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Die Kunst-Halle — 1.1895/​1896

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Nr. 10
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Stahl, Fritz: Kunkurrenzen
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Vom Münchener Kriegsschauplatz
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https://doi.org/10.11588/diglit.62512#0176

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vorlegen müssen. Ich bin überzeugt, die Konkurrenz,
mindestens aber die Entscheidung wäre anders aus-
gefallen.
Nun muß ich auf eiuen Einwand gefaßt seiu.
Ob deuu solche Dinge nur vom rechnerischen Stand-
punkt betrachtet werden dürften? Sicher nicht. Ich
meine nicht nur, souderu ich weiß, daß uusere Künstler,
die an Opfer gewöhnt sind, wohl sich zu diesem auch
durch eine große Aufgabe würdeu reizeu lasseu. Aber
— und das ist der zweite Grund für die geringe Be-
theiligung — die Aufgabe eiuer Ergänzung besitzt
für uusere Künstler diesen Neiz nicht. Sicher ist er
nicht stark genug, um materielle Bedeukeu zu über-
windeu. wenn sie schon Opfer bringen müssen, so
wollen sie wenigstens für ihr Werk fie bringen, nicht
für ein fremdes. Und das wird man ihnen am Ende
nicht verargen können.
Zu diesen zwei Gründen kam ein dritter, Man
weiß zwar, daß der Kaiser sehr selbständig in seinem
Urtheil ist, und diese Entscheidung hat es aufs neue
bewieseu. Aber man weiß auch, daß er Neiuhold
Negas zu Rathe zieht. Und da im vorigen Jahre
ein Begasschüler den Preis davongetragen hat, so
war wohl die Ansicht verbreitet, daß Begasschüler
mindestens einen Point vor hätten. Das wird auch
Manchen abgeschreckt haben. —
Ich habe diese Konkurrenz ausführlich besprocheu,
die gerade jetzt die betreffeudeu Kreise beschäftigt, um
einmal zu zeigen, wie sehr eine solche Besprechung
der Mühe lohnt. Auch hierin zeigt sich, wie indifferent
gegen ihre eigensten Interessen unsere Künstler sind.
Ihre Vereine müßten alles thun, um Behördeu und
private über diese Dinge aufzuklären. Die Unwissen-
heit darin ist geradezu entsetzlich. Der erste Schritt,
der durchaus gethan werden muß, ist der, daß die
gauze orgauisirte Küustlerschaft sich verpflichtet, keiue
Koukurreuz mitzumachen, bei der auch uur eiu Pfennig
an baaren Auslagen erfordert wird. Ich ziehe zwei
Beispiele an, die in unserer letzten Nummer veröffent-
licht waren. Der Gemeinderath von Dessau verlangt
für die Bedingungen, Lageplan u. s. w. zum Bau
eines Nathhauses 5 Mark. Er wird sie deu Theil-
nehmern zurückzahlen. Sie müssen sie doch immerhin
auslegen. Und glaubt man vielleicht, es wird sich
Jemand zum Spaß diese hochiuteressauteu Drucksachen
kommen lassen?! Der Magistrat von Berlin fordert
für die Bedingungen bei der Konkurrenz um die Licht-
träger s Mark. Dabei muß er entschieden Geschäfte
machen, denn für 50 Mark kann inan schon eine
ganze Brochure drucken lassen. Ein zweiter Schritt
wäre, daß die Künstler in den Fachblättern jedes Aus-
schreiben einer rechnerischen Kritik unterzögen, und so
vor der Betheiligung an schlechten Konkurrenzen ihre
Genossen warnten. Es kommt unglaublich oft vor,
daß bei großeu Aufträgen selbst dein Künstler nichts
bleibt. Die „Kunst-Palle" stellt für diesen Zweck ihren
Naum zur Verfügung. Ls giebt bei jeder Gelegen-

heit Eingeweihte, die wissen, ob persönliche Beziehnngen,
lokalpatriotische Erwägungen Einfluß habeu werdeu,
uud ob Leute iu der Jury sind, die durch eiu Kouvert
hindurch leseu könueu. Nud weuu sie uicht vom
Küuftigen sprecheu wollen, so können sie wenigstens
ihre Erfahrungen erzählen.
O
Vom Münchener Kriegsschauplatz.
München, den 9. Februar.
(^)er gefürchtete Kunstkrieg zwischen Berlin nnd München
wäre also definitiv zum Ausbruch gekommen. Nur-
leichtes Geplänkel wurde zwar bisher hüben und drüben
geführt; aber in München erwartete man längst den ersten
ernstlichen Vorstoß. In diesen Tagen ist er ausgeführt
worden und zwar von einer Seite, von der man ihn wohl
am allerwenigsten vermuthet hätte: vom Lager der Münchener
Sezession.
Noch vor einem halben Jahre wollte man uns das
vielfach sogar geglaubte Märchen aufbinden, daß die von
der „Sezession" — nach Berlin — „auswandern" werden.
Pente dagegen liegt bereits der Absagebrief der pcrrcn vor,
in welchem sie auf die ihr zugewieseuen Bäume, aus die
ihr zugestandene eigene Jury und pängckommission zur-
Internationalen Berliner Kunstausstellung 1896 verzichten
und ihr Fernbleiben von derselben ankündigcn. Ich glaube
kaum, daß die Sezession ihre lokalpatriotische Gesinnung
deutlicher hätte zeigen können als dnrch eine derartige Gegen-
demonstration?) Das Märchen von einer Auswanderung
der Münchener Sezession aber ist damit ein für allemal klar-
gclegt, und eine geschickte Neklame hat sich als des Pudels
Kern gezeigt.
Sollte nun die Münchener Sezession bei ihren: Entschluß,
von der Berliner Ausstellung fernzubleiben, verharren, dann
allerdings wird sie sich ans's Nene zu der „Künstler-
genossenschaft" Münchens in Gegensatz stellen. Denn
hier wird mit regen: Eiser daran gearbeitet, ungemein
glänzend auf der Berliner Ausstellung zu erscheiuen und die
künstlerische Rivalität zu Gunsten Münchens auszutragen.
In vielen Ateliers ihrer Mitglieder gehen hervorragende
Merke der Vollendung entgegen, und mit stolzen: Selbst-
bewußtsein hat nur mancher von ihnen seine neuesten Ar-
beiten gezeigt. Freilich giebt es auch in den Reihen der
Künstlergenossenschaftsmitglicder solche, welche ihren: Aerger
über den Ausfall des diesjährigen Münchener „Salons" in
erregten Morten Luft machen, vereinzelte Briefe selbst von
maßgebenden Faktoren, die nur in jüngster Zeit zugingcn,
beklagen sich über die siegesbewußte und kampflustige Stimm-
ung in der Berliner Künstlerschaft mit mehr oder minder
drastischer Ausdrucksweise. Allein das Gros der „Künstler-
genossenschaft" ist heute bereit, in geschlossener Kette auf der
Großen Berliner Kunstausstellung 1.896 aufzutreten und das
künstlerische Uebergewicht des deutschen Südens zu zeigen . . .
 
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