MODERNE KUNST.
257
, Hofphot. F. Schenski, Helgoland.
Helgoland. Ansicht des neuen Torpedobootshafens.
sozialpolitischen Absichten begegnete: „Ob wir nun Dank oder Undank für unsere
Bestrebungen für die Aufbesserung des Wohles der arbeitenden Klassen finden —
Ich werde in diesen Bestrebungen dennoch niemals erlahmen!“ Ein besonders
lebhaftes Interesse hat Kaiser Wilhelm von jeher den Verhältnissen der Berg-
arbeiter zugewendet. Schon bald nach seinem Regierungsantritte fand er Ge-
legenheit, in einen großen Arbeitsausstand irn rheinisch-westfälischen Kohlenrevier
vermittelnd einzugreifen und auch späterhin hat er diesem Teile des industriellen
Lebens eine besonders lebhafte Teilnahme zugewendet. Als im vorigen Jahre
die Weltfirma Krupp ihre Hundertjahrfeier beging, der Kaiser Wilhelm als Gast
anwohnte, traf inmitten der Festlichkeiten die Trauerbotschaft von einem schweren
Grubenunglück ein: sofort eilte der Monarch nach dem Schauplatze dieses
erschütternden Ereignisses und bemühte sich, Trost und Unterstützung zu spenden.
Der Kaiser sorgte nicht nur für die Besserung der sozialen Verhältnisse der
Industriearbeiter; er schuf auch Garantien für die Sicherstellung steter Arbeits-
gelegenheit. Dazu gehört vor allem die Möglichkeit regen Absatzes. Ferner die
tunlichste Unabhängigkeit von andern Staaten in Hinsicht auf den Bezug von Roh-
stoffen. Deutschlands Industrie hat nämlich ihr Schwergewicht in der Ver-
arbeitung und Veredlung von eingeführten Materialien. Die Absatzvermittlung ob-
liegt dem Handel. Die Gewinnung von Rohmaterialien können Kolonien über-
nehmen. Demgemäß nahm die Handels- und Kolonialpolitik unter Kaiser Wilhelm
dem Zweiten einen immer größeren Umfang. Ein Wort blieb dabei nicht unbe-
achtet: „Welthandel heischt Seegeltung!“ Und in diesem Sinne lauteten manche
bemerkenswerte Aussprüche des Kaisers, wie: „Unsere Zukunft liegt auf dem
Wasser!“ — „Reichsgewalt bedeutet Seegewalt!“ — „Aus dem Deutschen Reich
ist ein Weltreich geworden. Deutsche Güter, deutsches Wissen, deutsche Be-
triebsamkeit gehen über den Ozean. Nach Tausenden von Millionen beziffern
sich die Werte, die Deutschland auf der See fahren hat!“ Daß deutsches Wesen,
deutsche Wirtscbaft, deutsche Kultur sich überall auf dem Erdenrund so kraft-
voll entfalten konnten, war die Folge jener nationalen Entwicklung, deren Keime
wir schon in der Erhebung des deutschen Volkes gegen die napoleonische Fremd-
herrschaft vor hundert Jahren erblicken. — Wilhelm der Zweite konnte dem
Reichstage, den Vertretern des deutschen Volkes, mit Recht die Mahnung zu-
rufen: „Was du ererbt von deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen!“,
als 1898 das von Admiral von Tirpitz entworfene erste große Flottengesetz be-
raten wurde. Damals begründete der Kaiser auch in klarer und überzeugender
Weise die Notwendigkeit einer starken Flotte für das Deutsche Reich: „Die
Entwicklung unserer Kriegsflotte entspricht nicht den Aufgaben, welche Deutsch-
land an seine Wehrkraft zur See zu stellen gezwungen ist. Sie genügt nicht,
bei kriegerischen Verwicklungen die heimischen Häfen und Küsten gegen eine
Blockade und weitergehende Unternehmungen des Feindes sicherzustellen. Sie
hat auch nicht Schritt gehalten mit dem lebhaften Wachstum unserer über-
seeischen Interessen. Während der deutsche Handel an dem Güteraustausche der
Welt in steigendem Maße teilnimmt, reicht die Zahl unserer Kriegsschiffe nicht
hin, unsern im Auslande tätigen Landsleuten das der Stellung Deutschlands ent-
sprechende Maß von Schutz und hiermit den Rückhalt zu bieten, den nur die
Entfaltung von Macht zu gewähren vermag. Wenngleich es nicht unsere Auf-
gabe sein kann, den Seemächten ersten Ranges gleichzukommen, so muß Deutsch-
^and sich doch in den Stand gesetzt sehen, auch durch seine Rüstung zur See
sein Ansehen unter den Völkern zu behaupten.“
Wilhelm der Zweite darf als der Schöpfer der deutschen Flotte bezeichnet
werden. Denn was er an Schiffen bei seinem Regierungsantritt übernahm,
bildete kaum den Anfang einer den modernen Verhältnissen angepaßten Kriegs-
marine. Wilhelm der Zweite war und ist der Flotte aber noch mehr: er hat sie
auch geistig befruchtet; er verstand es, die besten Männer für die Leitung der
Organisation, der Ausbildung und technischen Ausgestaltung der Marine zu ge-
winnen; er hat ihr ein erstklassiges Offizierkorps, einen festen Stamm erprobter
und erfolgverheißender Führer geschaffen. Daran hat der Kaiser ein unbestreit-
bares hohes persönliches Verdienst. Er darf sich mit Stolz nicht nur den
Schöpfer, sondern auch den geistigen Führer der heutigen deutschen Kriegsflotte
nennen. Daß ihm dieses große Werk gelungen ist, bedeutet eine staatsmännische
Tat, die die Geschichte einst in ihrer Bedeutung voll würdigen wird, die aber
auch die lebende Generation bereits anerkennt und die dem Zeitalter Wilhelms
des Zweiten stets eine besondere Note verleihen wird, nicht zum wenigsten des-
halb, weil der Schöpfer und geistige Führer dieser Flotte das gewaltige Kriegs-
instrument gleich dem Heer immer nur der Wahrung des Friedens dienstbar
machte und niemals Absichten einer Eroberungspolitik bekundete.
