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Die Kunst-Halle — 1.1895/​1896

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Nr. 4
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Berliner Kunstchronik
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Allgemeine Kunstchronik
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60

Die Kunst-Palle.

Nr.

Theilnahine hervorgerufen. Man beginnt schon sein thurm-
hoch gelegenes kleines Atelier in der Schöneberger Vorstadt
auszusuchen und ihm die pand zu drücken. Man wird auch
bald von ihm kaufen, wenn erst die trüben Schlacken seines
Talentes abgestreift sein werden. Sicher ist schon jetzt, daß
er genau weiß, was er will. Für solche kräftig-zähen
schöpferischen Künstlerjünglinge ist der Naturalismus noch
stets der rechte weg zur ersten Selbstständigkeit gewesen,
ein sehr geeignetes Revier — wie für den Adlerflug die
rauhe Luft des Pochgebirges. Schwache Seelen mögen sich
in anderer milderer Atmosphäre wohlfühlen. Starke Na-
turen aber müssen sich leidenschaftlich austoben. Tin Maler
wie Baluschek, dein selbst noch so wenig wärmende, liebende
Sonne in's Perz geleuchtet, der von früh bis spät grübelt
und unbelohnt schafft wie ein Märtyrer, sieht kein Glück,
keine Schönheit um sich auf Erden. Er nmlt u. A. den
Arbeiter, der auf rußigen Kohlenplätzen oder in den Tret-
mühlen der modernen Industrie verblödet, bei sinkender
Sonne davontrottet wie ein Thier, um seine armselige pütte
oder die Schenke aufznsuchen, erwartet von seinen Mildern,
zerlumpten Knaben oder halbwüchsigen Mädchen, auf deren
mageren Gesichtern bereits ein verfrühtes Dirnenlächeln
glänzt. Unser Kunstblatt ist ein nach einer Pastellzeichnung
hergestellter sog. Kohledruck aus der renommirten Kunst-
anstalt von Karl Packer, Berlin NW., Unter den
Linden 29.
* Die Kunstdeputation der Stadt Berlin hat
über die Verwendung ihres Fonds für t8Z6 Beschluß ge-
faßt. Der Koppenplatz erhält eure Marmorgruppe, der
Andreasplatz eine Marmorbank, vor den Städtischen Wasser-
werken wird eine Büste Gill's aufgestellt. Ueber alle diese
Dinge wird man erst urtheilen können, wenn sie fertig sind-
Unter den anderen Beschlüssen ist freudig zu begrüßen eine
Konkurrenz um große Masten zur Beleuchtung des Platzes
vor dein Brandenburger Thor. Die Deputation folgt da-
mit einer oft gegebenen Anregung, ihre Mittel in den
Dienst einer künstlerischen Durchführung nothwendiger Auf-
gaben zu stellen. Nur so kann etwas wirklich Fruchtbares
geschehen, weniger glücklich ist die Idee, für die Jubiläums-
ausstellung Geldpreise zu stiften. Das Beispiel venedig's
hätte davon zurückhalten sollen. Der natürliche weg, die
Kunst zu fördern, ist Kunstwerke anzukaufen. Ein solcher
Ankauf durch eine städtische Jury erbebt den Künstler, ein
Geldpreis drückt ihn herab, vielleicht ist es möglich, den
Beschluß dahin abzuändern: für das ausgesetzte Geld Bild-
werke zu kaufen und in öffentlichen Gebäuden aufzustellen.
Der Antrag ist übrigens zunächst vom Magistrat abgelehnt
worden. — Der Antrag, einen Ehrcnpokal für die Stadt
fertigen zu lassen, wurde abgelehnt. Dazu ist wohl auch
der Fonds nicht da, das kann die Stadt aus anderen Mitteln
bestreiten.
s Menzeliana. Der Verein Berliner Künstler hat
in seiner November-Pauptversammlung einstimmig beschlossen,
zur Feier des achtzigsten Geburtstages Adolf Menzel's
ein größeres Fest zu veranstalten. Das Fest, an den: auch
Damen sich betheiligen werden, soll am Geburtstage des
Meisters, den 8. Dezember, in den Räumen des Kroll'schen
Etablissements stattfinden. — Uebrigens hat Adolf Menzel
während feines diesjährigen Aufenthalts in Kissingen eine
Griginalradirung vollendet, die als Unterschrift die Worte
„Das Letzte!" trägt. Dargestellt ist eine arme Frau, die
bei einem Pfandleiher ihren letzten Ring versetzt. Das

