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Die Kunst-Halle — 1.1895/​1896

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Nr. 15
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Dworaczek, Wilhelm: XXIV. Jahres-Ausstellung im Wiener Künstlerhaus
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Berliner Kunstschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.62512#0268

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232

H Die Kunst-Halle.

Nr. s5

ausgestellt hat, so prächtige Arbeiten, daß sie uns die
physiognonüsche Mißhandlung unseres Walzerkönigs saft ver-
gessen machen. Im Genrebild steht Ludwig Dettmann
mit seinem Triptychon „Arbeit" obenan, ein geistig be-
deutendes, technisch blendendes Werk, neben dessen sieges-
starker Kraft sich ein Mstseebild desselben Künstlers merk-
würdig unbeholfen, sa gänzlich verunglückt ausnimmt.
Josef Lngelhart hat ein Temperabild „Sündenfall"
gemalt. Ls ist auch für den Künstler was der Titel sagt —
ein Sündenfall. Möge uns der talentvollste unter den
jüngeren wiener Malern, dessen Begabung wir erst kürz-
lich vollauf würdigten, das harte Wort verzeihen — und
diese Scharte schleunigst wieder auswetzen. Die Mittel dazu
fehlen ihm wahrlich nicht.
Ueberaus anmuthig und liebenswürdig giebt sich Franz
Ruß, dessen „Nymphe" und „Mein Gartenfenster" zu den
prächtigsten Stücken der Ausstellung gehören. Lin feiner
Farbensinn und graziöse Behandlung des Stofflichen sind
dem Künstler in hohem Maße eigen. I. V. Krämer hat
zwei prächtige, farbenfreudige Hanneaux „Im Frühling"
gemalt, einen ausgezeichneten Studienkopf, und ein großes
langweiliges Bild, auf dem nichts weiter fesselt, als eine
kleine Nelke —- »Taut äs brnik ete.v Robert Ruß
steht auf gewohnter Höhe, Hirschel malt noch immer das
brandende Meer und spielende Nymphen, Larl Moll ist
von überraschender Mittelmäßigkeit, die sich von Ausstellung
zu Ausstellung immer prätenziöser bemerkbar macht —
während Darnaut, Kasparides, A. D. Goltz,
Knüpfer, Klempner, Straka, Hausinger, I. R6-
väsz, Zimmermann mit voller Anerkennung zu
nennen sind.
Lduard Veith hat ein farbensattes, edel komponirtes
Bild „Jungbrunnen" gemalt, das zu den eigenartigsten
Darbietungen der Ausstellung gehört, obwohl es demnichtmehr
ganz modernen Hräraphaelismus zuneigt. Hans v. Bartels
„Brandung" hätte selbst Andreas Achenbach in seinen
besten Zeiten nicht besser malen können. Desgleichen ge-
bührt Marie Lgner für ihre „Lrnte in Niederösterreich"
ein besonderes Lob; während Tina Blau diesmal nicht
auf der Höhe steht. Ihre „Blumensxende" ließ uns sehn-
süchtig nach Frau Olga Wisinger-Florian umherblicken, die
wir Heuer leider unter den Ausstellern vermissen. Hans
Temple hat die Ateliers des Bildhauers Rudolf weyrund
des Medailleurs A. Scharff in Bildern festgehalten, die also
schon stofflich bedeutsam erscheinen. Beide Bilder sind
überdies meisterlich gemalt, die Horträtähnlichkeit ist über-
raschend, und die Stimmung der beiden Räume mit außer-
ordentlicher Feinheit erfaßt.
Die Großartigkeit der Segantini'schen Bilder „Ge-
stalten der Kindermörderinnen" und „Zwei Mütter" wird
mir vielfach bezeugt. Das Lrste überrascht ohne Frage durch
phantastischen Gedankenflug und höchst eigenartige Ge-
staltung, bei dem zweiten aber scheint mir der fatale Schritt
vom Erhabenen zum Lächerlichen wirklich gethan . . .
Lugen von Blaas, der diesmal keine Ninetta, sondern ein
Kinderbild „Hierrot und Hierrette" ausgestellt hat, sicherte
sich durch diese „kühne" Abwechslung wenigstens jenen Lr-
folg, den eine Ueberraschung rexräsentirt. Gustav Ran-
zoni malte liebevoll seinen Vater, den Kunstkritiker der
„Neuen Freien Hresse". Lr unterlag damit Andreas
Groll, der den Reichel-Hreis bekam, dessen Bild: „Mas
Ihr dein Geringsten Lurer Brüder thut, das habt Ihr mir

