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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 27.1912/​1913

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22. Heft
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Busse-Palma, Georg: Der Juwelenschatz
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Unsere Bilder
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Eichstädt, Traude: Märchen
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288

MODKRNE KUNST.

„Tut mir leid, der gesamte Juwelenschatz des
Amtsrats Ewalders ist vielleicht fünfhundert Mark
wert; die Steine, die ich beiseite legte, wird Ihnen
jeder Goldschmied abkaufen. Für einfache Kra-
wattennadeln und ähnliches Zeug. Sie taugen
nichts, aber sie sind wenigstens echt.

„Fiinfhundert Mark!“ schrie Dr. Dirschau.
„Fünfhundert Mark!" und schlug sich klatschend
auf die Schenkel und trampelte in rasendem Tempo
mit den Schuhen auf den Teppich.

Dann schlug er ein heftiges Gelächter an
und guckte wie ein Geistesverwirrter auf seine
Braut. „Fünfhundert Mark!" wiederholte er nocli
einmal.

Marga Asmus stiirzte sich mit ausgebreiteten
Armen tröstend auf ihn.

„Nimm es nicht so schwer!“ flehte sie. „Unser
Gliick haben wir ja doch dabei gefunden. Ich,
dein großes Juwel, bleib dir ja doch !“

Und ohne auf die Anwesenden Rücksicht zu
nehmen, küßte sie ihn auf sein verstörtes Gesicht.

„Die Herrschaften sind verlobt?“ fragte der
Geheimrat.

Fast gewaltsam löste sich Dr. Dirschau aus
Margas Umarmung. AIs ob er eine letzte Rettung
vor sich sähe, richtete er sich hoch auf.

„Seit drei Tagen erst, Herr Geheimrat!" sagte
er. „Erst seit — —"

„Dem Fund der Juwelen!“ unterbrach ihn
der Offizier, der bis dahin in schweigender Wut
seinen Schnurrbart gekaut hatte. „Ich darf Ihnen
aber verraten, Herr Geheimrat, daß mein künftiger
Schwager danach gippert, bald Hochzeit zu
machen. Nicht wahr, Schwager?“

sö« Grisere

Phot. Nicola Perscheid.

Dame am Gartentor.

Er trat mit einem Ausdruck an den Anwalt
heran, daß der im Geiste schon das Kommando
der Sekundanten und das dumpfe Aufschlagen
einer Kugel auf sein eignes Bauchfell zu hören
glaubte. Und da Dr. Dirschau gar kein Freund
von derartigen Auseinandersetzungen war, konnle
er nichts anderes antworten als: „Aber gewiß,
lieber Schwager, gewiß!“

„Ein Aufschub könnte auch zu falschen Ver-
mutungen fiihren und — Folgen haben!" bemerkte
Leutnant Asmus finster.

Der Geheimrat verbarg mühsam ein Lächeln.
Jetzt begriff er die Situation.

„Nun, dann freut es mich, daß ich wenigstens
dazu gratulieren kann. Schönste Glückwünsche,
meine Gnädige, Herr Doktor!“

Er reichte beiden die Hand und ging dann,
den Vollbart streichend, in Begleitung des Offiziers
hinaus.

Innen aber schmiegte sich Marga aufs neue
an die Brust des aus allen Himmeln gestürzten
Anwalts.

Und während sein Herz aller göttlichen Ge-
rechtigkeit Hohn sprach, während in seinem Gehirn
ein Tohuwabohti von Fragen tobte, wie es nur
möglich war, daß gerade er so schnöde hinein-
fallen mußte, tröstete sie ihn mit der Versicherung,
daß sie ihn in Not und Tod nicht mehr ver-
lassen würde.

Da sank sein Kopf schließlich willenlos auf
ihre knochige Schulter, und als er ihre allzu zärt-
lichen Lippen an seinem Ohrläppchen verspürte,
blickte er wehmütig zum letzten Mal in das nun
für immer verstinkene Land seiner Illusionen.

tSüder. =«3^

4^cinen Zweikampf sizilianischer Bauern, oder doch die Motive, durch die er
herbeigeführt wird, hat Mascagni in seiner „Cavalleria rusticana“ geschildert.
Uberhaupt ist der Zweikampf nicht auf vornehme Stände beschränkt, sondern bei
südlicheren, leidenschaftlicheren Nationen findet er sich auch in anderen Kreisen,
das gilt besonders von romanischen Völkern, die für Romantik, Ritterlichkeit
und große Geste etwas übrig haben. Hierzu gehören die Gauchos in den Pampas
von Südamerika, Viehzüchter und Hirten, die ihr Handwerk vielfach zu Pferde
ausüben. Obwohl meistens Mischlinge zwischen Spaniern und Indianern, be-
trachten sie sich doch als reine Spanier, haben aber von beiden das heiße
Temperament erhalten. So kommt es öfters zu einem „Zweikampf zwischen
Gauchos“, wie ihn Numa Ayrinhac in seinem Gemälde gleichfalls mit der
Geste des Pathos schildert.

