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Die Kunst-Halle — 1.1895/​1896

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Nr. 3
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In Salon Schulte
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Berliner Kunstchronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.62512#0054

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Die K u n st - Ls a l l e.

auch Max Schlichting in ihre Reihe. Er war
bisher Manierist, der äußerlich die Franzosen nach-
ahmte, setzt beginnt er, allein gehen zu lernen. Da
fallen denn alle jene Uebertreibungen und Kraft-
meiereien, die bei seinen früheren Arbeiten störten,
von selbst fort. Ls scheint doch, daß die Zeit erfüllet
ist, die diesjährige Ausstellung der Münchener Sezession
zeigte ungemein viele Beispiele einer solchen Befreiung.
Auch Leo vou König und Karl Langhammer
sind reif gewordene Schüler der Franzosen. Lang-
hammer ist in seiner Genoveva leider dafür etwas
dem englischen Einfluß verfallen. Wenigstens in der
Figur der heiligen. Das ist um so mehr zu bedauern,
als die Landschaft, ein Waldinneres bei Sonnenunter-
gang mit neugierig lugeudeu Nehen, die reine Märchen-
stimmung hat, die er anstrebte. Sehr fein ist ein kleines
Bildchen: eine Ecke des Vierwaldstätter See's mit
Hellen Fenstern am Ufer, in klarer Mondnacht vom
Berge aus gesehen. Leo von König giebt Porträts.
Er fiel im vorigen Jahre schon durch ein Bildniß
der Mme. Ghyka auf, einer Schönheit im klassischen
Sinne, vielleicht hatte er deshalb mehr gezeichnet.
Er scheint überall seine Technik dem Tharakter des
Modells anzupassen: das Bildniß einer vornehmen
bleichen Dame ist mit aller Zartheit gegeben, einen
Zwerg aus eiuem französischen Dorf hat er mit ganz
breiten Strichen ü lu Lsals hingeworfen. Der Maler
ist im Besitz großer technischer Mittel, aber sie treten
nicht als Selbstzweck zudringlich hervor, sie sind ihm
offenbar das Selbstverständliche, von dem man nicht
viel Wesens macht. Das berührt sehr sympathisch.
Ueber einen Porträtisten ist nur dann leicht ein Urtheil
zu fällen, wenn man schnell mit ihm fertig ist: auf
Leo von König wird man noch achten müssen.
von den übrigen Deutschen will ich nur F. E.
Wolfrom erwähnen. Ich vermag mich mit seiner
„Madonna" wie überhaupt mit seiuen idealen oder
symbolisirenden Kompositionen nicht zu befreunden,
aber wo er nichts anderes geben will als ein schön
farbiges Bild, da wirkt er durch die glüheude Leucht-
kraft seiner Farbei: oft wunderbar. Namentlich das
große Blumenstück „Vanitas" zeugt davon. Ein feines
Stück Malerei ist auch das Bildchen mit den schönen
Schmetterlingen. Die Sachen sind jetzt nicht in Mode,
das thut ihren: Werth aber keinen Abbruch. —
Der Schwede Otto Sinding hat die Motive
zu seinen Bildern in: nördlichen Eismeer gefunden.
Der Künstler muß lange in dieser Natur gelebt haben,
für ihn hat sicher, als er sie gab, der äußerliche Reiz
des Seltsamen und Fremden nicht mehr bestanden.
Die Sicherheit und Kraft, womit ihre ganz eigen-
artigen Farben in chimmel, Meer und Eis w:eder-
gegeben sind, lassen darauf schließe::, daß sie ihn: ver-
traut sind. Das oft märchenhaft schöne Farbenspiel
und das große Können des Malers verdienen auch
unsere volle Bewunderung. Aber wir kommen nicht
mit den: Künstler darüber hinweg zu eigentlicher

Stimmung, zur Empfindung der erhabenen Größe,
die dieser Landschaft innewohnt. Möglich, daß de:
Künstler nicht mehr wollte als er erreicht hat, möglich
aber auch, daß wen:: das Mberraschende des ersten
Eindrucks nicht mehr mitspricht, wie dieses Mal, seine
Werke auch eine tiefere innerliche Wirkung auf uns
haben werden.