Im Zusammenhange mit Kaiser Wilhelms Bestrebungen, die Seemacht des
Deutschen Reiches als Grundlage seiner Weltgeltung zu stärken, darf jenes
Felseneiland nicht vergessen werden, das er in friedlichem Tausch für das Reich
gewann: vor den Mündungen von Weser und Elbe liegt Helgoland, heute ein
starkes Bollwerk, dessen weittragende Geschütze im Falle eines Krieges den
Aufmarsch der deutschen Flotte sichern, wenn diese bei Brunsbüttel den — gleich-
falls durchWilhelm denZweiten gebauten und neuerdings erheblich erweiterten —
Kaiser-Wilhelm-Kanal verläßt.
Mit fester Hand hält des Deutschen Reiches dritter Kaiser seit einem Viertel-
jahrhundert den Ivurs, auf den schon seine ersten Kundgebungen deuteten:
Wahrung des Friedens, Mehrung der Wohlfahrt und Ilebung der Kultur irn
großen deutschen Vaterlande. Als weitblickender und kühl wägender Staats-
mann hat Kaiser Wilhelm sein Friedenswerk aber allezeit unter den ewig gültigen
Wahlspruch gestellt: Si vis pacem, para bellum!
XXVII. 65.
257
, Hofphot. F. Schenski, Helgoland.
Helgoland. Ansicht des neuen Torpedobootshafens.
sozialpolitischen Absichten begegnete: „Ob wir nun Dank oder Undank für unsere
Bestrebungen für die Aufbesserung des Wohles der arbeitenden Klassen finden —
Ich werde in diesen Bestrebungen dennoch niemals erlahmen!“ Ein besonders
lebhaftes Interesse hat Kaiser Wilhelm von jeher den Verhältnissen der Berg-
arbeiter zugewendet. Schon bald nach seinem Regierungsantritte fand er Ge-
legenheit, in einen großen Arbeitsausstand irn rheinisch-westfälischen Kohlenrevier
vermittelnd einzugreifen und auch späterhin hat er diesem Teile des industriellen
Lebens eine besonders lebhafte Teilnahme zugewendet. Als im vorigen Jahre
die Weltfirma Krupp ihre Hundertjahrfeier beging, der Kaiser Wilhelm als Gast
anwohnte, traf inmitten der Festlichkeiten die Trauerbotschaft von einem schweren
Grubenunglück ein: sofort eilte der Monarch nach dem Schauplatze dieses
erschütternden Ereignisses und bemühte sich, Trost und Unterstützung zu spenden.
