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Die Kunst-Palle.
Nr. 20
Roxie korrekt ist." Das klingt sehr einleuchtend, denn
man will Nachlässigkeiten verhüten. In den jährlichen
Ausstellungen triumphirt derjenige Lehrer, der am fleißigsten
die Schülerarbeiten ausarbeitet. Der Schüler freut sich über
den Fleiß des Lehrers und, daß man später nicht merkt,
wo seine schlechten Striche geblieben, würde mit rother
Tinte wie in Schulheften korrigirt, so merkte man bald an
der Tiefe des rotheu Meeres, wie viele Schülerstriche in
demselben ersoffen sind.
Legt solch ein Schüler, der Lithographien und Kupfer-
stiche mit Pilse des Lehrers fast iu deu Schatten stellt, auf
einem Atelier Proben ab, so merkt man die Flunkerei, d. h.
den Unterschied der Proben und der Schularbeiten, würde
ich Stipendiaten auszuwählen, oder überhaupt zu urtheilen
haben, so würde ich jedem Schüler in Klausur eine ent-
sprechende Arbeit geben und nach P2 stunde wissen, was
er leistet. Nur solche Arbeiten sollte man ausstellen; aber
jetzt sehen wir lediglich, wie fleißig und wie begabt die
perren Lehrer als Kopisten sind, denn Selbständiges be-
gegnet uns selten.
Das Uebel begann schon vor fast 50 Jahren. Als die
Kunstgewerbeschule in Wien gegründet wurde, erzählte mir
L. wahliß, daß zwei seiner besten Porzellanmaler mit
soo Gulden Stipendien gewonnen seien, als Schüler in die
Klasse für Porzellanmalerei einzutreten. Diese Leute waren
im Alter zwischen 50 und -^0 Jahren. Die nächsten Aus-
stellungen in Oesterreich, Deutschland, London re. zeigten die
Leistungen „dieser Schüler" der K. K. Kunstgewerbe-
schule Wiens, und alle Welt war verblüfft und lobte und
der wetteifer begann.
Man schreibe doch ehrlicher „Lehrerarbeiten mit
Schülerbetheiligung".
In der jüngsten Mainzer deutschen Schlosser-Ausstellung
mponirte mir und meinen Kollegen eine schauderhaft ge-
zeichnete Nase ohne Luftzug, denu diese war fast die einzige
ungeschminkte Schülerarbeit 8LU8 püru86 neben Meisterwerken
der perren Professoren.
Friedr. Fischbach.
Düsseldorfer Vries.
s ist ein erfreuliches Zeichen, daß die Ausstellung des
Kunstvereins, die in den letzten Jahren gegen die
Frühjahrs-Ausstellungen sehr in den piutergrund getreten
war, und ihren Zweck, nämlich den „Ankauf zur ver-
loosuug", zu deutlich auf der Stirn trug, diesmal eiueu bei
weitem küustlerischereu Lindruck macht. Ls dürfte das am
Besteu die Fähigkeit der Düsseldorfer Schule, die durch eine
ungerechte Beurtheilung einer mehr einflußreichen als unter-
richteten presse wohl empfindlich geschädigt, aber nicht her-
abgedrückt werden kann, dokumentiren. wenn Düsseldorf,
das in Berlin und München recht achtbar vertreten ist, noch
gleichzeitig eine, zwar nicht epochemachende, aber interessante
Ausstellung bei sich zu Pause veraustalteu kann, so ist cs
mit dem Niedergang dieser Schule uoch nicht so schlimm,
wie gewisse Journalisten, die vor den impotentesten und
albernsten Ausgeburten der pariser Salons die tiefsten Ver-
beugungen machen, glauben machen möchten. Interessant
ist der Umstand, daß die sonst fast ganz lokale Ausstellung
diesmal auch von auswärts, besonders von Berlin, beschickt
worden ist. Der verstorbene Bockelmann ist allerdings
eher und mehr Düsseldorfer geblieben, als Berliner ge-
worden. Zwei große Bilder aus feiuem Nachlaß beweiseu
auffs Neue, einen wie großen Verlust die deutsche Kunst in
diesem zu früh verstorbeueu Künstler zu beklagen hat.