Berliner LtunstchroiM.
* Kaiserin Augusta-Denkmal. Nun hat auch
der kleine Platz an: Gpernhause seinen Denkmalsschmuck.
Dem sichtbaren Gedächtniß der ersten deutschen Kaiserin ist
zwischen jetzt entlaubten Fliederbüschen ein idyllischer Grt
geweiht worden, von Fritz Sch aper's Meisterhand ge-
schaffen, thront die Statue aus blendenden: karrarischen
Stein auf schlichten:, hellbräunlichen Marmorpostamente,
vorn an: Sockel erzählt eine Inschrift von der Liebe und
Ehrfurcht des deutschen Volkes, und seitlich ist das edle
wirken der Kaiserin, die Schaper in der Mitte ihrer Lebens-
bahn, umflossen von dem geistigen Zauber matronaler
Noheit, dargestellt hat, in zwei prägnant gemeißelten Re-
liefs verbildlicht: „Waisen erziehen" und „Kranke pflegen"
sind die Themata dieser schneeigen Steinbilder. Die Kaiserin
selbst sitzt überlebensgroß auf einen: gabelförmigen, mit
bauschigen: Mantel drapirten Sessel; ihr diademgeschmücktes
Paupt umhüllt ein Sxitzentuch, das die Rechte unter den:
Kinn zusammenpreßt, während die Linke ein aufgerolltes
Dokument in: Schoße hält. Unsere Abbildung ist
übrigens die einzige Mriginalaufnahme, welche vor der
Aufstellung des Werkes von Becker L Maaß gemacht
wurde: die Statue befand sich provisorisch im Garten
Schapers, dicht an der Atelierwand, von Topfpflanzen um-
geben.
* Kaiser Friedrichs-G edächtnißkirche. Der jetzt
vollendete, am nördlichen Saume des Thiergartens unfern
des Schlosses Bellevue gelegene Kirchenbau ist keine Schöpf-
ung von so gewaltigen Formen, wie die unlängst geweihte
romanische Kaiser Wilhelmskirche. Das Gotteshaus, aus
rothem Ziegel und weißen: paustein aufgeführt, erhebt sich
mit seinem schlanken, oben durchbrochenen, äußerst spitzen
Lhurme auf unebenem Boden einschiffig in der Grundform
eines Kreuzes. Es ergab sich eine ungemein malerische
gothische Anlage, bei der die Nebentreppen auf kleinen Ter-
rassen, der grade schließende Lhor an der Südseite, der mit
den: Bronzebilde des Drachentödters geschmückte Thurn: an
der Ostseite neben dem Kreuzarme, die Front mit drei Arkaden-
portalen an der Nordseite liegen. Der Erbauer, Professor
voll:::er, ein vorzüglicher Schüler Gtzen's, hat es ver-
standen, seine Anlage in den bäumereichen Park glücklich
hineinzukomponiren, dabei ein echt protestantisches Gottes-
haus zu schaffen, kirchlich-weihevoll, aber nichts weniger als
rein spiritualistisch wirkend, wie die altgothischen Werke.
* Line Ausstellung märkischer Landschaften.
Die „Brandenburgia", Gesellschaft für Heimatkunde der
Provinz Brandenburg, die an: 23. Oktober die Reihe ihrer
Vortragsabende, unter Vorsitz des perrn Landesdirektors
Exzellenz von Levetzow, eröffnete, plant — um in unsern
Malern das für eine echt nationale Kunst so wichtige
Neimatsg efühl zu kräftigen und um die Künstler zur
Bethätigung des letzteren anzuspornen — für das kommende
Jahr ^96 eine Ausstellung märkischer Landschaften. Nicrzu
sollen nicht nur fertige Gemälde, sondern auch bildmäßig
wirkende Studien in jeglicher Mal- und Zeichnungsart,
ferner ideale Darstellungen, zu denen die landschaftlichen
Elemente aus unserer Mark entnommen sind, zugelassen
werden. Anmeldungen resp. Anfragen können schon jetzt
an perrn Geh. Regierungs- und Stadtrath L. Friedel
2. Vorsitzenden der „Brandenburgia", (Berlin Paul'
 
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