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Die Kunst-Halle — 1.1895/​1896

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Nr. 7
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Galland, Georg: Ein Brief Schinkel's über Cornelius
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Stahl, Fritz: Die Kunst als Gewerbe
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https://doi.org/10.11588/diglit.62512#0119

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Nr. 7

H Die Nun st-Halle. °

99

zu sein, so sehr mir das Herz dabei blutet. Ihrer
gütigen Vorstellung bei ihm vertraue ich allein um
den herben Eindruck solcher Aeußerungen zu mildern,
zu denen ich mich auch nur in so außerordentlichen
Gelegenheiten gestimmt sühle.
Um nun aber doch nicht ganz ohne Nath den
Bries zu schließen, so wäre der einzige, den ich in
den dringenden Umständen geben kann, folgender:
daß C. unmittelbar unserem Könige seine Dienste
antrüge, jedoch mit dein Bemerken, daß er sür große
Arbeiten, das heißt die Ausschmückung großer Bau-
werke ein hinreichendes Feld der Thätigkeit erhalte,
als das einzige würdige Feld sür die Erhebung der
Malerei; und bei diesen: Anträge, welcher bei
seiner Vaterlandsliebe modisizirt werden könnte,
kann er wohl um Verschwiegenheit bitten, und daß
dies allein durch den König genehmigt oder ab-
gelehnt werde, nicht aber in ein Ministerium
wandere.
prüfen Eie selbst, geehrtester Freund, diesen Vor-
schlag, er allein kann nach meiner Meinung eine
Entschiedenheit herbeiführen, jeder andere U)eg ist
lang und völlig ungewiß.
Meine herzlichen Grüße an E. schütten Eie ihm
mein ganzes Herz aus.
Ganz der Ihrige
E.
B: den 28 Decbr. Ms).
Dieser Brief, den ich der schätzenswerthen Güte
des Kgl. Oberförsters a. D. Herrn F. Eotzmann, des
Eohnes des Empfängers, verdanke, darf wohl als
ein hochbedeutsames Dokument für die heimische
Kunstgeschichte bezeichnet werden. Bisher ist das
persönliche Verhältniß, das zwischen den beiden Größen
der Architektur und der Malerei bestand, in der Kunst-
litteratur nicht über die flüchtige Andeutung hinaus
berührt worden. Eelbst Waagen, der doch ein in-
timer Freund Echinkel's war, that in seiner Biographie
desselben, die im „Berliner Kalender auf das Jahr
s8^4" steht, jenes auf geistiger Verwandtschaft be-
ruhenden freundschaftlichen Verhältnisses nicht einmal
Erwähnung. In den: hier zum ersten Male ab-
gedruckten Briefe aber werden die so lange unsichtbar
gewesenen Fäden plötzlich sichtbar, und es treten die
befreundeten Gestalten, die damals zugleich in: Vorder-
gründe der künstlerischen Ereignisse des Vaterlandes
standen, in ihren Beziehungen zu einander interessant
hervor.
Auch der Name des Mannes, den ein Echinkel
zum Dolmetsch seiner lebhaften Eympathie für Eornelius
erwählte, erlangt durch diesen Brief einen wohl
dauernden Klang in der Kunstgeschichte. Dabei soll
unvergessen bleiben, daß es Eotzmann zuweilen selbst
zur litterarischen Bethätigung seiner Vorliebe für die
bildende Kunst drängte. Eo schrieb er u. a. in:
„Konversationsblatt für litterarische Unterhaltung",

Jahrgang s826, einen Aufsatz im Etil des Wands-
becker Boten „Vetter Asmus über die Berliner Gemälde-
Ausstellung" und in: „Kunstblatt" f8öO No. ss) einen
auch kulturgeschichtlich bemerkeuswerthen Artikel: „Wie
der Große Kurfürst für ein Gemälde Neliquien gab",
eine Echilderung der Erwerbung von Gemälden eines
Dai:. Eeghers u. a. alter Meister für die kurfürstliche
Bildergalerie . . .
Echinkel aber hatte, wie die thatsächliche Ent-
, Wickelung der Verhältnisse bewies, die großen: Echwierig-
keiten der Berufung des Cornelius nach Berlin
keineswegs überschätzt. Trotz Niebuhrs, des einfluß-
reichen kronprinzlichen Lehrers, der für den Münchener
Meister schwärmte und seiner Zeit dessen Berufung
als Akademie-Direktor nach Düsseldorf durch ein
dithyrambisches Gutachten (s8s9) entschieden hatte,
erfolgte die Übersiedelung des Cornelius nach Berlin
erst im Frühjahr s8^s.
Ein grausames Echicksal wollte es, daß er den
ebenbürtigen Berliner Genossen zwar noch lebend,
aber in geistiger Umnachtung wiedersah. Wenige
Monate darauf begrub man Echinkel. Die poetische
Eage, die sich der großen Männer so gern annimmt,
berichtet, letzterer habe bei den: plötzlichen Anblick des
Cornelius einen lichten Augenblick gehabt und den
gefeierten Namen gelispelt . . . Bald nach feinen:
Tode aber sollte die große Eehnsucht des Meisters in
Erfüllung gehen. Unter Cornelius' Oberleitung
wurden die Fresken in der Halle des Museums an:
Lustgarten nach den hinterlassenen Entwürfen aus-
geführt: als die ersten monumentalen Gemälde in
Preußens Hauptstadt.


Dre Runst als Erwerb.
Von Fritz Stahl.
^,s steht schlecht um die Kunst in unsrer Gesellschaft.
Und immer schwerer beginnen die Künstler das
zu empfinden. Ihre Gespräche find nicht mehr
Echwärmereien und Programme, sondern Klagen,
nichts als Klagen. Greifen sie zur Feder, so ist es
nicht die Macht einer Idee, die sie treibt, sondern
die schwere Noth der Zeit. Treten sie zu einer Ge-
meinschaft zusammen, mag sie Klub, Verein oder
Eezession heißen, sie dient nicht fröhlichem Verkehr,
sondern verfolgt irgend äußere Interessen.
Aber all diese Dinge werden geheim und fast
verschämt behandelt. Nach außen wird streng der
Echein aufrecht erhalten, als dürften in: Kunstleben
materielle Fragen gar keine Nolle spielen. Mögen sie
in: Hause noch sehr um realistische Dinge sich sorgen,
auf der Gasse hüllen sie stolz und feierlich sich in den
schönen Mantel des Idealismus. Und die Anderen,
 
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