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Die Kunst-Halle — 1.1895/​1896

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Nr. 22
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Stahl, Fritz: Deutschlands Kunst und Kunstgewerbe auf der Pariser Weltausstellung
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Rücklin, R.: Phantasie-Gefäße
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https://doi.org/10.11588/diglit.62512#0391

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Nr. 22

Die Kunst-Halle.


Das deutsche Volk steht hinter den anderen nicht zurück,
aber es kommt daraus an, die anderen das empfinden zu
lassen: deshalb dars nichts Gutes fehlen, nichts Mittel-
mäßiges oder gar Schlechtes da sein. Deshalb darf auch
nicht etwa an eine Trennung der Kunststädte gedacht wer-
den: der Streit, der im Inneren etwa zwischen ihnen ent-
brannt ist, ist für diese Manifestation nach außen hin ohne
jede Bedeutung. So kann auch bloß eine Jury bestehen,
zu der natürlich Künstler ans allen deutschen Kunststädten
gehören müßten. Nur dadurch ist die Bürgschaft eiues eiu-
heitlicheu Urtheils gegeben: es können nicht von einer Stadt
Werke einer Oualität angenommen werden, die in einer
anderen durchfallen. Und vor allem wird auch die Zahl
der Fremden und damit unzweifelhaft Unparteiischen immer
die der Landsleute und engeren Genossen überwiegen. Selbst
für die Werke der Toten, die ja auch Platz finden sollen,
wird diese Zusammensetzung der Jury ihren Werth haben.
Die Garantie, daß alle Richtungen in diesem Konnte
zu Worte kommen, ist nur daun gegeben, wenn die Wahl
unabhängig von den bestehenden Vereinen erfolgt, am
besten durch Listen. Ja, wenn cs irgend praktisch durch-
führbar ist, sollte jeder frei auch einen Künstler, der in
einer anderen Stadt lebt, wählen können. Einmal gewählt,
würde ein solches Konnte, das von dem Vertrauen der
ganzen deutschen Künstlerschaft getragen wird, vielleicht auch
außer diesem nächsten Zweck mancherlei Dinge finden, denen
es lohnt, Aufmerksamkeit zu schenken und die nur durch
derartige gesammtdeutsche vertraueusmänner gefördert wer-
den können.
Die geeigneten Werke zu wählen und herbeizuschaffen,
wird selbst für dieses Konnte, dessen Mitglieder die Aus-
stellungen doch verfolgt haben, schwierig genug sein. Ls
wird sich ja zumeist um solche handeln, die nicht erst ent-
stehen. Die anderen Nationen machen es ja auch bei einem
solchen repräsentativen Auftreten so, daß sie mindestens aus
den Arbeiten des letzten Jahrzehnts ihre Auswahl treffen,
und es ist das wohl schlechtweg die einzige Möglichkeit, eine
Llitekollektion zusammenzubringen. Da wird man denn
weitherzig gegen Vorschläge und Anregungen sein müssen.
Sehr viele der Werke werden nicht mehr im Besitz des
Künstlers sein, viele gar weite Wanderungen gemacht haben.
Dann gehören lange Verhandlungen dazu, sie zu erhalten.
Diese Schmierigkeiten wachsen in's Ungeheure, wo es sich
um ältere Werke handelt. Kommen erhebliche neue hinzu,
so werden ältere, die man in Aussicht genommen hatte,
weggelassen werden müssen.
Kurz, weun die Aufgabe wirklich gründlich gelöst wer-
den soll, so muß sie sofort in Angriff genommen werden.
Sollte das nicht von oben her erkannt werden, dann er-
wächst den Künstlern und ihren Vereinen die Pflicht, die
nothwendige Anregung zu geben, damit nicht eine unwieder-
bringliche versäumniß eintritt. Ls wäre für die deutsche

Kunst in wirthschaftlicher und geistiger Beziehung ein un-
geheurer Schaden, wenn etwa ein in letzter Stunde wahl-
los zusammengeholter Pausen von Werken sie bei dieser
Gelegenheit vertreten sollte.
Die Männer des Kunstgewerbes werden sich schon eher
zu helfen wissen. Doch könnten anch hier vertrauliche Au-
reguugen von maßgebender Stelle nur günstig wirken. Zu-
nächst würde es sich darum Haudelu, möglichst schnell alle,
die auf ihrem Gebiet Eigenartiges leisten, zu einer Aeuße-
rung darüber zu bringen, ob sie ausstellen werden. Auch
wäre es sehr wünschenswerth, wenn ans irgend eine weise
die Möglichkeit gegeben würde, daß die Kunsthandwerker
unter ihrem Namen ausstellen und nicht statt dessen die
Firma des Händlers sich breit machen darf, vielleicht wäre
es sogar möglich, den betreffenden Kreisen klar zu machen,
daß es sehr thöricht ist, auf einer Weltausstellung mit Imi-
tationen fremder waaren einen Erfolg erringen zu wollen,
daß deutsche englische Möbel etwa und deutsche amerikanische
Beleuchtungskörper neben den Originalen gar keine Aus-
sichten haben oder doch viel, viel weniger als einfache
deutsche Arbeiten. Ferner, daß billige nnd schlechte waaren
nicht weltmarktfähig sind, sondern nur gute, selbst wcuu sie
theuer sind. Kurz, es wäre vielleicht möglich, all die schwer
bezahlten Erfahrungen zn verwerthcn, indem man sie recht
eindringlich mittheilt und zwar zur Zeit, uud nicht es dar-
auf aukommen läßt, sie zu vermehren.
Alle, die es angeht, die zur Leitung Berufenen und die
sich gern leiten lassen, mögen nur ja nicht hoffen und sagen:
es wird sich schon alles von selbst machen. Es macht sich
nichts von selbst. Soll einmal das Beste gezeigt werden,
was wir können, so ist mühsame und umsichtige Arbeit
nöthig. Eine Arbeit, die übrigens noch höheren Lohn
bringen würde, als nur die gute Vertretung auf einer Aus-
stellung. V. 8t.
Phantasie-Gefähe.
Von R. Rückt in, Pforzheim.
s ist keine zünftige Klasse kunstgewerblicher Er-
zeugnisse, die ich in der Reberschrift kennzeichne;
im Gegentheil. Es sind heimathlose Vagabun-


den ün Reiche der Kunst, die nirgends so recht unter-
zubringen sind und die den: kritischen Systematiker
wenig Freude machen; großen Theils zweckwidrige
Schöpfungen, Mitteldinge zwischen Gebrauchsgeräthen
und Zierstücken, wie sie wohl eine augenblickliche,
künstlerische Laune schafft. Und als „brauchbare Vor-
bilder" für unser modernes Kunstgewerbe sind sie
nun schon gar nicht zu verwenden in ihrer spröden
 
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