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Die Kunst-Halle — 1.1895/​1896

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Nr. 23
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Stahl, Fritz: Die Internationale Kunstausstellung: Paris
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Kunstchronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.62512#0414

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362

Die Runst-Halle. k>-^

Nr. 23

Sentimentalitäten schildern, unsere Augen stumpf finden.
Wenigstens, wenn nicht ganz besondere Rraft des
Ausdrucks uns ausrüttelt. Wie bei Anthonisseu
z. B., wo mit der armen Frau in der versallenen
Hütte am Strand die Natur zu weineu scheint. Aber
da ist doch die ganze Szene mehr Staffage, der
Schwerpunkt liegt in der Landschaft, und sie ist nicht
in der Lebensgröße gemalt, die sonst für diese Un-
glücksfälle noch äs ri^utzur zu sein scheint. Die Freude
an der Welt schildert mit hinreißender Kraft Eva-
risse Larpentier's „Sommersonne". Wärterin
und Rind, lang hiilgestreckt im Grase, spielen lustig
mit einer kleinen Ziege, und mit lustigem Flimmern
und Schimmern strahlt blendend die Sonne darauf nieder.
Den Symbolismus vertreten Pf. Leempoels,
der Derbe, und der kränklich-mystische Fernand
Rhnopff. Leempoels nennt sein Bild, das in ästhe-
tischer Hinsicht nicht bedeutend ist: „Re äestin et
IMumunittz". Herr Ratalog, der schon im vorigen
Jahre sich gelegentlich als schlechter Franzose erwies,
übersetzt: „Schicksal und Uäenschenpflicht", es soll
heißen: „Das Schicksal und die Menschheit". Was
der Rünstler mit diesem starren Männerkopf, der im
Nimbus am Himmel steht und nicht einmal einen
Blick hat für die Tausende von Händen, die sich
flehend und drohend, betend und fluchend zu ihm
emporstreckeu, sagen will, das ist am Ende nicht
schwer zu errathen. Es ist die große, aber kalte An-
schauung von einem Gott, für den das Menschen-
gewimmel nichts bedeutet, den unsere Hymnen nicht
erfreuen, unsere Verwünschungen nicht erzürnen. Ich
will nicht gegen die Aufgabe theoretisch polemisiren,
in der Ausführung ist der Rünstler daran gescheitert,
einen Menschenkopf zu dieser übermenschlichen und
unmenschlichen Größe heraufzustilisiren. Es ist etwas
Gewöhnliches, in ganz menschlichem Sinne Unsym-
pathisches darin, weiter nichts. Zn der Tharakteristik
all dieser Hände, die wirklich sprechen, zeigt sich das
große zeichnerische Rönnen Leempoels', das uns auch
in den schon früher bei Gurlitt geseheueu Supra-
porten mit den Schilderungen der menschlichen Thor-
heiten entgegentritt.
Rhnopff ist viel schwerer zu verstehen, richtiger
gesagt: zu empfiudeu, und garnicht zu umschreiben.
Er malt schlanke, kranke Frauen, fremdartige Blumen,
einen antiken Hypnoskopf, dessen Ropfflügel er blau
färbt und von dem er diesem Bilde den Namen giebt,
er malt schwarzen Sammet und blauen. Dieselben
Elemente hat er in seinem Bilde in der Münchener
Pinakothek verwerthet, daß ich als „Verzweiflung"
empfinde. Hier weiß ich gar nichts zu sagen, aber
wenn ich vor dem Bilde stehe, kommt aus all dieseu
blassen süßen Formen und Farben für mich ein eigen-
thümlicher Reiz, schwermüthig und weh wie leise
Rlage klingt es daraus.