penseler und Dettmann sind dagegen echte Berliner und
sie vertreten die Berliner Malerei vortrefflich.
penseler's Bild „Aus der Frauzoseuzeit" ist ebenso
gut geinalt, wie gezeichnet. Dabei hält es sich von allem
Chauvinismus frei; man könnte selbst ein gewisses Behagen
in der Darstellung der edlen Sieger finden, die jedenfalls
eigenthümlich absticht von der Art, wie Neuville und die
audereu französischen Kriegsmaler unsere deutschen Soldaten
zu schilderu belieben. Aber dem Deutschen steckt eben die
unbedingte Pochachtung vor den Franzosen unausrottbar im
Blut, uud das macht sich sogar in der Kunst geltend.
Dettmann ist durch zwei überaus fleißige und kolo-
ristisch starke Naturstudien vertreten: „Pause hiuterm Pause"
uud „Kirchhof in der Mark". Marinen von der Art feines
Bildes „Letzte Sonnenstrahlen an der Ostsee" ist man hier
von L- Dücker besser und feiner gewohnt, nichtsdestoweniger
ist auch dies eine tüchtige Arbeit. Auch paus Dahl kann
mau zu deu Berlinern rechnen, obwohl er noch gerade so
malt, wie vor lO Jahren, als er noch iu Düsseldorf lebte.
Sein Bild hat leider einen recht schlechten Platz erhalten.
Nicht besser ist es dem vortrefflichen Friese mit zwei Bil-
dern ersten Ranges ergangen, von den Düsseldorfern
kamen meist kleinere Bilder, viele recht mittelmäßige, die
aber vernünftigerweise in die unteren Säle gehängt wor-
den sind.
Ist dies Todthängen auch an und für sich nicht schön,
so ist es schon besser, wenn die Raumverhältniffe, die in
der Kunsthalle ja traurig geuug uud ein Pauptgrund für
die andauernde Scheidung iu der Künstlerschaft sind, es
nicht anders zulassen, man hängt die weniger guten Bilder
todt, als die besseren, was auch schon vorgekommen fein soll,
wie böse Leute behaupten. Ls ist nun damit nicht gesagt,
daß nicht unten manches gute, uud oben manches recht
mittelmäßige Bild hängt, und wenn von der letzteren Sorte
sogar einige den ersehnten Zettel „Angekauft zur verloosung"
tragen, so wundert sich mancher.
Lmil Schwabe brachte zwei feine Studien, etwas
nüchtern in der Farbe, aber von vorzüglicher Charakteristik.
Schnitzer, Bachmann, Gerhard Janssen sagen nicht
viel Neues, auch Rocholl beguügt sich mit einein skizzen-
artigen Bilde ,.Erinnerung an das Kaisermanöver bei Stettin,
September M?", das ihn nicht auf der pöhe seines Könnens
zeigt. Prof. Roeber's Bild „Lros. erweckt die Statue des
Pygmalion" ist von der vorjährigen Berliner Ausstellung
bekannt, hier aber noch neu. Ebenso ist schon ausgestellt
gewesen Ziu keifen's vortreffliche kleine Arbeit „Unter
dem kveihnachtsbaum", die wohl nur deshalb uicht angc-
kaust wurde, weil die Kommission dem Geschmack des
kaufenden Publikums nicht vorgreifen wollte. Lin sehr
werthvolles kleines Bild brachte der noch junge und wenig
bekannte Schömenbeck, ein Schüler der Akademie, dem
man wahrhaftig nichts akademisches nachsagen kann. Das-
selbe gilt von Lauer's pr.) „In voller Fahrt." Nassau,
lvislicenus (München), Lmil Pütz, Max Stern ver-
Die Kunst-Palle.
