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Die Kunst-Halle — 1.1895/​1896

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Nr. 14
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Feld, Otto: Die Pariser "kleinen Salons", Schluss [2]
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Seidl, Arthur: Dresdner Kunstbrief
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https://doi.org/10.11588/diglit.62512#0249

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Nr.

°-^8 Die K u u st - H a l l e. g»-°

2s5

(Der neueste eüie hat nämlich aus dem Firnißtag einen
Firniß ab end gemacht, vermuthlich weil das künstliche Licht
für die Bilder, die Toiletten und, was das wichtigste ist,
für den Teint der Besucherinnen kleidsamer ist). Man sah
die entzückendsten Frauen in den entzückendsten Toiletten,
es war so voll, wie das Konnte es sich nur wünschen konnte,
so voll, daß man eine Viertelstunde brauchte um die niedrige
Treppe bis zum Eingang zu erklimmen, so voll, daß es
zum Ersticken heiß war, so voll, daß man von den Bildern
nichts zu sehen bekam, was hie und da doch recht schade
war, wie sich bei einem späteren Besuch herausgestellt.
Denn wenn auch weder die „Aartoffelernte" von Bastien-
Lepage, noch sein „Schmied", noch feine Porträts Sarah
Bernhardts und Andrieux's neu find, fo mußte man doch
hier von Neuem den großen Todten bewundern, auf den
viele von den Jüngsten schon jetzt mit Naserümpfen herab-
schauen, obwohl sie alle auf seinen Schultern stehen. Das
ist nicht mehr die Kunst von heute! sagt man. Nag sein!
Aber neben dem Merke eines großen Bahnbrechers ist es
die Kunst des großen Malers, dessen „Mittagrast" z. B.
noch lange, lange leben wird, wenn die Herren Symbolisten
u. a. längst wieder zur verdienten Ruhe eingegangen sein
werden.
von den Lebenden gebührt in der Ausstellung die Halme
unstreitig Fritz Thaulow, dessen „mondlicht beschienene
Straße" eine Meisterleistung ist. Tief im Ton, farbig
leuchtend, mit ausnehmend feinen Valeurs und dabei breit
und groß hingeschrieben. Seine „A^lise Zkänt - ckaognes ü
Dieppe", die ähnliche Wirkung anstrebt, fällt ein bischen
auseinander und der gleichfalls ausgestellte „Bach" ist —
der Meister mag mir's verzeihen — ein Kitsch. Harrison
ist gar nicht glücklich vertreten, ebensowenig diesmal Henri
Martin. Auch Brangwyn hat schon anderes geschaffen, als
was er hier gebracht. Sehr hübsch sind die Studien des
Dänen Baertson. von den französischen Ausstellern sind
die kräftigen Bilder Lottet's bemerkenswert^ neben den
poetischen Arbeiten von Levy-Dhurmer, einem jener „artiste
äs käme", über die man hier jetzt so gern spottet, und meist
mit Recht. Aber wie wenige von dieser: Seelenmalern sind
auch solche Maler wie dieser! — Deutschland ist, soweit
ich gesehen, in dieser internationalen Ausstellung wieder
einmal nicht vertreten. —
Klein, aber voll Geschick, war der Salon der Aqua-
rellisten. Das einzig wirklich bemerkenswerthe Bild schien
nur „Kg, Toilette äs Ig, Asins" von Rochegrosse, das alle
kompositionellen und koloristischen Vorzüge dieses Meisters
zeigte . . . Groß, aber voller Langweile, der Salon der
„veintres orientalistes trau^ais". —
Aber reden wir von etwas Interessanterem, reden wir
von Madame Eugene Manet, oder wie sie mit ihrem Künstler-
namen hieß — von Berthe Morison, von der zur Zeit
ganz Haris spricht, deren „äeune kemms sn toilette äs bat"
das Luxembourg erworben und deren nachgelassenes „Werk",
363 Nummern stark, von den Freunden der vor gerade einem
Jahr verstorbenen, von Degas, Renoir und Manet, bei
Durand-Ruel zu einer Ausstellung vereinigt ist. Madame
Berthe Morison war ein malerisches Talent, aber war sie
das Genie, für das sie alle die gedruckten Lobhudeleien —
selbst Gustave Geoffroy, der sonst so kühle, schwelgt — aus-
gegeben? Nein! — Sie war eine begabte Frau und alle
die Vorzüge des weiblichen Geistes finden wir in ihrem
Werke. Temperament, Grazie, einen gewissen (weiblichen)

