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Die Kunst-Halle — 1.1895/​1896

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Nr. 23
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Grünewald: Die Nachbildung von Kunstwerken an Erzeugnissen der Baukunst und der Industrie: nach deutschem, österreichischem und ungarischem Gesetze
DOI Artikel:
Kock, Paul de: Gepflückte Wahrheiten: wer macht die Kunst?
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https://doi.org/10.11588/diglit.62512#0410

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358

---^z Die Kunst-Halle. S"

Nr. 23

1895*), welche übereinstimmend sich dahin aussprechen, daß
dem Urheber eines Werkes der bildenden Kunst oder seinen:
Rechtsnachfolger das ausschließliche Recht zusteht, das-
selbe ganz oder theilweise nachzubilden, und daß es
dagegen verboten ist, von einem solchen Werke eine Nach-
bildung ohne Genehmigung des Berechtigten in der Absicht
herzustellen, sie zu veröffentlichen und Vervielfältigungen da- '
von in den Verkehr zu bringen (D. G. KZ 1, 2, 5; U. G
88 so, 3; O. G. 88 37, ^5, 16).
Unter dies Verbot fällt auch die Nachahmung der
Werke der bildenden Künste an einem Werke der Bau-
kunst, Industrie, Fabriken, Handwerk oder Manu-
faktur (D. G. Z 5 Ziff. z; U. G. 8 60 Abs. 2 Ziff. 3;
Ö. G. Z 38 Ziff. 3).
Diese Ausdehnung des Schutzes ist mit Recht erfolgt,
weil die Nachbildung durch die Verbindung mit den: In-
dustrieerzeugniß aus dem Kreise der bildenden Künste aus-
scheidet und in den des Kunstgewerbes übergeht, damit
aber das Griginalkunstwerk schutzlos würde, und anderer-
seits es ost schwierig wäre, festzustellen, ob die Darstellung
durch die Verbindung den Lharakter eines selbstständigen
künstlerischen Werkes behalten hat. Auch darf das immer-
hin anerkennenswerthe Streben der Förderung und Be-
fruchtung der Kunstgewerbe durch die bildende Kunst nicht
soweit gehen, daß es in eine schrankenlose Verwerthung der
Kunstwerke zu industriellen Zwecken ausartet, wodurch der
Künstler nicht blos vermögensrechtlich, sondern auch im Rufe
seines künstlerischen Namens geschädigt würde.
Uebrigens ist einem Kunstwerk deshalb, weil es zu-
gleich einein Gebrauchszwecke dienen kann, z. B. einem
Kunstbecher, dessen man sich zum Trinken bedient, nicht ohne
weiteres die Natur eines solchen abzuerkennen, während es
z. B. bei einer Vase häufig wohl nicht leicht ist, ohne wei-
teres die Grenzlinie beider Gebiete zu ziehen (vgl. Wächter
U.R. s. 62 flg.).
Nit der Aufstellung obigen Verbotes wollen die Ge-
setze den Urhebern die Ausschließlichkeit des artistischen Ver-
kehrs bezüglich ihrer individuellen geistigen Schöpfungen
wahren. Deshalb bildet deren Verkehrsfähigkeit eine
Voraussetzung für den Rechtsschutz selbst.
Auf den Grad der künstlerischen Bedeutung oder Voll-
endung des Werkes kommt es nicht an, ebenso wenig auf
die (Originalität des Gedankens, wenn es auch im Gegen-
sätze zu den Erzeugnissen der Industrie aus eigener geisti-
gen Arbeit hervorgegangen sein, Selbstständigkeit der Form-
gebung bekunden und eine ästhetische Darstellung be-
zwecken soll.
Die Nachbildung muß, sei es ganz oder theilweise, als
so ringet reue Wiedergabe des (Originals und nicht als
„freie Benutzung" erscheinen, welche bei Schöpfung des
neuen Werkes eine Selbstständigkeit der künstlerischen Auf-
fassung erkennen läßt und wobei das Griginalkunstwerk nur
als Motiv gedient hat (vgl. hierüber unsere Erläuterung in
Nr. 12, ferner D. G. 8 -1, U. G. 8 62 Ziff. 1, G. G. K 39
Ziff- 0-
Auf das Verhältnis; der Nachbildung zu dem Bauwerk
oder Industrieerzeugniß kommt es nicht, insbesondere nicht
darauf, ob sie als bloßes Beiwerk des letzteren anzusehen
ist, ebensowenig darauf, ob die Anbringung bereits erfolgt

