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Die Kunst-Halle — 1.1895/​1896

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Nr. 16
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Galland, Georg: Post festum
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Stahl, Fritz: Die Internationale Kunstausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.62512#0281

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Nr. s6

--^5 Die Kunst-Palle. s—-

2^5

auch die Jubiläumsausstellung des Jahres ^896 einen
Markstein bilden für die geeignete Entwicklung der hohen
Kunst/' —
Geheimrath p. Ende dagegen entwarf in kurzen
Sätzen ein klares Bild der wechselvollen Entwicklung
unserer aus relativ bescheidenen Anfängen erwachsenen
Akademie. Nur einmal erschien das Matz der Loyalität
für den Präsidenten einer künstlerischen Körperschaft
doch etwas zu voll, als er die hohe Person Kaiser
Wilhelms, die doch im parlamentarischen Redekampfe
taktvoll geschont wird, mitten in den Kamps der
heutigen künstlerischen Richtungen hineinzog und den
Satz riskirte: „Wenn augenblicklich eine tiefgehende
Bewegung in der Künstlerschaft sich geltend macht
und weitgehende Neuerungen in Auffassung und
Technik erstrebt werden, so vertrauen wir, daß mit
Ew. Majestät Einwirkung diese Bestrebungen sich
abklären und zu schöneu Erfolgen führen werden."
Diese liebenswürdige Redeblume kann wohl nicht
allzu ernst gepflückt worden sein. Denn wenn man
so stark aus eine Einwirkung des Kaisers auf die
gegenwärtigen Bestrebungen der Maler und Bild-
hauer pocht, so konstruirt man damit zugleich einen
noch schrofferen Gegensatz zwischen den Künstlern,
welche diese angenehme Einwirkung verspüren und
solchen, welche durchaus nicht, wie es der Kaiser so
sehnlichst wünscht, an den „überlieferten Idealen"
sesthalten, vielmehr um so hartnäckiger an ihren
„neuen Idealen", die sie für mindestens ebenso be-
rechtigt halten, schon weil zu deren Pflege mehr
Gpsersreudigkeit und wirklicher Muth gehören. . .
Das künstlerische Glaubensbekenntniß Kaiser Wil-
helms verdient unter allen Umständen achtungsvolle
Würdigung. Der Kenner der Verhältnisse weiß
übrigens, daß es demjenigen Ludwigs XIV. sehr
nahe steht, der ganz gewiß ein Fürst von edlem künst-
lerischen Geschmack war, einst aber jenen berühmten
scharfen Ausspruch gegen die „umAots" der nieder-
ländischen Genremaler that. Es wäre noch immer
ein Verdienst, an Allerhöchster Stelle ehrerbietigst zu
erinnern, daß — wie die Kunstgeschichte lehrt — nicht
der Kothurn der französischen Akademie, sondern der
Socous jener nm^nts mehr recht behalten hat.
Die InLernstronale Kunstausstellung.
Von Fritz Stahl.
(T^Ln zwei Dingen weicht die diesjährige von den
SA) gewöhnlichen Berliner Ausstellungen ab: sie ist
international und hat eine historische Abtheilung.
Damit sind zwei Versprechungen gegeben: uns zu
zeigen, wie die gegenwärtige Kunst zur Vergangen-

heit steht, wie sie als Glied der Entwicklung sich ver-
hält und welche Ziele die Schaffenden bei den ver-
schiedenen Völkern anstreben oder erreichen. Und wir
werden wenigstens versuchen, trotzdem gerade aus
dem Gebiete der Kunst das Prophezeien doppelt ge-
wagt ist, die künstige Richtung zu errathen.
Eine Besprechung, die der Ausstellung gerecht
werden will, muß, scheint mir, von dieser ihrer Eigen-
art ausgehen, muß die Veranstaltung an dem Maß-
stab ihres Programms prüfen, muß die Lehren Zu
verstehen suchen, die sie geben will. Dann mag der
übliche kritische Nundgang folgen, der dem Einzelnen
sein Recht giebt.
q:
In der historischen Abtheilung sind Werke von
früheren und augenblicklichen Mitgliedern der Ber-
liner Akademie ausgestellt. Darunter sind natürlich
Notabilitäten, die allen Akademien der Welt ange-
hören und die mit dein Berliner Kunstschaffen ins-
besondere garnichts zu thun Habei:, wie Böcklin. Da-
gegen fehlen Künstler, die recht eigentlich draußen in
der Welt als Vertreter der Berliner Kunst gelten,
weil sie der Akademie nicht angehöreu, wie Mar
Liebermann. Es sind Bilder da, die nicht da sein
dürften, wenn die Ausstellung eine spezifisch Ber-
linische sein sollte, und es fehlen andere, die in diesem
Falle unter allen Umständen da sein müßten. Davon
aber, daß auch diese Ausstellung eine internationale
sein sollte, ist noch viel weniger die Rede, sie ist nicht
einmal eine allgemein deutsche. Nicht nur erhebliche
Künstler, ganze wichtige Richtungen fehlen gänzlich.
Kurz, da die Zugehörigkeit zur Berliner Akademie
eine sachliche Bedeutung für den Künstler nicht hat,
so hat auch diese Abtheilung nicht einen bestimmten
Tharakter: sie ist mehr das Ergebniß von Zufällig-
keiten. Wodurch natürlich nicht ausgeschlossen ist,
daß sie höchst interessante und werthvolle Kunstwerke
enthält.
Trotzdem giebt die Abtheilung Anlaß zu mancher-
lei Erwägungen über das Schicksal der Kunst in
Berlin.
Es kommt einen: recht zum Bewußtsein, was
man lange nur wußte: aus wie jungen: Kulturboden
wir eigentlich stehen. Noch zu des alten Fritzen Zeit
mußten künstlerische Kräste für irgend erheblichere
Aufgaben aus den: Ausland herbeigeholt werden.
Nur die anspruchslose Kunst der Nadirung fand in
den: trefflichen Thodowiecki einen einheimischen Ver-
treter. Ein wirkliches Bedürfniß aber bestand eigentlich
nur bei den Fürsten und den: engsten Kreise: so kam
es, daß ein Künstler wie pesne hier wirken konnte,
ohne Schule zu machen. Alle Keime gingen auf den:
dürren Boden wieder ein. Was erreicht wurde, war
wesentlich, daß die pohenzollern schließlich immer
einen Posmaler hatten, der Paraden oder ähnliches
trocken und kunstlos schildern konnte. Vb er Schoppe,
Krüger oder Werner hieß, war für die Sache an sich
 
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