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Die Kunst-Halle — 1.1895/​1896

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Nr. 20
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Paris 1900
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Kunstchronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.62512#0361

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Nr. 20

-»-H Die Kunst-Halle.

3H5

größeren die,er beiden Paläste als Stätte einer internatio-
nalen Kunstausstellung mit retrospektivem Lharakter sür
sämmtliche künstlerischen und kunsthandwerklichen Fächer be^
nutzen. Man beabsichtigt also eine Art Lentenarseier der
bildenden Künste Europas, eine pariser Kunstausstellung
des Jahrhunderts mit Vorführung aller wichtigen Kunst-
epochen und der ausgezeichnetsten Hervorbringungen der
internationalen Kunstkräste. Dieses Gebäude soll mindesteus
HO Tausend Quadratmeter benutzbaren Flächenraum ent-
halten.
Nach (900 soll dieser Palast unter dem Namen „Dos
8ulon8 g,nnuol8 Ü68 boaux urt.8" eine Vereinigung
der beiden bisher getrennten pariser Ausstelluugslokale des
Marsfeldes und der Obamps Klysöes bilden. Einer der
Säle soll auch für Konzertaufführungen bestimmt sein.
Der kleinere Palast wird im Jahre ^900 die Entwick-
lung der nationalen Kunst vor Augen führen, um
später vielleicht dauernd musealen Zwecken zu dienen. Er
soll nur 7 Tausend (Quadratmeter benutzbaren Flächenraunr
enthalten. Beide Bauten müssen so angelegt werden, daß
sie den Fernblick nach dem Westen der Hauptstadt nicht
beeinträchtigen. Als Baukosten sind ;6 Millionen Franken
für das größere, H Millionen für das kleinere Gebäude
festgestellt worden, in welche Summen aber nicht die Kosten
für die Ausschmückung der Umgebung und der Zugänge
einbegriffen sind. Die Wettentwürfe mußten schon bis zum
H. Juli dieses Jahres abgeliefert sein.
Zur Beurtheilung der eingesandten Arbeiten hat der
französische Minister, unter seinem Vorsitz, eine aus H7 Mit-
gliedern bestehende Jury, die aus Autoritäten aller künst-
lerischen und technischen Fächer besteht, vereinigt. Ls sollen
je fünf Preise, also im Ganzen zehn Preise, in der Ge-
sammtsumme von so ooo Frks., vertheilt werden und zwar
(5 ooo Frks. für den ersten Sieger im größeren Wettbewerb,
sooo Frks. für den besten Entwurf der andern Konkurrenz.
6. 0.


KtuHlchronlk.
* Berlin. Bei Schulte befindet sich eine Sammlung
von Fächern, die in ihrer großen Mehrzahl den Namen
bedeutender Maler tragen und wohl aus der bekannten
Konkurrenz stammen. Gerade im Hinblick auf die Bedeu-
tung der Künstler ist es so merkwürdig, daß eigentlich wenig
Erfreuliches zu finden ist. Man hätte noch zu viel gesagt,
wenn man meinte, daß die Meisten die Aufgabe durchaus
nicht richtig erfaßt haben; die Sache liegt vielmehr so, daß
sie sich gar nicht bewußt waren, einer eigenartigen Aufgabe
gegenüberzustehen. Ich bin überzeugt, daß schon heute ein
solches Mißkennen des Dekorativen gar nicht mehr möglich
wäre, ein solcher Realismus trotz allem. So hat Baisch
eine Heuernte gemalt; der mit zwei prächtigen Gchsen be-
spannte wagen, hochbeladen, nimmt einen großen Theil der
Fläche ein. Bei einein Gebrauchsgeräth und das bleibt
doch der Fächer auch, wenn ihn Künstlerhand geschmückt
hat — ist wohl die Frage erlaubt, ob auch der fanatischste
Agrarier der Gattin einen so bemalten Fächer kaufen wird.
Aber nicht nur das Motiv erscheint unmöglich, sondern auch
die schwere realistische Behandlungsweise, die zu dem leichten

