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Die Kunst-Halle — 1.1895/​1896

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Nr. 17
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Thomas, Bertha: Die Royal Academy of Arts, (Schluss) [2]
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Wirth, Albert: Einiges über dekorative Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.62512#0301

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Nr. s7

°^ö Die Kunst-Palle.

26f

läufig ausgeschlossen sein, doch erfreuliche Zeichen
einer allmälichen Wandlung im Innern geben
Hoffnung auf weitere Fortschritte uud lasseu erkenueu,
daß die Akadenrie keineswegs, wie schon von mancher
Seite behauptet wordeu ist, zu den Fossilien gehört,
sondern daß sie ein lebendiger, wenn auch iu lang-
samer Entwickelung begriffener Organismus ist. Was
zu berechtigten Klagen Veranlassung giebt, ist ihr
einseitiges Interesse für die Oelmalerei. Alles An-
dere — Aquarellmalerei, Kunstgewerbe uud die gra-
phischen Künste — findet keine Förderung durch sie.
Weil das große Publikum diesen Fächern nur eine
verhältnißmäßig laue Theiluahme entgegeubriugt,
läßt die Akademie sie liuks liegen; wie immer, so
auch hier, mit dem Publikum geheud, anstatt ihm
voranschreitend, seiuen Geschmack zu beeiuflussen.
Seit läuger als fünfundzwanzig Jahren haben
während des Winters Leihausstellungen von Werken
verstorbener Künstler im LurlmAton House stattge-
funden, in denen fast ausschließlich die alten Ita-
liener, Polländer und Briten vertreten waren. Neu
war im vorigen Jahr die Einführung der französischen
altenMeister durch eiuekleineSammluug. Für deu nächsten
Winter haben wir eine Ausstellung der Werke Lord
Leightons in Aussicht; eine gewiß willkommene Ge-
legenheit für die sunge Generation, sich mit der älteren
Periode seines Schaffens bekannt zu macheu, aus der
viele seiner besten Leistungen stammen.


Einiges über dekorative Kunst.
von Albert Wirth,
Apn Gegensatz zn früheren Knnstepochen, in welchen der
Künstler mit dein Malerlehrling anfangen mußte und
sich gewissermaßen ans fast allen Gebieten der Malerei
bewegte, ans Decke, ans wand, auf Polztafel und Leinwand
malte, finden wir heutzutage überall getrennte Thätigkeit.
Im Laufe der Zeiten hat sich dies so entwickelt und hat
wie Alles seine Licht- und Schattenseiten. Dieses getrennte
Studium einzelner Fächer hat in mancher Beziehung zu er-
heblichen Fortschritten geführt (z. B. in der Landschaft); in
der Geschichtsmalerei, überhaupt in der dekorativen Kunst, aber
ist durch die Einseitigkeit die Fühlung mit dem praktischen
vielfach verloren gegangen und die Technik in der Malerei
vernachlässigt worden. Der Künstler hat die Praxis dem
Dekorationsmaler überlassen, und so kommt es, daß wir
viele Künstler haben, die nicht praktisch genug siud, uud die
praktischen Maler sind nicht genug Künstler. Auf dem Ge-
biet der dekorativen Malerei und deren höchster Stufe der
Monumentalmalerei zeigt sich dies am deutlichsten.
versuchen wir zunächst den Unterschied zwischen der
dekorativen Kunst und der Bilder schaffenden Kunst, resx.
zwischen der Monumentalmalerei und der Staffeleimalerei,

klar zu machen. Bei der dekorativen Kunst ist die Paupt-
aufgabe, einen gegebenen Kaum mit einem Bildwerke
zu schmücken, historischen oder allegorischen Inhalts, mit
theilweiser Pinzuziehung entsprechender Ornamentik, pierbei
hat der Künstler sein zu malendes Bild sowohl mit der
Architektur und der Stilistik als auch mit dem Kaum und
den Belenchtungsverhältnissen in Einklang zn bringen, des-
halb muß dies Bild auch meist au Grt und Stelle geinalt
werden, wenn es an der Decke oder an der wand richtig
wirken soll.
Nicht so das im Atelier gemalte Bild. Dieses wird
durch einen beliebigen Kähmen ganz von der Umgebung
abgeschlossen und kann ohne Kücksichtnahme überallhin ge-
hängt werden, während ferner das Decken- oder Wand-
gemälde in: größeren Kaum für deu Beschauer zur Ueber-
sicht des Ganzen eine gewisse Entfernung bedingt, kann das
an der wand hängende transportable kleinere Bild in der
Nähe betrachtet werden und bedingt darum in den Einzel-
heiten größere Durchführung. Bei dem Staffeleibild ist der
Künstler in bequemerer Lage, er sieht so ziemlich aus der-
selben Entfernung wie der Beschauer. Bei dem Decken-
oder Wandgemälde aber muß er die Wirkung auf die Ferne
berechnen und kann nur von Zeit zu Zeit sich überzeugen,
ob seine Berechnung eine richtige war.
In der Technik, in der Malweise tritt der Unterschied
noch mehr hervor. Der weitaus größte Theil der Staffelei-
bilder wird in Gel gemalt. Diese gestattet ein oftmaliges
Aendern und Uebermalen. Freskomalereien und Malereien
in matten Farben aber nicht. (Line Malweise die glänzende
Stellen giebt, ist auf großen Flächen überhaupt nicht ver-
wendbar, oder sie muß durch Ueberzug matt gemacht werden.)
wir sehen also zunächst zwischen Staffeleimalerei und
Monumentalmalerei wesentliche Unterschiede in technischer
Beziehung. Aber es gehört auch noch eine besondere Be-
gabung dazu — dekorativ zu sehen, die Massen, Farben
nnd Beleuchtung wirkungsvoll zu vertheilen. Es gehört
ferner dazu eine eingehende Kenntnis; der Perspektive, der
Architektur und Grnamentik, endlich aber technische Kenntniß
und Beherrschung des zu verwendenden Materials.
In neuerer Zeit offenbarte sich auch auf deu Bilder-
Ausstellungen der Drang, groß und dekorativ zu malen
und man konnte Bilder sehen, die ihrer Größe wegen ver-
geblich eine wand suchen, welche sie aufnehmen könnte in
Privathäusern, wenn sie nicht gerade in Gallerien oder
Schlössern Platz finden. Aber selbst das größte dekorativ
gemalte Kunstwerk kann Bild bleiben, während ein wand-
oder Deckengemälde ohne die schon vorher bestimmte Um-
gebung anders oder unvollständig wirkt.
Aus den vorher angeführten Gründen ist wohl ersicht-
lich, daß es nicht gerade leicht ist für einen Künstler, der nur
Staffeleibilder zu maleu gewohnt ist, auf einmal zur Mouu-
mentalmalerei überzugehen, wenn er nicht vorher schon große
Verhältnisse kennen gelernt hat. von den alten Meistern
missen wir, daß ihre Freskomalereien ebenso geschätzt waren
wie ihre Staffeleibilder; aber auch die Schöxfungeu neuerer
Zeit zeigen in öffentlichen Gebäuden, Schlössern, Palästen
und Villen, daß die Begeisterung für Monumentalmalerei
nicht verloren gegangen ist. Lin Beweis hiervon ist auch
die Baron Biel-Kalkhorst'sche Stiftung, welche alle 5 Jahre
eine Konkurrenz ausschreiben läßt für Freskomalerei und
im Akademie-Gebäude Gelegenheit giebt bis 6 Wochen
technisch zu üben.
 
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