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Die Kunst-Halle — 1.1895/​1896

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Nr. 20
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Meissner, Franz Hermann: Unsere Nationalgallerie, [1]
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Stahl, Fritz: Die Internationale Kunstausstellung: Deutschland, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.62512#0354

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308

H Die Kunst-Halle. --

Nr. 20

pfehlen zu lassen, während das nackte Elend unter
den Jüngeren bei einigen heute Berühmten, wie die
Eingeweihten wissen, erschreckende Thatsache war.
Mitleid und Hülfe der werthvollen Kraft gegen-
über nützt der Menschheit. Für die Kunst eines
Stümpers aber — statt ihm als hungernden Menschen
eine baare Summe zum Herauswinden zu geben —
noch Reklame durch Erwerb für eine Staatssammlung
zu machen, ist das verkehrteste und durch keine Logik
zu rechtfertigende Prinzip. — Jordans Thätigkeit
hat nach etwa f2fahrigem Verdienst und einem etwa
7 fahrigen Sinken den niederdrückenden Bestand der
Nationalgallerie außerordentlich vermehrt, — sie hat
in dieser Sammlung seitdem ein falsches und ge-
färbtes Bild von der zeitgenössischen Kunst gegeben
und dem Zweck einer Staatsgallerie, der Volks-
erziehung, in keiner weise mehr zu entsprechen ver-
mocht.
(Schluß folgt.)

Vie Internationale Kunstausstellung.
von Fritz Stahl.
Deutschland.

sich der Reberblick über die Werke der
deutschen Kunststädte nicht ganz zu einem
" Ueberblick über ihre Leistungen überhaupt
und über ihre Stellung im deutschen Kunstleben ge-
stalten läßt, so tragen die Schuld daran nur die
Münchener. Und zwar die von der Genossenschaft
ebenso wie die von der Sezession. Diese sind bekannt-
lich ganz fern geblieben, jene haben mit der gewissen
Nachlässigkeit Berlin gegenüber es nicht für nöthig
gehalten, für eine würdige Vertretung ihrer Ver-
einigung und ihrer Stadt, der „ersten deutschen Kunst-
stadt", auf dieser internationalen Schar« zu sorgen,
wenn es auch mit der Kunst der Glaspalastleute
nicht sehr glänzend bestellt ist, so reicht doch diese
Sammlung nicht entfernt an die Grenzen ihrer Lei-
stungsfähigkeit heran, vor allein haben merkwürdiger-
weise die jüngeren Kräfte, die der Egoismus der
Sezession von ihren Ausstellungen ausschließt, es ver-
.säumt, bei dieser Gelegenheit zu beweisen, daß es
auch außerhalb der offiziellen Modernen eine frische,
lebenskräftige Kunst in München giebt. Und das ist
um so merkwürdiger, als man im vorigen Jahre in
München schon recht vernehmlich das Monopol der
Sezession bestreiten hören konnte, was bei dem Fern-
bleiben der Sezession nun schließlich fehlt, darüber
wird doch nöthig sein, ein Wort zu sagen. Ich habe
hier und anderswo schon gelegentlich davon gesprochen,

mit welcher Geschicklichkeit die Münchener von der
Sezession ihre auswärtigen deutschen und ihre aus-
ländischen Genossen in den Dienst ihrer Interessen
gestellt haben, wie alle diese helfen mußten und ge-
holfen haben, den Ruhm der modernen Kunst Mün-
chens zu heben. Ich habe nie ihre Ausstellungen als
Einheit behandelt. Und dieser Anschauung entspricht
es, daß ich es für richtig halte, besonders darauf
hinzuweisen, daß von den Künstlern, die jene Aus-
stellungen beschicken, die weitaus meisten, und viele
von den besten darunter, vertreten sind. Ich nenne
von den Franzose«« Besnard, Blanche und Gandara,
von den Amerikanern Gari Melchers, Alexander und
Bridgman, von den Belgiern Carpentier, Khnopff
und Tourtens, von den Holländern Mesdag, Maris
und Bakhuyzen, von den Schwede«« Liljefors, Zorn
und Björck, voi« dei« Norwegern Thaulow, von den
Dänen Kroyer, von de«« Deutsche«« die Karlsruher
und eine Anzahl der jüngere«« Berliner und Dresdener,
und als Einzelnen und Einzigen Meister Böcklin, was
bliebe ii« einer Ausstellung der Sezession, wenn diese
Künstler sie nicht beschickten? und umgekehrt: was
fehlt unserer Ausstellung, die sie beschickte««? Es
handelt sich höchstens um eii« Dutzend Namen, die
«vir ungern vermissen: Uhde, Stuck, Keller, Keller-
Reutlingen, Volz, Dill u. s. w., und von diese,«
ist auch noch zweifelhaft, ob sie grade wesentlich
Neues zu sagen hatte««. Auch die blindlings mit der
von München beeinflußten presse über den Streik der
Sezession jammerten, werde«« wohl ««ach dieser ein-
fachen Ueberlegung ihr Bedauern auf das rechte
Maß zurückführe,«.
Sie können es um so eher, als die Berliner,
Dresdener und Karlsruher Mitglieder der Sezession
dieses Mal ganz besonders glänzend vertreten sind,
so glänzend, wie sie es selten in München waren.
Für Karlsruhe und Dresden muß ihr Auftreten auf
dieser Ausstellung von einschneidender Bedeutung
werden. —
Den Juroren von Karlsruhe hätten Stadt und
Genossen eine Ehrung bereiten müssen: sie haben
eine Elite-Sammlung zusammengebracht, die ihre
beiden Säle zu den schönsten und am meisten be-
wunderten mindestens unter den deutschen «nacht, die
heute den Namen Karlsruhe mit einer Züchtung nennen
läßt, die er früher nicht besaß, trotzdem man die
einzelnen Meister doch sehr wohl kannte. Ich brauchte,
auch wenn es weniger bekannt wäre, nicht hinzu-
zufügen, daß man das nicht gethan, sondern sie viel-
mehr geschmäht und angegriffen hat: Das ist des
Landes so der Brauch. Sie haben sich in Folge
dessen zu einer Sezession genöthigt gesehen: Das ge-
sunde und feine Naturgefühl, die sichere und freie
Technik, die beinahe Gemeingut dieser Künstler sind,
lassen eine herrliche Entwicklung dieser Kunst er-
warten. Zumal, wie ich schon anführte, das allge-
meine Streben nach einfacher Größe, nach Schönheit
 
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