Runstchronlk.
* Berlin. Aus Anlaß der Internationalen Kunst-
ausstellung in Berlin bat der Kaiser folgende Auszeich-
nungen verliehen: Die große goldene Medaille für
Kunst dem Maler Iulius L. Stewart in Paris, dem Maler
Evarisse Carpentier in La Hulpe (Belgien), dem Bildhauer
I. Lambeaux, Brussel, dem Bildhauer Gnslow Ford, London,
dem Naler <8. H. Breitner, Amsterdam, dem Naler Pietro
Fragiacomo, Venedig, dem Naler Gtto Sinding, Lysaker
(Norwegen), dem Bildhauer Josef Nyslbek, Prag, dem
Naler Casimir Pochwalski, Wien, dem Naler G. Graf
von Rosen, Stockholm, dem Maler A. Zorn, Stockholm,
dem Maler Joaquin Sorolla Bastida, Madrid, dem Bild-
hauer Augustin Guerol, Madrid, dem Maler Prof. Gott-
hardt Kuehl, Dresden, dem Maler Adolf Lchtler, München,
dein Maler Prof. Karl Narr, München, dem Maler Gskar
Frenzel, Berlin, dem Bildhauer Prof. Ludwig Manzel,
Berlin, dem Bildhauer Michel Lock, Berlin, dem Archi-
tekten Geheimer Reg.-Rath Prof. I. Raschdorff, Berlin.
Die kleine goldene Medaille für Kunst dem Maler
Walter Gay, Paris, dem Maler George Hitchcock, Paris,
dem Maler C. van Leemputten, Brüssel, dem Maler Pierre
I. van der Guderaa, Antwerpen, dem Maler Jean de la
Hoese, Brüssel, dem Maler I. C. Gotch, Newlyn, dem
Maler Henry Woods, Venedig, dem Maler E- A. Waterlow,
London, dein Maler G. w. Joy, London, der Malerin Frau
Laura Alma Tadema, London, dem Maler L. L. Dake,
Amsterdam, dem Maler G. Poggenbeck, Amsterdam, dem
Maler w. Martens, Haag, der Bildhauerin Fräulein M.
Bosch-Reitz, Amsterdam, dem Maler Arturo Faldi, Florenz,
dein' Maler V. Laprile, Neapel, dem Bildhauer A. Ri-
valta, Florenz, dem Bildhauer F. Cifariello, Rom, dem
Maler Hans Heyerdahl, Lhristiania, dein Maler Fritz Thau-
low, Dieppe (Norwegen), dein Maler R. von Gttenfeld,
Wien, den: Maler Eduard Veith, Wien, dein Maler Rud.
Bacher, Wien, dein Maler Hans Templi, Wien, dem Maler
A. F. Seeligmann, Wien, dein Maler Alois Delug, Mün-
chen, dem Maler Carl Moll, Wien, dem Bildhauer Hans
Scherpe, Wien, den: Bildhauer Stefan Schwartz, Wien, dem
Kupferstecher Ludw. Michalek, Wien, dem Maler A. von
Kowalski-Wierusz, München, dem Maler I. V. Salgado,
Lissabon, dem Bildhauer A. Teixeira-Lopes, Villa Nora de
Gaya (Portugal), dem Maler Ilias Repin, St. Petersburg,
dem Maler Victor Simow, Moskau, dem Naler Alexander
von Augustynowicz, Lemberg, dem Maler Wladimir Ma-
kowsky, St. Petersburg, dem Maler Paul Robert, Bienne
(Schweiz), dein Maler B. Liljefors, Upsala, dem Maler C.
Larsson, Stockholm, dem Maler L. Josephson, Stockholm,
dem Bildhauer w. Akerman, Göteborg, dem Kupferstecher-
Ricardo de Los Rios, Paris, dem Maler Jacques Schenker,
Dresden, dem Maler Carl Bantzer, Dresden, dein Bild-
hauer Erich Hoesel, Dresden, dem Maler Carl Becker,
Düsseldorf, dem Maler Hans Bachmann, Düsseldorf, dem
Maler Willy von Beckerath, Düsseldorf, dem Maler Hans
Petersen, Düsseldorf, dem Maler Kaspar Ritter, Karlsruhe,
dem Kupferstecher Wilhelm Krauskopf, Karlsruhe, dem
Maler Charles I. Pabniv, München, dein Maler Fritz
Bär, München, dem Maler Richard Falkenberg, München,
dein Maler Karl Blos, München, dem Bildhauer Heinrich
wadere, München, dem Maler Franz Bunke, Weimar, dein
Maler Fritz Fleischer, Weimar, dein Maler Fritz Mackensen,
Worpswede, der Malerin Frau Sophie Koner, Berlin, dein
Maler Adolf Männchen, Danzig, dein Maler Willy Ha-
macher, Berlin, dem Maler Ludwig von Hofmann, Berlin,
dem Maler Konrad Lessing, Berlin, dem Bildhauer Gtto
Petri, Pankow b. Berlin, den: Architekt Prof. Georg
Frentzen, Aachen, dem Architekt Alfred Messel, Berlin, dein
Architekt Prof. Friedrich Thiersch, München. —
Ls ist immer recht interessant, nach der Vertheilung
der Medaillen die Ausstellung zu durchwandern. Zwar
sollte man meinen, wer sie genau studirt hat, müßte beim
Lesen der Liste schon ein Urtheil haben, aber das ist ein
Irrthum, es finden sich immer neben den unerwarteten
ganz ungekannte Namen, wer hätte z. B. irgend auf die
Idee kommen können, neben den vielen vortrefflichen Bil-
dern in der holländischen Abtheilung das zweihandgroße
Dingchen von poggenbeck näher anzusehen, dem die Jury
 
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