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Die Kunst-Halle — 1.1895/​1896

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Nr. 18
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Allg. Deutscher Kunstgewerbetag
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Eine Portät-Ausstellung
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Helwich, Heinz: Dillmann'sche Glasgemälde
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280

>^8 Die Run st-Halle.

Nr. s8

in gar keiner Beziehung weder zum Neichthum noch
zur Einfachheit der Rtöbelformen, wie allein unser
Berliner Groschkus mit seinen opulenten Erzeugnissen
beweist; und prahlen läßt sich — aber das ist frei-
lich echt englisch — ebensowohl mit gesuchter Ein-
fachheit. Jener Hinweis Hoffacker's auf eine größere
Festigung der nationalen Eigenart fassen viele
unserer zwar nicht gelehrten, aber schöpferischen Ver-
treter des Faches wohl anders auf, als die heute den
englischen Geschmack predigenden Doktrinäre des
Runfthandwerks. Und diese Gegnerschaft kunstgewerb-
licher Kreise hat sich äußerlich durch die leider relativ
schwache Betheiligung an dem Kunstgewerbetag kund-
gegeben.
Der zweite Vortrag des Tages, den der Bibliotheks-
chef des Kunstgewerbemuseums, Vr. Jessen, hielt, be-
handelte ein schon beliebt gewordenes Thema, näm-
lich die wiederholt aufgeworfene Frage, wie das
Naturstudium für das deutsche Kunstgewerbe zu
fördern sei, und zwar mit vieler Eachkenntniß. —
Rasch erledigt wurden dann einige, von den Ver-
einen zu Pforzheim und (Quedlinburg zur Verhand-
lung gestellten Fragen und Anregungen, indem man
ihre ausführliche Formulirung durch die Vertreter der
beiden Vereine empfahl und einer Ueberweisung der
Ausarbeitung an den nächsten Delegirtentag zustimmte-
Um die Rkittagsstuude des dritten Tages hörten
die Kongreßtheilnehmer im Auditorium des Themie-
gebäudes der Ausstellung in Treptow noch einen
Vortrag des Architekten Hosfacker über die Ge-
staltung der Berliner Gewerbe - Ausstellung. Ein
Festbankett bei Adlon öc Dressel bildete daraus den
Abschluß der Zusammenkünfte der Theilnehmer an
dem diesjährigen Kunstgewerbetage.
V. -ä.


Erne PortraL-Nusstellung.

ED ns Südtirol wird uns geschrieben: Der Museum-
verein in Bozen veranstaltete kürzlich zu Guusten
des Denkmals für den tiroler Befreiungskämpfer
Peter Mayr eine Ausstellung, über die es sich verlohnt,
einige Morte zu sagen. Nicht als ob sie besondere künst-
lerische Offenbarungen geboten hätte, Meisterwerke von
Größe und Reife oder kühne Neuheit suchender Jugend.
Sie enthielt reinküustlerisch nicht einmal viel Interessantes,
bis ans die zahlreichen Merke des merkwürdigen alten
tiroler Malers Knoller. Aber der Gedanke der Ausstellung
war gut. Es war eine örtliche Porträt-Ausstellung
von frühester Zeit her bis auf die Gegeuwart. Man sah
die Ahnengallerie der Stadt Bozen mit einem bischen Bo-
zener Gegenwart als Zugabe. Da hatte mau Aulaß zu
allerlei Betrachtungen. Ich sehe hier davon ab, wie inter-
essant es war, zu beobachten, wie der gewisse deutschsüd-
tiroler Gesichtstypus zu allen Zeiten der gleiche gewesen zu

sein scheint, wie zumal der Gesichtsausdruck gewisser Stände
hier sich durch die Folge der Zeiten gleich geblieben ist, so
daß man bei den Bildnissen von Grdensgeistlicheu, da hier
die Mode nicht verändernd auf die Tracht gewirkt hat, oder
bei den Bildnissen von Bauern, in den gleichfalls gleich
gebliebenen Gewändern, oft in Zweifel sein kann, ob man
Leute von heute oder von vor ein paar hundert Jahren
vor sich hat. Ich will auch nur audeuten, wie anregend es
war, zu beobachten, wie die jeweilige Zeitstimmung sich in
dein Gehaben der porträtirten und in der Auffassung der
Porträtirenden bemerkbar macht. Hindeuten möchte ich nur
auf eines: wie künstlerisch im Grunde, bei aller einzelnen
Mangelhaftigkeit, die Porträts der früheren Zeit waren,
und welch ein Abfall sich in den Erzeugnissen der neueren
Bildnißkunst bemerkbar machte. Gerade dadurch, daß in
den alten wie neuen Merken keine Meister, sondern nur
tüchtige Gesellen zu dem Betrachter sprachen, wirkte dieser
Umstand typisch. Der grimmige Abfall zeigte sich von der
Zeit ab, die uns das Lichtbild brachte. Von da ab werden
die Bildnisse mit wenig Ausnahmen leer und nichtssagend.
Es ist keine Künstlerlust mehr in den Bildern, blos eine
schwere Angst, genau zu sein. So kriegen sie den Zug des
Philisterhaften, Bänglichen, Kleinlichen. Und damit fehlt
jeder Verlauf eines Stils. Nichts zielt mehr auf irgend
einen zufammenfaffenden Ausdruck hin, fei es der pathetische,
wie er in den Ritterbildern steckt, oder der idyllische, oder
der sentimentale, oder der biedermeierische, sondern immer
ist nur das eine Bestreben merklich, etwas zu bieten, das
sich an Aehnlichkeit mit einer Photographie messen kann.
Dadurch tritt das farbige Llemeut fast völlig zurück, das
sich in den allerneuesten Porträts wieder ein wenig hervor-
wagt. So ist der schließliche Ausblick immerhin tröstlich.
Für ganz große Städte ist eine Ausstellung wie die
Bozener kaum möglich, aber sie verdiente in mittleren Städten,
bis zur Größe vou Nürnberg etwa, wohl nachgeahmt zu
werdeu. Auch müßten örtliche Porträt-Ausstellungen, auf
gewisse Stände beschränkt, sehr anregend sein. Eine Ber-
liner Militär-Porträtausstellung etwa, die direkt einen Ein-
blick in die Psychologie des preußischen Militarismus' ge-
währeu müßte.
0. ll. N
DMmann'sche Glasgemalde.
Vou Heiuz Helwich.
Meimar, im Mai.
^ln Weimar findet gegenwärtig eine Ausstellung viel-
farbiger Glasbilder, die durch Aetzuug von Ueberfaug-
gläsern erzeugt wurden und zwar vou der Berliner Firma
A. Thorudicke, die Beachtung der Kunstkreise. Dieses durch
deu Maler G. Dillmann in München erfundene Aetz-
verfahren, welches eigentlich nur die kousequeute Erweite-
rung und Verfeinerung eines schon längst bekannten, in der
Technik allgemein gebräuchlichen Verfahrens ist, darf man
wohl als epochemachend für die Herstellung von Glas-
bildern bezeichnen, da es nicht nur ermöglicht, in verein-
fachter Arbeit alle Wirkungen der alten, echten Glasmalerei
hervorzubringen, sondern auch ganz neue Gebiete für die
Glasmalerei eröffnet.
 
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