg heimischen Frömmigkeit und Begeisterung für
Religion und Kunst entsprach. Vieles von jener alten Pracht war in den verschie-
denen Kriegsläufen und unter dem zerstörenden Einfluß der Zeit verschwunden.

Da ließ der kunstsinnige Fürst
Carl Egon III. in den Jahren 1878
bis 1882 die alte Pracht der Ilof-
kapelle in ihrer ganzen Schön-
heit wiederherstellen und zog zu
diesem Zwecke die trefflichsten
Meister des Pinsels und des
Meißels in seinen Dienst. So
wurde in edler Hochrenaissance
ein wahres Schmuckkästchen von
einem Gotteshaus errichtet, das
den Narnen des leider zu früh
verstorbenen Malers Ludwig
Seitz (J 1908), des Direktors der
vatikanischen Galerien, für alle
Zeiten verkünden wird, dasjedem
Besucher Heiligenbergs stets
neuen Kunstgenuß bietet und
ihn zur Bewunderung anregt.

Dasselbe Urteil gilt von dem
einige Jahre früher vollendeten
Rittersaal, den Lübke „ein Werk
ersten Ranges“ nennt, „wie wir
von gleicher Pracht und Schönheit
unter den deutschen Renaissance-
bauten kein zweites besitzen“.

[Nachdruck verboten.]

fflßYFj och ist in aller Erinnerung die großartige Hochzeits-
Mr feier, die irn November 1912 anläßlich der Ver-
JÜbS' mählung der ältesten Tochter des Fürsten zu
Fürstenberg mit dem Fürsten zu W'indisch-Graetz in Donau-
eschingen stattfand. Und schon rüstet das fürstliche Eltern-
paar der zweiten Tochter den Hochzeitstag zu, der am
16. August auf Schloß Pleiligenberg am Bodensee sein soll.
Diese Vermählungsfeier der Prinzessin Anna (Netti) mit
Graf Fery Khevenhüller wird zwar in kleinerem Kreise sich
vollziehen als die prunkvollen Donaueschinger Festtage,
aber in einem wird sie jener gleichkommen: Auch auf
Heiügenberg wird den fürstlichen Herrschaften von der
dortigen Bevölkerung aufs neue wieder ins Gedächtnis ge-
rufen werden, wie sehr die Einwohnerschaft in Liebe und
Treue mit dem fürstlichen Hause verknüpft ist.

Was jenen Tagen aber einen ganz besonderen Reiz

verleihen wird, das ist
die historisch ehrwür-
dige Stätte, die in selten
schöner Weise von der
Natur ausgezeichnet ist,
auf der jene Festtage
sich abspielen werden,
die durch ein in Vor-
bereitung befindliches
Festspiel, das als Huldi-
gung der ehemaligen
Grafschaft Heiligenberg
gedacht ist, einen eige-
nen historischen Zauber
erhalten werden.

Es wird so die dies-
jährige Hochzeitsfeier
ein Gegenstück bilden
zu jener glänzenden Ver-
mählungsfeier, die am
9. September 1584 Graf
Joachim, der „zweite
Erbauer Ileiligenbergs“,
der Verlobten seines
Erstgeborenen,Elisabeth
von Sulz, in dem eben
erst vollendeten Umbau
er nach Südwesten steil

aDtauenaen relsterrasse /zö tn
über dem Meer, 328 m über dem
Bodensee, vereinigt in sich eine
verschwenderische Fülle von
Herrlichkeiten der Kunst und
Natur und bildet einen der schön-
sten Punkte Süddeutschlands.

Es bietet eine entzückende
Rundschau über das ganze wun-
derbare Salemertal, das, einem
prächtigen Garten gleich, in üppi-
ger Fruchlbarkeit sich am Fuße
Heiligenbergs hinzieht, bespült
von den blauen Wassern des
Bodensees, aus dessen Fluten sich
die anmutige Mainau mit ihrem
prächtigen Schlosse und ihren
Blütengärten erhebt. Dahinter
ziehen sich gleich einer gewal-
tigen Umrahmung die Riesen-
mauern der schneebedeckten
Alpen von den Spitzen der bayri-
schen Berge bis zu den schneeigen
Gipfeln des Rigi, des Pilatus
und der Jungfrau. Und von
Westen her grüßen die sagen-

Hofkapelle im Schloß Heiligenberg bei Donaueschingcn.
Phot. Aug. Böker, Donaueschingen.

des Schlosses hielt. Schloß Heiligenberg liegt auf eint



Schloß Heiligenberg bei Donaueschingen. Rittersaal
Phot. Aug. Böker, Donaueschingen.
 
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