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Die Kunst-Halle — 1.1895/​1896

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Nr. 3
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Eine Gruppe deutscher Bildhauer in Rom
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Eller, George: Die fünfte Jahresausstellung der englischen Porträtisten
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58

Die K u n st - H a l l e.

Nr. 5

Figuren meist an der Hand von Aktzeichnungen, die
ihrerseits schon in der Entstehung von der vorhan-
denen Konzeption des Kunstwerks mit bestimmt wur-
den. Auch das Werk Tuaillon's, das auf der ber-
liner Kunstausstellung so großes Aufsehen erregte, die
„Amazone zu Pferde", ist weder eine Porträtstudie
noch eine Kompilation.
Don den drei Künstlern ist Hildebrand ge-
nügend bekannt. Do lkmann, ein geborener Leipziger,
der seit bald zwanzig Jahren in Nom lebt, ist seit etwa
zehn Jahren mit kleineren und größeren Arbeiten vor
das deutsche Publikum getreten, hat aber nur langsam
die Aufmerksamkeit auf sich geleukt. Es lag das
zum Theil wohl an der Strenge, mit der er sich
an Darstellungsgegenstände einfachster Art hielt, und
dann an dem Mangel jeder Aufdringlichkeit: seine
Arbeiten reden nicht zum Publikum, ihre selbstvergessene
Schönheit muß gefunden werden. Von denen, die
seine Anfänge verfolgten, stießen viele sich an der
Tönung seiner Marmorarbeiten. Diese Tönung wird
eigentlich mißverständlich polvchromirung benannt; es
handelt sich dabei weder um vielfarbige Erscheinung,
noch um Wiedergabe der natürlichen Farben. Sie
ist nur ein Mittel, den plastischen Ausdruck zu heben.
Wer einmal eine weiße Marmorstatue hat tönen,
wieder abwaschen und von Neuen: tönen sehen, wird
sich von der Berechtigung des Mittels überzeugen.
Für Volkmann selbst mag die Beobachtung, daß auch
die Alteu ihre Marmorwerke färbten, mitbestimmend
gewesen sein, als er zuerst Farben am Marmor ver-
suchte; die Wirkung des schönen dunkeln Tones, den
auch weiße Marmorwerke beim Altern annehmen —
in Italien sind die Beispiele zahllos — vor allem
aber die bräunliche Hautfarbe seiner Modelle, und
der Ausdruck, den diese natürliche Patina dem Relief
des Körpers verleiht, dürften ihn auf den Weg ge-
bracht haben, den er dann eingeschlagen hat.
Volkmann errang seine ersten durchschlagenden
Erfolge in der Oeffentlichkeit mit dem Denkmal seines
Verwandten, des Thirurgen Richard von Volkmann,
das zu Halle a. S. im August aufgestellt wurde,
und mit einer Kollektivausstellung, die er in: Winter
s89^/9o in Leipzig veranstaltete. Von öffentlichen
Museen haben bisher die zu Leipzig, Dresden, Bres-
lau und die Nationalgalerie zu Berlin Arbeiten
Vollmann's — meist kleinere — in: Besitz.
Tuaillon, der Jüngste unter den Dreien, ist
in Berlin geboren und bei Reinhold Begas in die
Schule gegangen. Eine seiner ersten Arbeiten, eine
kleine weibliche Figur in einen: antiken Lehnstuhl,
„phryne", wird gewöhnlich als sprechender Aus-
druck dieser Schule bezeichnet. Diese entstand noch in
Deutschland. Vorübergehend arbeitete er dann in
Wien mit an den: dekorativen plastischen Schmuck
eines Theaters. Jetzt lebt Tuaillon wohl gegen ein
Jahrzehnt in Nom, wo er Marses, der in: Jahre
f887 starb, noch gekannt hat. In dieser Zeit sind

wenig Arbeiten entstanden: die Entwicklung, die er,
wie vor ihn: Volkmann, in Non: durchmachte, hat
auch ihn eine Zeitlang ziemlich unproduktiv gemacht.
Einige kleine Bronzen: weibliche Körper und Thier-
studien, stammen aus diesen: Zwischenraun:; eine
Mannorarbeit, welche seine neuere Richtung schon
klar erkennen läßt: ein zarter Jüngling in einfacher
Haltung, ist seit langen: begonnen, hat aber wohl vier
Jahre warten müssen, weil inzwischen die Amazone
zu Pferd den Künstler gänzlich in Anspruch uahm.
Diese Gruppe, die den Namen des unbekannten
Mannes plötzlich in Aller Mund brachte, und das
Interesse, das man nun allerseits für ihn zeigte,
gaben den Anlaß, der Künstler, mit denen Tuaillon
verwandt ist, und seiner selbst als einer beachtens-
werthen Gruppe unter den modernen deutschen Bild-
hauern gemeinsam zu gedenken.
Zu diesen Dreien kann inan dann noch Erwin
Kurz rechuen, der sich in Florenz unter Hildebrand's
Einfluß entwickelt hat, vornehmlich nur als Porträtist
in engeren Kreisen bekannt ist und in: Wesentlichen
die Richtung der Obengenannten theilt. Von Nicht-
deutschen hat ein Däne, Iohannes Hoffmann
in Ron:, auf der vorjährige:: Ausstellung in:
Münchener Glaspalast eine weibliche Figur in ge-
tönten: Marmor ausgestellt, mit der er sich gleichfalls
deu Genanuten anschließt. Die Figur hatte einen
unbestrittenen Erfolg. Mit diesen Männern dürfte
der Kreis der Gesinnungsgenossen vorläufig geschlossen
sein, soweit es sich um fertige Künstler handelt: daß
ihm noch Jüngere zuwachsen werden, ist zu erwarten.


Die fünfte Iahresausstellung der englischen
Porträtisten.
von George Eller.

London, Oktober ;895.
<IjE>iese Ausstellung — seit ihrer Begründung gleichsam
die Ouvertüre unserer Winter-Kunstsaison — ist einer
überaus glücklichen Idee entsprungen. Ls ist in der That
für männiglich interessant, eine Ausstellung von ausschließ-
lich einer Unterart der Malkunst zu betrachten. Ls scheint
nur auch, als ob in dieser Ausstellung ein entschieden
materieller Nutzen für die Maler felbst läge. Das p. t.
Publikum, das die Konterfeie feinerselbst und seiner An-
gehörigen auf Leinwand gemalt besitzen will und, durch-
schnittlich und insbesondere wenn es zur bevorzugten Klasse
der reichen Leute zählt, sich an die gefeierten Modekünftler
wendet, findet daselbst doch Gelegenheit, die Fähigkeiten
von noch unberühmten Malern kennen zu lernen. So
manchem den Kampf ums Dasein ringenden Maler hat
diese alljährlich wiederkehrende Ausstellung den lange er-
sehnten gut bezahlten Auftrag eingebracht.
 
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