Nr. 20
Roxie korrekt ist." Das klingt sehr einleuchtend, denn
man will Nachlässigkeiten verhüten. In den jährlichen
Ausstellungen triumphirt derjenige Lehrer, der am fleißigsten
die Schülerarbeiten ausarbeitet. Der Schüler freut sich über
den Fleiß des Lehrers und, daß man später nicht merkt,
wo seine schlechten Striche geblieben, würde mit rother
Tinte wie in Schulheften korrigirt, so merkte man bald an
der Tiefe des rotheu Meeres, wie viele Schülerstriche in
demselben ersoffen sind.
Legt solch ein Schüler, der Lithographien und Kupfer-
stiche mit Pilse des Lehrers fast iu deu Schatten stellt, auf
einem Atelier Proben ab, so merkt man die Flunkerei, d. h.
den Unterschied der Proben und der Schularbeiten, würde
ich Stipendiaten auszuwählen, oder überhaupt zu urtheilen
haben, so würde ich jedem Schüler in Klausur eine ent-
sprechende Arbeit geben und nach P2 stunde wissen, was
er leistet. Nur solche Arbeiten sollte man ausstellen; aber
jetzt sehen wir lediglich, wie fleißig und wie begabt die
perren Lehrer als Kopisten sind, denn Selbständiges be-
gegnet uns selten.
Das Uebel begann schon vor fast 50 Jahren. Als die
Kunstgewerbeschule in Wien gegründet wurde, erzählte mir
L. wahliß, daß zwei seiner besten Porzellanmaler mit
soo Gulden Stipendien gewonnen seien, als Schüler in die
Klasse für Porzellanmalerei einzutreten. Diese Leute waren
im Alter zwischen 50 und -^0 Jahren. Die nächsten Aus-
stellungen in Oesterreich, Deutschland, London re. zeigten die
Leistungen „dieser Schüler" der K. K. Kunstgewerbe-
schule Wiens, und alle Welt war verblüfft und lobte und
der wetteifer begann.
Man schreibe doch ehrlicher „Lehrerarbeiten mit
Schülerbetheiligung".
In der jüngsten Mainzer deutschen Schlosser-Ausstellung
mponirte mir und meinen Kollegen eine schauderhaft ge-
zeichnete Nase ohne Luftzug, denu diese war fast die einzige
ungeschminkte Schülerarbeit 8LU8 püru86 neben Meisterwerken
der perren Professoren.
Friedr. Fischbach.
Düsseldorfer Vries.
s ist ein erfreuliches Zeichen, daß die Ausstellung des
Kunstvereins, die in den letzten Jahren gegen die
Frühjahrs-Ausstellungen sehr in den piutergrund getreten
war, und ihren Zweck, nämlich den „Ankauf zur ver-
loosuug", zu deutlich auf der Stirn trug, diesmal eiueu bei
weitem küustlerischereu Lindruck macht. Ls dürfte das am
Besteu die Fähigkeit der Düsseldorfer Schule, die durch eine
ungerechte Beurtheilung einer mehr einflußreichen als unter-
richteten presse wohl empfindlich geschädigt, aber nicht her-
abgedrückt werden kann, dokumentiren. wenn Düsseldorf,
das in Berlin und München recht achtbar vertreten ist, noch
gleichzeitig eine, zwar nicht epochemachende, aber interessante
Ausstellung bei sich zu Pause veraustalteu kann, so ist cs
mit dem Niedergang dieser Schule uoch nicht so schlimm,
wie gewisse Journalisten, die vor den impotentesten und
albernsten Ausgeburten der pariser Salons die tiefsten Ver-
beugungen machen, glauben machen möchten. Interessant
ist der Umstand, daß die sonst fast ganz lokale Ausstellung
diesmal auch von auswärts, besonders von Berlin, beschickt
worden ist. Der verstorbene Bockelmann ist allerdings
eher und mehr Düsseldorfer geblieben, als Berliner ge-
worden. Zwei große Bilder aus feiuem Nachlaß beweiseu
auffs Neue, einen wie großen Verlust die deutsche Kunst in
diesem zu früh verstorbeueu Künstler zu beklagen hat.
