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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 27.1912/​1913

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15. Heft
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MODERNE KUNST.

a&eit einer Reihe von Jahren ist ein spanischer Künstler
XQ bekannt geworden, der mit ganz hervorragender
Virtuosität die Kaingeige handhabt. Er gilt heute bereits
als einer der ersten Vertreter dieses Instruments in der
Welt. Die Technik wird bei ihm zu etwas ganz
Selbstverständlichem, aber in diesem Betracht fi* *det er
schließlich noch Meister, die ihm gleichkommen. Was
seine Vorträge vor den anderen indessen auszeichnet,
ist der ungemein seelenvolle, schlackenfreie Ton, den
er durch eine unnachahmliche Bogenführung erreicht.

Infolge aller dieser Vorzüge wurde er bald nach seinem
ersten Auftreten das Enfant gäte des Publikums, das
sich natürlich den Namen Pablo de Casals wohlgemerkt
liat. Eine so seltene Erscheinung am Kunsthimmel, wie
er, wird natiirlich teuer bezahlt. So hörte man kürzlich,
daß er für drei Abende in Wien die Kleinigkeit von
17000 Kronen erhaiten haben soll. Es dürfte dies das höchste
Honorar sein, das bis jetzt jemals einem Künstler auf dem
Violoncello zugeflossen ist. Solche Sumrnen waren bisher den
Gesangsstars vorbehalten. Pablo de Casals, der durch sein mehrmaliges
Auftreten in der Reichshauptstadt allgemein geschätzt ist, wurde am
30. Dezember 1876 zu Vendrell in Katalonien geboren. Seine Studien machte er

bei Josd Garcia und J. Rosereda
in Barcelona, dann später noch
bei Tommaso Breton in Madrid,
und seit zwölf Jahren fungiert er
als Professor des Violoncellospiels
am Konservatorium in Barcelona,
von wo aus er viele größere Kon-
zertreisen nach dem Auslande
unternimmt. In diesem Winter
sollte de Casals im zweiten Phil-
harmonischen Konzert unter Pro-
fessor Nickischs Leitung in Berlin
wieder auftreten. Der Künstler
mußte aber wegen einer Er-
krankung absagen, an seine Stelle
trat der erst zwölf Jahre alte,
geigende Wunderknabe Jascha
Heifetz,überdessen phänomenales
Talent wir seinerzeit berichtet
haben. De Casals ist auch aTs
Komponist geschätzt. Er hat nicht
nur für sein Instrument geschrie-
ben, sondern sich auch auf dem
Gebiete der Orchester-, Chor-
und kirchlichen Musik bisher
betätigt. Dr. P E.

*

Alberte Toulouse, das
Balance - Phänomen. Zu den
modernen Variöteakten gehören
auch die seltsamen Produktionen der sogenannten Balancephänomene. Es sind
dies Künstler, die auf dem Gebiete des Equilibre Außerordentliches leisten, wie
z. B. Monsieur Alberte Toulouse, welclier im Zirkus Busch einen Haupttreffer
des Programms bildete. Der junge gewandte Mann, dem als Assistentin eine
jugendliche Partnerih zur Seite steht,
baut sich aus Tischen, Flaschen und
Stühlen acht bis zehn Meter hohe Pyra-
miden, auf deren Spitzen er sodann seine
Balancen ausführt. Die Produktionen
erscheinen auf den ersten Blick fast un-
ausführbar und sind nur dadurch erklär-
lich, daß sich die Pyramiden in sich
selbst tragen. Natürlich sind bei diesen
Equilibres sogenannte fingierte Tricks,
welche scheinbar mißlingen, ausge-
schlossen, da sich hier in jedem Mo-
ment eine Katastrophe ereignen könnte.

Monsieur Toulouse hatte mit seinem Akt
in den größten Etablissements Europas,
so z. B. im Londoner Hippodrom, im
Bremer Tivoli, im Mellini Theater in
Hannover usw., außerordentlichen Bei-
fall. Interessant ist der Aufbau der

Ceilist Pablo de Casäls

Alberte Toulouse.