*) Diese drei Gesetze werden in Abkürzung fernerhin
folgendermaßen bezeichnet werden mit: „D. G.", „U. G.",
„G. G."

ist, wenn nur feststeht, daß sie zu dem Zwecke ausgeführt
wurde, um ergänzender Bestandtheil des betreffenden Werkes
zu werden und für sich dazu geeignet ist, auf solche weise
Gegenstand des Handels und Gebrauchs zu werden. Solche
Merkmale treten z. B. hervor in der Verwendung der Nach-
bildungen zu den sog. Glasbildern, an Tischen, Album-
deckeln, Briefbeschwerern u. dgl., ferner zu Plakaten und
Diplomen, die auf gewerblichem Wege vervielfältigt werden.
Hat der Urheber des Originalkunstwerkes dessen Nach-
bildung für ein Lrzeugniß der Baukunst oder Industrie
ausdrücklich gestattet, so fällt damit für dieselbe, wie sich
aus obiger Darlegung ergiebt, der Rechtsschutz des Knnst-
gesetzes hinweg (D. G. 8 bst M G. 8 66, (Ö. G. 88 6 Ab-
satz 3, 21). Für das deutsche Reich greift in solchem Falle
das Gesetz über das Urheberrecht an Mustern und Modellen
vom 11. Januar 1876, insofern dessen gesetzliche Voraus-
setzungen gegeben sind, Platz und ist dann den hierin vor-
geschriebenen Förmlichkeiten, namentlich der im 8 7 verord-
neten Registrirung und Hinterlegung des Musters, zu ent-
sprechen.
Noch ist hervorzuheben, daß die Nachbildung der an
den dem öffentlichen Verkehre dienenden Orten (Straßen
und Plätzen) bleibend befindlichen Kunstwerke, also auch für
Industriezwecke, soweit zulässig ist, als sie in einer anderen
Kunstform geschieht. (D. G. 8 6 Ziff. 5, U. G. 8 62 Ziff. 5,
Ö. G. 8 39 Ziff- 4-)
Schließlich sei erwähnt, daß im Gegensätze zu den
Werken der bildenden Künste nach D. G. 8 H u. U. G. 8 73
Ziff. 2, die Nachbildung eines photographischen Werkes,
das aus einem Industrieerzeugniß angebracht wurde, nicht
verboten ist, während das G. G. eine solche Bestimmung
nicht enthält, folglich auch diese Vervielfältigung untersagt.


Gepflückte Wahrheiten.
wer inacht die Kunst?
Es ist nicht richtig, daß die Künstler allein die
Kunst machen. Auch das Publikum macht sie. Denn
es verlangt nach ihr. würde die Kunst kein Lebensbedürf-
niß befriedigen, so würde sie selbst nicht leben. Ein Publi-
kum, das Kunst fordert, um sein Dasein zu bereichern und
zu schmücken, das von der Kunst Trost sucht und Er-
quickung, schließlich, ein Publikum, welches Geld genug hat,
mn die Kunst zu bezahlen: ein solches Publikum ist eine
nothwendige Voraussetzung für das Dasein der Kunst und
beeinflußt ihre Gestalt in wesentlichen Stücken.
Das interessante Affst
Einem Maler sagte ich offen: „Könnten Sie zusällig
nicht einmal von etwas Anderem, als von sich sprechen?
— Ich habe Sie zwar sehr gern, lieber Freund, und kenne
Sie ebenso genau, wie Alles, was Sie nur sagen wollen.
 
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