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Die Kunst-Halle — 1.1895/​1896

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Nr. 23
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Basedow, Hans von: Anhaltische Kunst
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Stahl, Fritz: Die Internationale Kunstausstellung: Paris
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https://doi.org/10.11588/diglit.62512#0412

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Die Kunst-Halle,

Nr. 23

Don plastischen Werken verdienen als reis und
groß hervorgehoben zu werden die von H. Schubert
und E. Semper. Fr. Hüllwerk und Fritz Heinemann
versprechen viel, ebenso Eduard Weißenfeld. Die
trefflichen, farbenprächtigen und kunstvollen Glas-
malereien von Fanny Nieß sind noch hervorzuheben.
Das ist's, was die Jubiläums-Ausstellung zeigte.
Es war ja noch manches Andere da, recht fleißig
und tüchtig, aber doch eben für ein umfassendes
Kunstblatt nicht bemerkenswerth. Ich wollte in
großen Zügen „Anhaltische Kunst" zeichnen und
wollte zugleich sagen: in der anhaltischen Natur ist
viel für die Kunst zu holen, Dessau ist Boden für die
Maler und wäre für eine Landschaftsschule wie ge-
schaffen. Es sollte mich freuen, wenn diese An-
regung von fruchtbarem Einfluß wäre.


Vie Internationale Kunstausstellung,
von Fritz Stahl.


Paris.
m Katalog ist der eine Saal mit „Frankreich",
der andere mit „Amerika — Paris" bezeichnet.
Man kann unter dem Titel „Paris" beide zu-

sammenfassen, denn es giebt in Frankreich keine Kunst
außer der pariser, und diese pariser Kunst hat die
Eigenschaft, daß ihre Meisterschaft nicht an die Na-
tionalität gebunden ist. Ein echt deutscher Künstler
wird immer nur ein Deutscher oder wenigstens ein
Germane sein können, denn ihr Eigenstes strömt aus
der Empfindung, ein echt pariser Künstler kann ein
Spanier, ein Italiener, ein Ungar, ein Pole, ein
Schwede, ein Norweger, ein Deutscher werden. Und
alle diese Völker, die doch eine Geschichte haben,
stellen ihr Kontingent zu der Zahl der pariser
Meister. Gb die Gandara und Boldini im Saal
Frankreich, die Zorn und Thaulow in den Sälen
Schweden und Norwegen ausstellen, ist eine rein
äußerliche Frage. Uuendlich viel bequemer ist es für
die Amerikaner, pariser zu werdeu, sie haben nichts
zu verlernen, keine geistige Eigenart auszugeben, keine
trotz allen Widerstandes bei den anderen doch immer
wirksame Tradition. Ihre Kunst — ich nehme nur
Melchers aus, dessen germanische Herkunft schon
der Namen beweist — ist nur, ist nichts als Können,
sie sind noch ein paar Grad kälter als die pariser,
die für Form und Farbe sich begeistern können. Sie
haben in diesem Jahre nicht die riesengroßen Re-
klamebilder, die außer für die gute Schule nur noch
für das große Portemonnaie beweisend sind, und die
im vorigen Jahr ihren Saal so leer erscheinen ließen.
Sie haben auch den pleinairismus aufgegeben, der

in seiner Nüchternheit ihnen so recht lag, und der
ihren Saal so kalt erscheinen ließ. So wirkt ihre
Kollektion diesmal sympathischer, gegen die Korrekt-
heit der Beobachtung und der Mache ist nichts ein-
zuwenden, aber ich muß gestehen, daß mir mancher
stümperhafte Versuch unserer Anfänger lieber ist. In
diesem ist manchmal nur wenig Natur, aber das
Wenige lebt, die Amerikaner geben die Natur ganz,
aber sie schlagen sie vorher tot. Von jenem versuch
wird man warm, zwischen diesen „Meisterwerken"
fröstelt man. Es sind ein paar Temperamente unter
ihnen, die aus sich heraus oder in wahlverwandtem
Anschluß an Richtungen der pariser Kunst ihre Art
entwickelt haben. Die anderen sitzen da und machen
mit, weil Paris im Rufe steht, die hohe Schule der
Malerei zu sein, wie ihre Brüder und Schwestern in
Berlin Medizin oder in Wien Musik studiren, weil
das für diese Zweige die besten Orte sind. Nur von
den Wenigen soll hier die Rede sein.
Gari Melchers ist der Erste unter ihnen. Er
ist ja in der Form von Paris in gewissem Sinne ab-
hängig: die Etappen, die er vom pedantischen plein-
airismus bis zur stilisirenden Schönmalerei zurückgelegt
hat, hat er mit der allgemeineu Entwicklung zurück-
gelegt. Aber das ist doch nur das Allgemeine, das
nichts bedeutet in der Kunst. Was er nun als
Maler in dieser Art sagt, das ist sein, trägt eine
ganz persönliche Note. Diese Harmonien, in denen
er schwelgt, er hat die Landschaft gefunden, deren
Tracht sie giebt oder wenigstens erlaubt. Unter allen,
die mit ihm dort malten und malen, hat sie gerade
so Niemand gesehen, dieses Orange, Heliotrop und
Grün, das er bald m zartesten Andeutungen, bald in
den kräftigsten Tönen zu immer entzückenden Akkorden
verbindet. Und noch unbestrittener sein Eigen ist die
feine, weiche Empfindung, das Gemüthvolle in seinen
Schilderungen, die fast immer den: stillen, friedlichen
Leben der Familie, dem Treiben der Kleinen ent-
nommen sind, und in denen ein Kirchgang schon die
höchste Erregung bedeutet. Das schönste Bild, das
er hier hat, zeigt eine Mutter, die ihr Kind stillt.
John W. Alexander hat sich die etwas bizarre
Eleganz der modernen Pariserin zur Domäne gewählt.
Er besitzt die Keckheit und Verve, die dazu gehört.
Der Kontrast gegen Melchers ist um so interessanter,
als sie koloristisch ein ganz ähnliches Ziel verfolgen,
durch große einfache Farbenflächen zu wirken. In
einer exzentrischen Stellung, die trotz der Verzerrung
der Körperformen eine gewisse Schönheit der Linie
giebt, zeigt er eine junge Dame, die auf dem Divan
liegt, vorn über nach rechts hin, und über die rechte
Schulter auf den Beschauer blickt. Im Kleid ein Ton,
in den Kissen zwei, das ist alles, und doch ist die
Farbe reich und wie die Linie pikant.
Der Dritte, der Heuer mit einer eigenartigen
Leistung hervortritt, ist der Grientmaler Bridgman,
der ja übrigens immer thurmhoch über seinen Lands-
 
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