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Die Kunst-Halle — 1.1895/​1896

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Nr. 17
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Ein Textil-Museum
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Allg. deutscher Kunstgewerbetag
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Berliner Chronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.62512#0307

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Nr. (7

2—H Die Runst-Palle. S"

267

sichtigen, bevor man wieder eine Treppe steigt. Auf dein
oberen Korridor sind auch die Tapeteninuster vertreten, mit
denen Fischbach vom Jahre lS68 —l880 die französische
pegemonie auf diesem Gebiete besiegte. Er zeigte uns
einige Muster, von denen eine Million Rollen abge-
setzt wurden.

Erwägen wir, welchen ideellen und finanziellen Werth
solche Museen haben, so würde es sehr zu beklagen sein, wenn
der Besitzer schließlich genöthigt wäre, die ihm zn schwer
werdende Last abzuwerfen und sein Museum L tont xrix
den: Auslande zu überlassen. Einsichtsvolle Großindustrielle
urtheilen richtiger wie sparsame Beamte und Gelehrte,
denn sie urtheilen, daß die mit uns mehr und mehr kon-
kurrirenden Bereinigten Staaten Nordamerikas durch eine
solche Vorbildersammlung uns dauernd schaden würden.
Leider bringt auch das im Weinbau so gesegnete Nassauer Land
diesem Museum verhältnißmäßig geringes Interesse entgegen
(proxlmtu in xatrin), da der Eentral- und Lokal-Gewcrb-
verein wesentlich nur die Technik und das untere pandwerk
zu fördern sucht. Immerhin verdient die Stadtbehörde jeg-
liches Lob, daß sie die freien Räume unentgeltlich zur
Plazirung hergab.
Der Umsatz in Tertilprodukten aus dein w eltmarkte beträgt
übrigens 6 Milliarden jährlich. Lyon axportirt für cirra 800
Millionen Francs Seidengewebe. St. Gallen circa loo Millionen
Francs Stickereien rc. Der Fabrikant ist nicht mehr wie
in früheren Zeiten Weber und Zeichner und Techniker in
einer Person. Er schafft sich Werkführer, Maschinen und
Muster an und überläßt den Zeichnern, das Richtige in
Museen zu studiren. Ls kann also nicht in Frage kommen,
ob das Textil-Museum inmitten einer Arbeiterbevölkerung
liegen muß, da diese Arbeiter wenig mit der Aesthetik zu
thun haben. Ein solches Museum gehört in eine große
Stadt, wo Webeschulen oder eine höhere Kunstgewerbeschule
erblühen soll und wo auch für weibliche Landarbeiten gute
Vorlagen gewünscht werden. Sollte wirklich Deutschland
den Ausspruch eines Büreaukraten bewahrheiten, der da
sagte: „wir haben genug Textilsammlungen!" Man kann
ja anch sagen: „Mir haben genug Bücher und Bi-
bliotheken! " Es ist wohl überflüssig, darüber ein Wort zu
verlieren. Nicht das Kopiren alter Ornamente ist der
Zweck, sondern das Studiren derselben, wer die Kultur-
erbschaft gering schätzt, ist ein Thor oder Barbar, wie in
der Litteratnr und Musik will man leider heute nicht gern
weiterbauen, sondern statt Klassischem nur Sensationelles
bieten. So lautete auch ein Vorschlag für Lhemnitz: Laßt
das Alte und sorgt für Anschaffung moderner Muster (aus
Paris rc.). Dieser Standpunkt ist zu einseitig, wer Jour-
nalist ist, soll freilich moderne Zeitungen lesen, aber wer
Schriststeller werden will, muß die Klassiker kennen. Uebrigens
hat perr Direktor Fischbach auch die modernen Textil-Muster
z. B. von St. Gallen, Elberfeld, Wien rc. in vorzüglichen
Gruppen.
Wir sind neugierig, zu ersahren, welcher Ort dieses
Museum erwerben wird. K.


Nllg. Deutscher Runstgewerbetag
(5. bis 8. Juni in Berlin.)

(^^ieser Kunstgewerbe-Tag soll dazu dienen, die vielen im
Knnstgewerbe unseres Vaterlandes thätigen Kräfte im
persönlichen Verkehr einander näher zu bringen, wichtige
Fragen zu erörtern und ihrer Lösung entgegen zu führen,
sowie vor Allem das Verständniß für die Aufgaben und
Ziele des Kunstgewerbes in weitere Kreise zu tragen. Neben
dieser Arbeit wird den Besnchern des Kunstgewerbe-Tages
Gelegenheit gegeben werden, außer den Sehenswürdigkeiten
der Reichs-Pauptstadt den Stand des Gewerbes und der
Kunst in Berlin durch die Berliner Gewerbe-Ausstellung und
die große Internationale Kunst-Ausstellung eingehend kennen
zu lernen.
Zur Berathung in den, im großen Saale des Archi-
tekten-panses, stattfindendcn Sitzungen werden u. a. folgende
Punkte stehen:
l- wie können die Arbeiten des Verbandes bezw. der
Linzelvereine im Allgemeinen nutzbringender gemacht werden?
2. wie kann das Leben in den Kunstgewerbevereinen
im Allgemeinen lebendiger gestaltet werden und wie kann
das Verständniß und das Interesse an den kunstgewerblichen
Bestrebungen und den Aufgaben der Kunstgewerbevereine
bei allen Ständen unseres Volkes mehr geweckt, gehoben
und gefördert werden, um weitere Kreise des Volkes zur
Mitarbeit heranzuziehen?
s. wie ist das Naturstudium im deutschen Kunstgewerbe
zu fördern?
Die Stellung von Kunst und Kunstgewerbe im öffent-
lichen Leben des deutschen Volkes.
5. Rückgang der guten gewerblichen pandarbeit in der
Schätzung des Publikums, Ursache, Wirkung und Abhilfe.
6. Künstlerische Erziehung des Volkes und der Jugend
aus den Universitäten.
7. Pflichten der Gesetzgebung und des Staates zur
Förderung des Kunstgewerbes.

Berliner Chronik.
* Im Salon Schulte hat trotz der großen Aus-
stellnng ein wechsel der Bilder stattgefunden. Böcklin's
„Ruine am Meer" ist der olou der Sammlung, trotzdem es
kein erstes Bild des Meisters ist und nur durch das Sonnen-
licht, das strahlend das graue Gewölk durchbricht, fesselt'
Achtunddreißig Gelgemälde und Aquarelle zeigen den Pol-
länder w. B. Tholen als einen in allen Sätteln gerechten
Landschafter,' der aber mehr das Niveau der Schule als eine
Persönlichkeit bewundern läßt. Noch viel größer ist die
Zahl der Bilder und Studien aus Japan von Franz
pohenberger. Sic haben ein großes Interesses als
Natur- und Kulturschilderungen, als Illustrationen, die uns
Land und Leute kennen lehren. Es ist auch gegen das
Können des Malers nicht einznwenden. Aber der eigentlich
künstlerische Reiz fehlt den meisten dieser Bilder völlig. Ls
ist Iapanmalerei, wie wir leider Grient- und Italienmalerei
haben. Joseph Sattlers „Meine parmonie" ist ein ein-
facher Unfug, den sich der hochbegabte Künstler auf Gruud
seiner Lrfolge glaubt leisten zu können. Die Mehrzahl der
Blätter zeigt gar kein Bild, sondern — — — Noten mit
 
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