Blatt wird in dem nächsten Pest des Vereins für Griginal-
radirung erscheinen.
Die längst geplante Ausstellung der Werke von
Adolf Menzel, Andreas Achenbach und Iulius
Schrader in der Akademie der Künste wird voraussicht-
lich in der zweiten pälste des November eröffnet werden.
Diese drei Senioren der Akademie vollendeten resp. voll-
enden ^895 ihr achtzigstes Lebensjahr.
* In der Nationalgalerie wird der Nachlaß des
berühmten Thiermalers Albert Brendel, des „Schaf-
Brendel", zur Ausstellung gelangen. Die Sammlung be-
findet sich zur Zeit in der „Ständigen Ausstellung" in
Weimar, wo der Verstorbene lebte und wirkte.
* Die Nationalgalerie hat das Gemälde „Die
Schlacht bei Möckern" von w. Schuch (Dresden) erworben.
Schuch war schon durch ein Bild, seiner Bedeutung gemäß,
in der Galerie vertreten.
* Jubiläums - Ausstellung Berlin t896. Den
Architekten wird die Maschinenhalle zur Verfügung gestellt,
poffentlich gelingt es endlich, das Publikum für diesen Theil
der Ausstellung zu interessiren. Dazu ist aber eins noth-
wendig: mehr Modelle, weniger Bauzeichnungen.
* Als Gegenstück zum Siemens-Denkmal vor der
Technischen Pochschule in Eharlotenburg ist jetzt, statt
des geplanten Denkmals für pelmholtz, ein solches für
Krupp in Aussicht genommen.
* Lin Panorama von Berlin aus dem Jahre ^822
hat die Wittwe des Prof. L. Ens len in Lübeck, der das
Bild gemalt hat, dem deutschen Kaiser zum Geschenk ge-
macht.
Allgemeine Runstchromk.
* Königliche Kunstakademie zu Königsberg
i. pr. Bei Gelegenheit der kürzlichen Feier des so jährigen
Bestehens der Akademie ist eine kleine Monographie der-
selben aus der Feder ihres stellvertretenden Direktors Pro-
fessors vr. Mar Schmidt erschienen, wir entnehmen
diesem Bericht noch die folgenden wissenswerthen Einzel-
heiten. Die unmittelbare Vorläuferin der akademischen Lehr-
anstalt war eine Knnsthalle, in welcher die Kunstsammlungen
der Stadt und Universität, sowie die Kunstschule ihren Platz
erhielten. Erster Direktor der unter König Friedrich Wil-
helm IV. gegründeten Akademie wurde, nachdem sich die
Unterhandlungen mit pülmer zerschlagen hatten, Ludwig
Rosenfeld er, der durch eine eindrucksvolle Darstellung
aus der Reformationszeit im Jahre t8^s Mitglied der Ber-
liner Akademie geworden war. Rosenfelder organisirte die
Pochschule mit Geschick und trug zur Berufung geeigneter
Lehrkräfte bei, zunächst für Landschaftsmalerei, Perspektive
und Architekturmalerei, Kunstgeschichte und Anatomie; später
traten noch eine Gypsklasse und Unterricht im Kupferstechen
hinzu. Unter den ca. 700 Schülern der Akademie haben
sich nicht wenige einen bedeutenden Ruf erworben, z. B.
Karl Scherres, Emil Neide, Gtto Brausewetter, Pugo Knorr,
Wilhelin Räuber, der Kupferstecher Gustav Eilers und der
Bildhauer Rudolf Siemering. Erwähnt seien ferner der
Kupferstecher R. Mauer, gegenwärtig Inspektor der Akademie,
und von jüngeren Künstlern Louis Eorinth, Fritz Paß, Fritz
Behrendt und Alfred Scherres.
 
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