* *

*

Eine eigenartige Szene „Nach dem Begräbnis“, wie sie freilich im Volks-
leben noch immer tiefbegründet ist, hat Hans Sprung in ihrer Stimmung recht
gut getroffen. Da dem Lebenden mit dem Toten nichts gemein ist, sondern er sich
aus seinem Schmerz dem Leben wieder zukehren muß, gingen die Begräbnis-
feierlichkeiten bei den verschiedensten Völkern und in verschieaenen Zeiten oft
von tiefer Traurigkeit in höchste Ausgelassenheit über. Man fühlte sich vom
Tode daran gemahnt, das eigene kurze Leben um so begieriger zu benutzen.
Auch heute ist der Leichenschmaus in Volkskreisen noch im Schwunge, oder
man kehrt nach der ernsten Totenfeier doch zu einem Glase Bier oder Wein ein,
um wieder fröhlicher in die Welt zu schauen. So haben auch die drei Männer

auf Hans Sprungs Bilde manchen Schluck ihrem alten Kriegskameraden geweiht.
Es ist eine eigenarüge Stimmung über sie gekommen: Weinseligkeit zog in ihre
Herzen, und Schmerz und Fröhlichkeit wogen verschwommen durcheinander.

* *

*

Dem Sommer haben der Franzose P. Gervais und die deutsche Malerin
Johanna von Astudin-Meineke die Motive zu den Gemälden „Fructidor“
und „Heraufziehendes Gewitter“ entnommen. Freilich, so verschiedenartig
die Titel beider Gemälde klingen, sind sie es auch ihrem ganzen Stile nach. Der
Franzose bietet ein allegorisches Bild von klassizistischen Fonnen und Gestalten,
die den Sommer mit seinen Freuden und reichen Gaben an Früchten versinn-
bildlichen. Die Deutsc.he aber schildert in realistischer Weise einen Trupp von
Pferden, die von zwei Reitern gefühit, sich angstvoll vor dem nahenden Un-
wetter zusamtr.cndrängcn.

*

*

*

Eine „Dudelsackspie 1 eri n “ in eleganter, vornehmer Kleidung, die an die
Zeit des Rokoko gerr.ahnt, hat Charles A. Lenoir geschmackvoll gemalt.
Dieses Musikinstrument, dessen sich heute nur das Landvolk oder die Bettler
bedienen, erfreute sich im 17. und 18. Jahrhundert größter Beliebtheit; ja es
war däs eigentliche Modeinstrument. Nicht nur Virtuosen ließen sich auf ihm
vernehmen; auch Damen spielten es gern. Der Dudelsack war oft Iuxuriös
ausgestattet. Die Schläuche wurden mit Seide und Stickereien überzogen, die
Kästchen aus Elfenbein gefertigt und mit Gold und edlen Steinen ausgelegt.
So brauchte sich keine Dame zu schämen, eine Dudelsackspielerin zu sein.

(7Jlärcßen.

‘Von ‘Craude GicHslädt.

fyjje ßinier ßoßen, grünen, dicßtverwacßsnen ßHecßen
ßiegt meiner cfeefe zauberßafter ‘IJlärcßengarten;
cKur wer sie fiebt, ßann seine cfpur entdecken,

‘Darin der ßebenswunder sie wiff warten!
fluf seiner ßlbgescßiedenßeit rußt ßofde cftiffe —

Kur bunte ‘Falter ßosen feise, was da bfüßet,

Cfanz ßeimficß sprengen ‘Bfumenßnospen ißre ßfüffe —
Des cfommers cfonne ßeiß und sommersefig gfüßet.

cKnd bfauer ‘Wundervögef cfang verscßwebt in ßüften,
Öeßrönte cfcßwäne gfeiten auf dem dunßfen Weißer,
Die cfinne scßwinden ßin in scßweren ‘Rosendüften
f/luf meine cfeefe sinßt des ßraumes bunter cfcßfeier -
fKein ßaut zerstöret ißre sef’ge cRuß’,

Der cfcßmetierfinge feicßte cfcßar ßüßt sie vergebens -

Srfüffung scßwebet läcßefnd auf sie zu —

cfie träumt das ßofde ‘IKärcßen ißres ßebens! —

-ZZfsJC/i-
 
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