penseler und Dettmann sind dagegen echte Berliner und
sie vertreten die Berliner Malerei vortrefflich.
penseler's Bild „Aus der Frauzoseuzeit" ist ebenso
gut geinalt, wie gezeichnet. Dabei hält es sich von allem
Chauvinismus frei; man könnte selbst ein gewisses Behagen
in der Darstellung der edlen Sieger finden, die jedenfalls
eigenthümlich absticht von der Art, wie Neuville und die
audereu französischen Kriegsmaler unsere deutschen Soldaten
zu schilderu belieben. Aber dem Deutschen steckt eben die
unbedingte Pochachtung vor den Franzosen unausrottbar im
Blut, uud das macht sich sogar in der Kunst geltend.
Dettmann ist durch zwei überaus fleißige und kolo-
ristisch starke Naturstudien vertreten: „Pause hiuterm Pause"
uud „Kirchhof in der Mark". Marinen von der Art feines
Bildes „Letzte Sonnenstrahlen an der Ostsee" ist man hier
von L- Dücker besser und feiner gewohnt, nichtsdestoweniger
ist auch dies eine tüchtige Arbeit. Auch paus Dahl kann
mau zu deu Berlinern rechnen, obwohl er noch gerade so
malt, wie vor lO Jahren, als er noch iu Düsseldorf lebte.
Sein Bild hat leider einen recht schlechten Platz erhalten.
Nicht besser ist es dem vortrefflichen Friese mit zwei Bil-
dern ersten Ranges ergangen, von den Düsseldorfern
kamen meist kleinere Bilder, viele recht mittelmäßige, die
aber vernünftigerweise in die unteren Säle gehängt wor-
den sind.
Ist dies Todthängen auch an und für sich nicht schön,
so ist es schon besser, wenn die Raumverhältniffe, die in
der Kunsthalle ja traurig geuug uud ein Pauptgrund für
die andauernde Scheidung iu der Künstlerschaft sind, es
nicht anders zulassen, man hängt die weniger guten Bilder
todt, als die besseren, was auch schon vorgekommen fein soll,
wie böse Leute behaupten. Ls ist nun damit nicht gesagt,
daß nicht unten manches gute, uud oben manches recht
mittelmäßige Bild hängt, und wenn von der letzteren Sorte
sogar einige den ersehnten Zettel „Angekauft zur verloosung"
tragen, so wundert sich mancher.
Lmil Schwabe brachte zwei feine Studien, etwas
nüchtern in der Farbe, aber von vorzüglicher Charakteristik.
Schnitzer, Bachmann, Gerhard Janssen sagen nicht
viel Neues, auch Rocholl beguügt sich mit einein skizzen-
artigen Bilde ,.Erinnerung an das Kaisermanöver bei Stettin,
September M?", das ihn nicht auf der pöhe seines Könnens
zeigt. Prof. Roeber's Bild „Lros. erweckt die Statue des
Pygmalion" ist von der vorjährigen Berliner Ausstellung
bekannt, hier aber noch neu. Ebenso ist schon ausgestellt
gewesen Ziu keifen's vortreffliche kleine Arbeit „Unter
dem kveihnachtsbaum", die wohl nur deshalb uicht angc-
kaust wurde, weil die Kommission dem Geschmack des
kaufenden Publikums nicht vorgreifen wollte. Lin sehr
werthvolles kleines Bild brachte der noch junge und wenig
bekannte Schömenbeck, ein Schüler der Akademie, dem
man wahrhaftig nichts akademisches nachsagen kann. Das-
selbe gilt von Lauer's pr.) „In voller Fahrt." Nassau,
lvislicenus (München), Lmil Pütz, Max Stern ver-