Instrument nicht paßt und ein schmückendes Spielen mit
der Farbe unmöglich macht, wenn irgendwo sollte hier
den Maler vom Farbenfleckcn ausgehen und das Gegen-
ständliche in den Hintergrund drängen, daß es beim halben
Zusammenlegen wie unter den Falten des Gobelins ohne
Schaden theilweise verschwinden kann. Das paßt auch aus
die Fächer, die nicht so derb und deutlich ein ganzes Stück
Wirklichkeit zeigen, wenn z. B. auf Simm's Arbeit der
Witz darin besteht, daß zwei paare, ein altes und ein
junges, eine Amorstatue mit so verschiedenen Gefühlen an-
schauen, so wird auch zum Verständniß der Anblick des
völlig aufgeklappten Fächers, der seltenste und fast unnatür-
liche, verlangt. Ls scheint, als ob bei der Trennung
zwischen Kunst und Gewerbe die Künstler, zu solchen Ar-
beiten herangezogen, glauben, mehr durch die Größe der
Leistung an sich als durch den auf das Besondere angewen-
deten Geschmack, ihre höhere Stellung meinen betonen zu
sollen. Sie vergessen, daß dann gerade der feinste Ge-
schmack die Arbeit des Handwerkers verziehen müßte. Der
beste Fächer ist keineswegs der Fächer mit dein besten Bilde.
And nach den hier vorliegenden Arbeiten von Baisch,
Kallmorgen (wiese mit Blüthenbäumen), Meckel (orien-
talische Motive), muß man fast das Gegentheil behaupten.
Die sonst für uns nicht so hochstehende ältere Schule hat in
ihrer größeren dekorativen Gewandtheit schon etwas voraus,
wie Pappe ritz u. a. beweisen. Am besten gefielen nur
die Fächer von Schumtzler mit der frei heraufgesetzten
Pierrotszene, von Kanoldt mit den in Rokkokorahmen ein-
geschlossenen Genreszenen, und von Koppay mit einer
humoristischen Mythologie. — Allers' Serie „Lrinnerungen
an Bismarck" zeigen in furchtbarer Treue und Sorgfalt
Hunderte der gleichgiltigsten Menschen aus aller Herren
Länder, als ob es Jemanden irgendwie darstellungswürdig
mache, daß er in Friedrichsruh im Fackelzug mitging. —
Unter den Bildern sind besonders interessant ein paar kleine
Arbeiten von Dall' Mea Bianca: ihr Reiz liegt in der
sarbenprächtigen frischen Wiedergabe der Impression. Lin
Bartels, ein samoser Pradilla und ein kleines Stillleben
von L. Adam Kunz verdienen Erwähnung.
l?. 8t.
?
Berlin. Von der Internationalen Kunst-Aus-
stellung. Nachträglich eingereiht wurde A. Böcklin's
neuestes Gemälde „Iagdzug der Diana" und zwar in eins
jener Seitenkabinette, welches den Schweizer Künstlern als
Abtheilung dient. Das längliche Bild ((,50:0,75 m) ist in
Wirklichkeit eine für Böcklin sehr helltönige Landschaft aus
der Umgebung von Fiesole bei Florenz, wo der Meister be-
kanntlich in seiner Villa lebt. Die mythologische Staffage
ist sehr flott und klein in die köstliche landschaftliche Szenerie
hineingefügt. Man sieht einen hügeligen Waldsaum, auf
dessen Boden sich eine «Duelle zwischen moosbedeckten Steinen
herabschlängelt und aus dessen Dunkel Rothwild, Nymphen
und Jagdhunde in's üppig bewachsene Thal hineineilen.
Man kann nur bedauern, daß das Gemälde nicht vortheil-
haster aufgehängt wurde. — Im park der Ausstellung steht
jetzt eine verkleinerte Nachbildung der Hundrieser'schen
„Berolina" von 2,35 m Höhe; die Bronzefigur ist an ihren
Gewandtheiten patinirt. — Die Ziehung der Lotterie findet
vor Schluß der Ausstellung am (0. und September statt.
Die ausgegeben zwei Serien umfassen 200000 Loose, darunter
H200 Gewinne im Gesammtwerthe von ((6 ooo Mark. Als
erster Hauptgewinn der Serie I sind drei Gemälde be-
stimmt: Das Kriegsgenrebild „Gefangen" von A. v. Werner,
der „Lebensfrühling" von Ludwig Dettmann und das Herbst-
bild „Stehendes Gewässer" von Filiberto Petiti-Rom. Die
 
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