gethan" die fromme Jury zur Auszeichnung bewogen. . .
„p. k. v — Lin Stillleben von Ribarz trägt als einzige
Entschuldigung seiner Anwesenheit den vermerk: Mitglied
der Ausstellungskommission.
Die Säle des ersten Stockwerkes enthalten die herr-
lichen Aquarelle des unverwüstlichen, ewig jungen Alt, so-
dann Horträts von Fröschl, Trentin, Klimt u. A.,
eine feine stimmungsvolle Federzeichnung „Silberpappeln"
von Josef Sturm, Radirungen von Michalek und
Temple; während die ausgezeichneten Zeichner der
„Fliegenden" A. Mandlick mit seinen fein beobachteten
Gesellschaftsskizzen und Hermann Vogel mit seinen ent-
zückenden Märchen-Illustrationen in liebenswürdiger weise
für den sonst arg vernachlässigten freiwilligen Humor der
diesjährigen Ausstellung Sorge tragen.
Haul Wilhelm.
N
Berliner Runstschau.
Die beiden polnischen Maler Iuljaan Falat und
Adalbert von Kossak haben ein Hanorama des Ueber-
gangs über die Beresina gemalt, das zunächst in Berlin
ausgestellt ist. Das Wiedererwachen der Napoleonischen
Legende in Frankreich hat wohl den Anstoß zu der Wahl
des Stoffes gegeben. Dazu kam für die Holen das ver-
lockende, daß die vertraute Steppe der Schauplatz, gewisser-
maßen sogar der Held des Bildes ist. Denn diese weite
Ebene, deren Schneedecke wie triumphirend aufleuchtet unter
den Strahlen der Wintersonne, ist ja die eigentliche Be-
siegerin Napoleons. Ich weiß nicht, ob die Künstler das
so gedacht haben, jedenfalls empfindet man fo vor der
meisterhaften Landschaft Falats, die bei aller Intimität im
Einzelnen grandios als Masse wirkt. In grellem Kontrast
zu dieser, wenn auch kalten, Heiterkeit der Natur stehen
die furchtbaren Szenen, die sich in ihr abspielen. Im figür-
lichen Theil eines Panoramas ist dem Eharakter dieser
Form nach eine Einheit nicht zu erreichen: das Auge muß
nacheinander das Einzelne betrachten, aus vielen Ein-
drücken einen Eindruck zusammensetzen. Hauptsache und
Episode müssen in der gleichen Gegenständlichkeit geschildert
werden: ein totes Hferd so hell und breit daliegen, wie
Napoleon dasitzt. Kossak hat den Augenblick gewählt,
wo Napoleon, während die Soldaten der großen Armee
über die Brücken sich drängen, die Fahnen und Feldzeichen
verbrennen läßt. Ls ist der Anfang vom Lnde; Niemand
weiß das besser als er selbst, der trüb in die lodernden
Flammen schaut. Alles, was später folgt, ist gleichgiltige
Konsequenz dieser Niederlage: das Lxos Napoleon ist hier
zu Lnde. Deshalb ist die Wahl des Moments glücklich.
Die Figuren sind mit Geschick vertheilt und mit Tempera-
ment gezeichnet: in der Farbe fügen sie sich nicht überall
der Landschaft ein. — — Bei dem Landschaftlichen hat
Wywiorski, bei dem Figürlichen u. s. w. namentlich
Hulaski mitgewirkt.
Der Maler F. L. Wolfrom, der in diesem Winter
nicht öffentlich ausgestellt hat, hat nun eine Ausstellung im
Atelier veranstaltet. In größeren Skizzen und kleineren
fertigen Arbeiten geht er immer mehr auf seine koloristische,
 
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