Geschmack und rasches intuitives Erfassen. Das alles zu-
sammen mit einer flotten Vortragsweise giebt ihren Bildern
in der That einen gewissen Reiz, einen Reiz, der für eine
flüchtige Betrachtung ausreicht, der aber völlig verschwindet,
sowie man versucht genauer sich mit dem Werke vertraut
zu machen. Dann zerflattert alles in der Luft. Man sieht
die mangelhafte Zeichnung, man sieht die Unsicherheit in
der Formengebung, die hinter einer gewissen Breite der Be-
handlung sich zu verbergen sucht, inan wird gestört durch
das Fehlen der Valeurs und vor Allem durch den Mangel
einer eigentlichen Suggestionskraft, die in jedem Bilde, und
in so einem impressionistischen am allerstärksten, enthalten
sein muß. Ein empfindliches nervöses Auge hat die Natur
gesehen, aber der Blick hat nur gestreift, und die Hand, die
dieses Augenblicksbild festhalten sollte, war nicht sicher, nicht
fest genug, das flüchtig Geschaute nun wirklich festzuhalten.
Kaum gesehen, vergißt man schon wieder diese liebens-
würdigen kleinen Aperqus, die für einige Sekunden uns
ein beifälliges Lächeln erzwingen, die allerliebst sind mitten
in dem munteren Geplauder einer liebenswürdigen Frau,
die, niedergeschrieben, kaum noch wirken. Es steckt bei aller
Begabung ein gewisser Dilettantismus in diesen Bildern,
ein Dilettantismus, der nicht ein Gewolltes vollbringt, sondern
ein zufällig entstandenes Reizvolles als willig hinnimmt.
Ls fehlt die sichere Schulung, das positive Können, das
keinem nöthiger ist als dem Impressionisten und das die
Schwägerin Ed. Manet's und Schülerin Monet's sich zu er-
werben vergessen, weil man die talentvollen versuche der
liebenswürdigen feinsinnigen Frau zu früh als vollwerthige
künstlerische Zahlung angenommen. So ist sie uns das
letzte, beste schuldig geblieben, und alle die Kinder, die
blassen schlanken Mädchen, die hinträumenden Frauen, die
sie immer und immer wieder giebt, führen nur ein Schein-
leben in der farblosen Sonne, in der sie sie gesehen, in den
dämmerigen Salonwinkeln. Die ewige Wiederholung des
einen silbergrauen überhellen Schattentons, den sie für alle
Lichtnuancen hat, ermüdet, und wenn es ihr auch gelingt,
hie und da einmal ein paar Helle Farbenflecke reizvoll zu-
sammen zu stimmen, diese Skizzen werden fast nie zu einem
Bilde, einem Ganzen, einem Werk aus einem Guß, das
nur so und nicht anders sein könnte.
Daß man diese ganze Zahl von Arbeiten ziemlich wahl-
los zu einem Ganzen vereinigen wollte, scheint mir nun
vollends kein Liebesdienst zu sein, den man der Verstorbenen
erwiesen. Denn so hübsch sich diese oder jene Arbeit als
freundlicher Farbenfleck, einzeln unter andere Bilder gehängt,
ausnehmen mag, die Gesammtheit ergiebt ein traurig
stimmendes Resultat aus einem hübschen Wollen aber un-
zureichenden Können.
L

Dresdner Runstbrref.


an möge künftig doch lieber Maueranschlag
statt Hlakat sagen, denn die Worte Plakat
und Plagiat ähnelten sich zu sehr." Mit

diesen Worten leitete Graf Vitzthum-Lckstädt unlängst
einen Vortrag ein, den der Assistent am hiesigen Kgl.
Kupferstichkabinet, Herr Vr. Jean Louis Spousel,
 
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