Der Kaiser sorgte nicht nur für die Besserung der sozialen Verhältnisse der
Industriearbeiter; er schuf auch Garantien für die Sicherstellung steter Arbeits-
gelegenheit. Dazu gehört vor allem die Möglichkeit regen Absatzes. Ferner die
tunlichste Unabhängigkeit von andern Staaten in Hinsicht auf den Bezug von Roh-
stoffen. Deutschlands Industrie hat nämlich ihr Schwergewicht in der Ver-
arbeitung und Veredlung von eingeführten Materialien. Die Absatzvermittlung ob-
liegt dem Handel. Die Gewinnung von Rohmaterialien können Kolonien über-
nehmen. Demgemäß nahm die Handels- und Kolonialpolitik unter Kaiser Wilhelm
dem Zweiten einen immer größeren Umfang. Ein Wort blieb dabei nicht unbe-
achtet: „Welthandel heischt Seegeltung!“ Und in diesem Sinne lauteten manche
bemerkenswerte Aussprüche des Kaisers, wie: „Unsere Zukunft liegt auf dem
Wasser!“ — „Reichsgewalt bedeutet Seegewalt!“ — „Aus dem Deutschen Reich
ist ein Weltreich geworden. Deutsche Güter, deutsches Wissen, deutsche Be-
triebsamkeit gehen über den Ozean. Nach Tausenden von Millionen beziffern
sich die Werte, die Deutschland auf der See fahren hat!“ Daß deutsches Wesen,
deutsche Wirtscbaft, deutsche Kultur sich überall auf dem Erdenrund so kraft-
voll entfalten konnten, war die Folge jener nationalen Entwicklung, deren Keime
wir schon in der Erhebung des deutschen Volkes gegen die napoleonische Fremd-
herrschaft vor hundert Jahren erblicken. — Wilhelm der Zweite konnte dem
Reichstage, den Vertretern des deutschen Volkes, mit Recht die Mahnung zu-
rufen: „Was du ererbt von deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen!“,
als 1898 das von Admiral von Tirpitz entworfene erste große Flottengesetz be-
raten wurde. Damals begründete der Kaiser auch in klarer und überzeugender
Weise die Notwendigkeit einer starken Flotte für das Deutsche Reich: „Die
Entwicklung unserer Kriegsflotte entspricht nicht den Aufgaben, welche Deutsch-
land an seine Wehrkraft zur See zu stellen gezwungen ist. Sie genügt nicht,
bei kriegerischen Verwicklungen die heimischen Häfen und Küsten gegen eine
Blockade und weitergehende Unternehmungen des Feindes sicherzustellen. Sie
hat auch nicht Schritt gehalten mit dem lebhaften Wachstum unserer über-
seeischen Interessen. Während der deutsche Handel an dem Güteraustausche der
Welt in steigendem Maße teilnimmt, reicht die Zahl unserer Kriegsschiffe nicht
hin, unsern im Auslande tätigen Landsleuten das der Stellung Deutschlands ent-
sprechende Maß von Schutz und hiermit den Rückhalt zu bieten, den nur die
Entfaltung von Macht zu gewähren vermag. Wenngleich es nicht unsere Auf-
gabe sein kann, den Seemächten ersten Ranges gleichzukommen, so muß Deutsch-
^and sich doch in den Stand gesetzt sehen, auch durch seine Rüstung zur See
sein Ansehen unter den Völkern zu behaupten.“
Wilhelm der Zweite darf als der Schöpfer der deutschen Flotte bezeichnet
werden. Denn was er an Schiffen bei seinem Regierungsantritt übernahm,
bildete kaum den Anfang einer den modernen Verhältnissen angepaßten Kriegs-
marine. Wilhelm der Zweite war und ist der Flotte aber noch mehr: er hat sie
auch geistig befruchtet; er verstand es, die besten Männer für die Leitung der
Organisation, der Ausbildung und technischen Ausgestaltung der Marine zu ge-
winnen; er hat ihr ein erstklassiges Offizierkorps, einen festen Stamm erprobter
und erfolgverheißender Führer geschaffen. Daran hat der Kaiser ein unbestreit-
bares hohes persönliches Verdienst. Er darf sich mit Stolz nicht nur den
Schöpfer, sondern auch den geistigen Führer der heutigen deutschen Kriegsflotte
nennen. Daß ihm dieses große Werk gelungen ist, bedeutet eine staatsmännische
Tat, die die Geschichte einst in ihrer Bedeutung voll würdigen wird, die aber
auch die lebende Generation bereits anerkennt und die dem Zeitalter Wilhelms
des Zweiten stets eine besondere Note verleihen wird, nicht zum wenigsten des-
halb, weil der Schöpfer und geistige Führer dieser Flotte das gewaltige Kriegs-
instrument gleich dem Heer immer nur der Wahrung des Friedens dienstbar
machte und niemals Absichten einer Eroberungspolitik bekundete.
Im Zusammenhange mit Kaiser Wilhelms Bestrebungen, die Seemacht des
Deutschen Reiches als Grundlage seiner Weltgeltung zu stärken, darf jenes
Felseneiland nicht vergessen werden, das er in friedlichem Tausch für das Reich
gewann: vor den Mündungen von Weser und Elbe liegt Helgoland, heute ein
starkes Bollwerk, dessen weittragende Geschütze im Falle eines Krieges den
Aufmarsch der deutschen Flotte sichern, wenn diese bei Brunsbüttel den — gleich-
falls durchWilhelm denZweiten gebauten und neuerdings erheblich erweiterten —
Kaiser-Wilhelm-Kanal verläßt.
Mit fester Hand hält des Deutschen Reiches dritter Kaiser seit einem Viertel-
jahrhundert den Ivurs, auf den schon seine ersten Kundgebungen deuteten:
Wahrung des Friedens, Mehrung der Wohlfahrt und Ilebung der Kultur irn
großen deutschen Vaterlande. Als weitblickender und kühl wägender Staats-
mann hat Kaiser Wilhelm sein Friedenswerk aber allezeit unter den ewig gültigen
Wahlspruch gestellt: Si vis pacem, para bellum!
XXVII. 65.