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Die Kunst-Halle — 1.1895/​1896

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Nr. 14
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Galland, Georg: Aus Berliner Kunstwerkstätten, Schluss [2]
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Geissler, Wilhelm: Die Kreide-Lithographie: eine Antwort auf den Brief eines Malers
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https://doi.org/10.11588/diglit.62512#0247

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Nr.

->-<ö Die Kunst-Halle. g-—°

2s3

aller Art für verdiente Personen, Votivbilder, Rituelle
Gefäße u. dgl. können nicht köstlicher, würdiger,
repräsentabler als durch das Maler-Gmail geschmückt
werden. Es ergehe daher ein Aufruf an unsere
Fürsten, Magistrate, Korporationen, Vereinsvorstände
und an die deutsche katholische Geistlichkeit, die in der
Kunstpflege niemals zurückblieb — Bastanier's
freundlich zu gedenken!


Die Urerbe-Lithographie.
Eine Antwort auf den Bri^ eines Malers.
Verr Wilhelm Geißler.
re Frage hat mich aufrichtig erfreut und ich will
sie gern nach besten Kräften beantworten. Sie


wollen also lithographiren, — Sie wollen das Aschen-
puttel freien? Nun, es ist ein hübsches, natürliches
und liebenswürdiges Wesen, und sein Aschenrock wird
bald von der Mutter Natur in ein flimmerndes
Seidengespinst verwandelt sein, wenn Sie als Prinz
erscheinen.
Sie fragen: Ist die Technik nicht zu schwer?
Werde ich sie erlernen? Ich bin versucht, beide
Fragen mit „Nein" zu beantworten, weil ich meine,
daß sie lithographiren können, sobald sie nur wollen...
Ich möchte wohl sagen, ich weiß das aus Erfahrung
und denke dabei an den Maler H., der, ehe er nach
Rom ging, nach wenigen Rathschlägen, die ich ihm
geben durfte, eins seiner Bilder für ein Album litho-
graphirte und sofort meisterhaft.
Warum ist nun aber die Steinzeichnung bei uns
offenbar vernachlässigt, wem: sie so beschaffen ist, daß
jeder Künstler sie leicht ausüben kann? Freilich er-
lernt sie Mancher, um stets darin ein rechter Stümper
zu bleiben; und dennoch nenne ich sie die Verviel-
fältigungsart pur sxosllsnos für den Maler. Vernach-
lässigtaberwurde sie, weil die Photographie sie zu ersetzen,
ja zu übertreffen schien. Seit Kurzem ist man indeß an-
derer Meinung geworden, weil man erkannt hat, daß in
der Kunst das „Wie" doch ein kräftiges Wort mit-
spricht. Darum ist auch die Zeit herangenaht, da
Aschenbrödel endlich zu Hofe gehen soll, nicht etwa als
flüchtiger Gast, sondern um als legitime Prinzessin
einzuziehen. . .
Genug mm des Märchens, der Prophezeiung!
Lassen Sie mich lieber erklären, „wie's gemacht wird."
Und wenn es Ihnen zu ausführlich sein sollte, halten
Sie dem Schulmeister die Gründlichkeit zu gute.
Anders wie beim Kupferstich oder der Radirung,
anders wie beim Holzschnitt wird die Druckplatte
aus Stein vorbereitet. In die Kupferplatte werden
bekanntlich Vertiefungen gestochen oder geätzt, die
dann mit Farbe angefüllt werden. Beim Holzschnitt

hingegen werden die hell bleibenden Stellen fort-
geschnitten, während man die stehengebliebenen Er-
höhungen zum Drucken mit Farbe überwalzt. Solcher-
weise werden diese Platten vorbereitet, umständlich
und mühselig. Bei der Lithographie ist es nun
anders, bequemer.
Die Steinplatte bleibt nach wie vor glatt. Aber
durch Einwirkung von Fett und Säure erhält ihre
Oberfläche Stellen, welche beim Druck färben und
solche, die das Papier weiß lassen. Und nun kommt
ein Hauptvortheil dieses Verfahrens. Das was Sie
zeichnen, sieht nämlich auf dem Papier gedruckt just
so aus, wie es auf dem Steine aussah, genau wie
Sie es haben wollen, so zeichnen Sie es hin. Das ist
bei jenen andern graphischen Künsten keineswegs der
Fall; vorstellen kann sich ein sehr erfahrener Tech-
niker das Resultat auch hier allerdings, aber sehen
kann er's nicht und der Anfänger am wenigsten.
Und endlich das Stechen und Schneiden — wie müh-
sam, wie anstrengend! Um wie viel bequemer, an-
genehmer ist doch das einfache Zeichnen auf der
Steinplatte.
Sie fragen mich, was Sie zu dieser lithographischen
Arbeit brauchen. Hier lesen Sie die Antwort:
H Einen gekörnten Stein. 2. Ein Stück Pausepapier
(Pflanzenpapier) und Pausestift. 3. Einen gewöhn-
lichen Tisch, ch Ein Handbrett oder einen Hellen
reinen Wollflanell. 5. Themische (fettige) Zeichen-
kreide in runden Stiften und Platten. 6. Themische
Tusche, Tuschnapf und Zeichenfeder. 7. Ein oder
einige scharfe Messer oder Schaber. 8. Einen Gänse-
kiel oder eine Hasenpfote zum Abfegen des Steines.
Zu bekommen sind diese Sachen zum Theil leih-
weise bei einem befreundeten Drucker, welcher hernach
den Druck der Platte besorgt. Oder man kauft sie
in guten Künstlermagazinen. Der Stein ist Solnhofer
Kalkschiefer, Sie nehmen einen aschgrauen von Heller
Farbe; er ist in vielen Größen vorräthig, aber
nehmen Sie die Platte nicht zu klein, rund herum
5—sO Tentimeter größer als die Bildfläche sein soll,
es genügt allerdings beim Drucken 2—3 Tentimeter
Rand, doch giebt eine größere Fläche Gelegenheit zu
Zeichenversuchen. Der Stein soll gekörnt sein; ein
Schleifer, den der Drucker oder Steinhändler angiebt,
wenn er es nicht selbst übernimmt, besorgt das.
Ehedem machten Zeichner und Künstler diese Arbeit
eigenhändig, und zwar folgendermaßen:
Der Stein kommt auf einen schlechten Tisch, die
Zeichenseite nach oben, es wird darauf gesiebter Sand
dünn gestreut. Dieser Sand ist nach Nummern sortirt
käuflich. Sodann gießt man Wasser über den Sand
und deckt einen kleineren Stein darauf. Dieser wird
nun in kurzen Drehungen auf dem größeren, immer
wieder benetzten Steine geschliffen. Auf diese weise
wird letzterer gekörnt, wobei man auch seine Ecken
nicht vernachlässigen darf, sodaß jeder Punkt der
Steinoberfläche gleichmäßig behandelt wird. Je
 
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