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Die Kunst-Halle — 1.1895/​1896

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Nr. 5
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Die Ausstellung in der Akademie (Achenbach - Menzel - Schrader)
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Berliner Kunstchronik
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Nr. 5

Die Kunst-Halle. H---

73

sein soll. Gr hat in dieser Werkstätte die Großartig-
keit der Arbeit empfunden, sicher. Aber er bat in
den höfischen Prunksälen ebenso tief die Freudigkeit
des Genusses empfunden. Die wundervolle „Missions-
andacht" im Walde entspricht der schlichten Inner-
lichkeit des protestantischen Dienstes, wie die „Pro-
zession von Gastein" der reichen Aeußerlichkeit des
katholischen. Die pariser Straße würde ebenso für
eine Vorliebe für das lärmende, bunte Getriebe einer
Weltstadt angeführt werden können, wie viele kleinere
Blätter für einen besonderen Geschmack an traulichen
Winkeln. Die Bilder aus Preußen s Geschichte müßten
für patriotisch, die Aufbahrung der Märzgefallenen
für revolutionär gelten. Davon kann natürlich nicht
die Nede sein. Und doch ist er auch wieder uicht
nur malerisch interessirt, sondern menschlich. Gr giebt
nicht nur äußere Beobachtungen, sondern innere Gin-
drücke. Gr empfindet mit Allen, es giebt keine
Stimmung, die er nicht in sich reproduziren und da-
durch fruchtbar machen kann.
Nur mag er sich nicht mit der Impression be-
gnügen. Das thut er in der Skizze, im Bilde will
er Fertiges geben. Die feinste Durchführung ist ihn:
etwas Selbstverständliches. Sie sollte es auch dein
Beschauer sein, wein: man von diesem Standpunkte
aus seine Bilder ansieht, sich wirklich nicht durch die
Schale vom Kern abhalten läßt, dann erst üben sie
ihre tiefste Wirkung.
Die Werke Menzel's bilden räumlich den Haupt-
theil der Ausstellung. Gs wäre naturgeinäß auch
unmöglich, eine annähernd gleich große Zahl von
Achenbach's oder Schraders zusammen zu sehen.
Beide sind Spezialisten. Aber sie sind auch nicht an-
nähernd so gut vertreten wie Menzel: ihre Haupt-
werke fehlen.
Für Achenbach hätte sich doch wohl etwas
mehr thun lassen. Immerhin aber find gute Werke
seiner besten Zeit, der sechziger und siebziger Jahre,
vorhanden. Gs ist für alle Theile, für Künstler und
Publikum, recht nützlich, wenn man Gelegenheit hat,
deren einmal wiederzusehen. Wir sind bei unserer
Schnelllebigkeit, die leider auch auf dein Gebiete der
Kunst herrscht, immer in Gefahr, das Neue zu über-
schätzen und das Alte zu vergessen. Je mehr in
Kunst und presse die Jüngeren zu Worte kommen,
mn so mehr macht sich eine Anschauung breit, welche
die Weltgeschichte oder wenigstens die Geschichte
dieses Jahrhunderts erst so um (880 herum beginnen
läßt. Nicht böswillig, sondern aus Mangel an Wissen
von dem, was vorher war. Wir sind sehr davon
durchdrungen, wie herrlich weit wir es gebracht
haben. Bon diesen alten Achenbachs mit ihrer ent-
zückenden Schönheit des Tons werden wir recht un-
sanft an das gemahnt, was wir verloren haben.
Ich will nicht sagen, daß wir dahin zurückmüssen:
es giebt kein Zurück in der Gntwickelung. Aber wir
werden über kurz oder lang auf den: Wege uach

Vorwärts zu Aehnlichem gelangen. Daß uns aber
selbst heute, wo ganz andere Strömungen die Kunst
beherrschen, diese Bilder nicht nur von diesem, ich
möchte sagen: pädagogischen Standpunkt interessiren,
sondern auch umnittelbar ästhetisch auf uns wirken,
das bürgt dafür, daß sie dauernd werden.
Von den drei Achtzigjährigen ist uns allein
Schrader fremd geworden. Wir haben einmal für
diese Historie mit ihren Posen und Kostümen keine
Empfindung mehr. Gs ist ein eigenthümlicher Zu-
fall, daß hier friedlich mit deu Werken Schrader's in
demselben Saale die Werke des Mannes hängen,
der unserer Geileration diese Gmpfindung zerstört
hat: Adolf Menzel's. Dagegen wirken die Bildnisse
Schrader's, besonders das Alexander von Humboldt's,
tüchtig und vornehm. —
Ich kann den Bericht über diese Ausstellung
nicht schließen, ohne darauf hinzuweisen, wie noth-
wendig auch sie wieder den Neubau der Akademie
erscheinen läßt. Wie wenig repräsentativ sind diese
Näume, wie unvortheilhaft für die Bilder überdies!
Dem letzten Uebelstande ist hier nicht abzuhelfen, den
erstell hätte man durch etwas festlichen Schmuck
weniafiens mildern können.
V. 8t.

Berliner Runstchronik.
* Vom Kunstgewerbemuseum. Zur Zeit wird den
Besuchern des Museums Gelegenheit geboten, die Leistungen
der Malklasse des Unterrichtsinstituts kennen zu lernen.
Mit Freude sieht man in dieser reichhaltigen Studien-Aus-
stellung die Früchte einer Unterweisung, die den Schüler in
der naiven Anschauung der Natur nicht hemmen will,
sondern danach trachtet, ihm die Augen für das Schöne zu
öffnen, seinen Ernst und Eifer zur Nachbildung anzuspornen.
Es geht ein gesunder frischer Zug durch die Fülle der Ar-
beiten, die den verschiedensten Gattungen der Malerei (Land-
schaft, Genre, Porträt, Akte, Thierstück, Stillleben) ange-
hören und auch bezüglich der Technik jede wünschenswerthe
Mannigfaltigkeit bekunden. — In einem andern Raume
des Museums sind die letzten Ankäufe und Geschenke ver-
einigt. Besonders fällt eine Kollektion japanischer theils
aus Bronze gegossener, theils aus Eisen geschnittener Schwert-
Stichblätter, ein Vermächtniß des unlängst verstorbenen Herrn
R. Springer, auf; man sieht an diesen Arbeiten älterer und
ueuerer Zeit als Verzierung die in Japan üblichen Thier-
und Pflanzenmotive. Außerdem finden sich hier ältere werth-
volle Porzellane von Sövres, Ludwigsburg, Frankenthal,
Meißen, Berlin (Wegely) u. s. w., kunstvolle italienische und
französische Bronzen des und ts. Jahrhunderts, moderne
zierliche Terrakottastücke von Jos. Ehnret in Paris, und
u. a. noch jene neuerdings beliebten Pariser Zinngüfse,
deren kokette elegante Zierformen die dekorative Verwendbar-
keit des hüllenlosen Weibes förmlich zu Tode gehetzt zeigen.
^Der Antrag der städtischen Kunstdeputation
auf Stiftung von drei Preisen, zu sooo M. jeder, für die
 
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