Pyramide und nicht minder der Abbau derselben; beides

geschieht mit sorglichster Genauigkeit und peinlicher

Sorgfalt. Ganz besondere Geschicklichkeit in ähnlichen

halsbrecherischen Kunststücken entwickeln sonst die

äsiatischen Stämme, unter ihnen wieder besonders die

Japaner und Chinesen. Es ist übrigens nicht uninter-

essant, daß derartige Balanceakte bisher nur von männ-

lichen Artisten ausgeführt wurden; die Damen haben es

auf diesem unsicheren Gebiete noch nicht mit Erfolg ver-

sucht, mit den Herren der Schöpfung zu konkurrieren. II.

* *

*

Stählerner Fausthandschuh. Nicht höhere Kultur,
sagt Diehl einmal, nicht gesteigerte Bildung oder gestei-
ertes Wolilleben sind die Förderer des Waffenfortschritts,
sondern einzig und allein die Sorge ums tägliche Brot, das
Ringen um die Daseinsberechtigung. Und wie bei fast
keinem andern menschlichen Werkzeuge ist die voilkommene
Waffe von heute mit der primitiven der Urzeit durch eine völlig
escldossene, ursächlich gegliederte Ketle der Entwicklung ver-
bunden. So ist es bespielshalber außerordentlich interessant, die Wand-
Iungen zu verfolgen, denen der Körperschutz im Laufe der Jahrhunderte
unterworfen war, indern er wohl oder übel den Verbesserungen der Angriffs-
waffen sich anpassen mußte. Erst verhältnismäßig spät, nämlich im 12. Jalir-
hundert,
beklei-
dete man
auch die
Beine und
Füße, so-
wie die
Hände
mit dem
schützen -
den Pan-
zerwerk,
indem der
Maschen-
panzer
über den
Leib hin-
aus fort-
gefiihrt
und für

jedes Bein eine Panzerhosenröhre gefertigt wird, bzw. indem die Ärmel der
Brünne nun auch über die Hände reichen. Um die Mitte des 13. Jahrhunderts
erhält der Ketten- oder Maschenpanzer in den „aiLlettes“, den Schulterflügein, die
erste Eisenplattenverdeckung, aus der sich dann allmählich der Plattenpanzer ent-
wickelte. Am Ende des 15. Jahrhunderts ist der sogenannte „gotische Harnisch“
die bevorzugte Form, zu ihm werden besondere „Handschuhe“ getragen, wie
solche unsere Abbildung zeigt. Diese Handschulie zeigen krebsschalenartig ver-
schiebbare Eisenplättchen und eigenartige Knöchelspitzen, die einen wirksamen
Schutz darstellen. Mit dem sogenannten „Maximiliansharnisch“ des 16. Jahr-
hunderts erreicht der Körperschutz seine höchste Blüte. Solch ein Harnisch
bestand aus gegen 180 einzelnen Eisenplatten, die alle geriffeit waren, um
Schwerthiebe abgleiten zu lassen. Seit der Erfindung und Vervollkommnung
der Feuerwaffe ist die Panzerung der Krieger immer mehr zurückgegangen, da

auch die schwersten Rüstungen gegen
die Durchschlagskraft der Kugeln keinen
Schutz gewährten. Im 18. Jahrhundert
trugen wohl nur einige Reiterregimenter
noch Kürasse, mehr aus dekorativen
Gründen oder höchstens, um Säbelhiebe
abzuwehren. Aber die Annahme, daß
die Rüstung damit für alle Zeiten ab-
geschafft sei, ist falsch. Vor einigen
Jahrzelmten hat der Dovesche Panzer,
den die Militärverwaltung wegen seines
großen Gewichts nicht einführte, viel von
sich reden gemacht. Nicht viel später
brachte die französische Artillerie zum
Schutze der Bedienungsmannschaften
Panzerplatten in Anwendung. In all
dem kann man ein Wiederaufleben des
Schutzes, dem auch der alte Ritter-
panzer diente, erblicken. E A.

Stählerner Fausthandschuh.

Phot. Alice Matzdorff,
Berlin.

Zick-

Zack'

Ruine Gieifenstein bei Bozcn
(Text: hintere Beilage.)

Phot. Leipziger Pressebureau.
 
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