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Die Kunst-Halle — 1.1895/​1896

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Nr. 20
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Ueber die Nachbildung des nach einem Gemälde gestellten lebenden Bildes
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Fischbach, Friedrich: Kunstgewerbliche Schul-Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.62512#0357

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Nr. 20

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3U

Gesetzgebung übereinstimmenden Vorschriften H ist also jeg-
liche anderweitige Wiedergabe eines Kunstwerkes, welche
nicht mittelst eines Darstellungsmittels der Kämst hergestellt
ist, unbedingt zulässig. Für diese Auffassung sprechen auch
Wortlaut und Sinn der Gesetze selbst, welche nur die „Nach-
bildung", nicht aber die „nachahmende Darstellung"
verbieten und von der Einziehung der Nachbildungsexemplare
sprechen?)
All' dies trifft bei der Nachahmung des Gegenstandes
eines urheberrechtlich noch geschützten Gemäldes mittelst
lebenden Bildes, selbst wenn sie noch so getreu über-
einstimmend ausgesührt wird, nicht zu. von einer Ver-
letzung des Urheberrechtes des Künstlers und Schöpfers des
Gemäldes hierdurch kann also keine Rede sein.
Anders gestaltet sich die Sache, wenn hinwiederum von
der das Gemälde nachahmenden Darstellung des lebenden
Bildes ohne Genehmigung des Künstlers und in der Ab-
sicht der Verbreitung eine Nachbildung durch Zeichnung
oder Malerei, wozu auch Photographie, Kupfer-, Stahl-,
Holzstich oder Lithographie, kurz jede Darstellung in der
Fläche mittelst Licht und Schatten zu zählen sind, gefertigt
wird. In dieser Richtung ist der Umstand, daß zwischen
dem Originalgemälde nnd der Wiedergabe das lebende Bild
in der Mitte liegt, völlig unerheblich. Die Wiedergabe
selbst ist vielmehr als mittelbare Nachbildung des
Originals anzusehen. Hinsichtlich der Frage aber, ob und
inwieweit eine solche verboten ist, sind der Grad der Ueber-
einstimmung und Aehnlichkeit beider Bilder, die Mög-
lichkeit der Schädigung des künstlerischen Rufes des Urhebers
des Originals und eines für ihn hierdurch denkbaren ver-
mögensrechtlichen Nachtheils durch die Nachbildung, aus-
nahmsweise in gewisser Beziehung auch der mit der Wieder-
gabe beabsichtigte Zweck entscheidend.
Ist nämlich die Nachbildung des lebenden Bildes der-
art ausgeführt, daß sie eine auch nur annähernde Aehnlich-
keit mit dem Originalgemälde nnd zugleich vom ästhetischen
und kunsttechnischen Gesichtspunkte aus betrachtet, künst-
lerischen Werth an sich trägt, so kommt es, abgesehen
von der Verbreitungsabsicht, auf den hierbei vom Nach-
bildner beabsichtigten Zweck nicht an. Eine derartige mittel-
bare Nachbildung ist unbedingt verboten, da hierdurch
eine Beeinträchtigung des gesetzlich allein und ausschließ-
lich zur Nachbildung und Vervielfältigung befugten Urhebers
des Originals sowohl für den Ruf seines künstlerischen
Namens, als auch durch die hierdurch entstehende Konkurrenz
auf dem Absatzgebiete in vermögensrechtlicher Hinsicht mög-
lich ist. Line solche unerlaubte Nachbildung ist schon mit
der Feststellung der Absicht, dieselbe zn verbreiten, d. h.
anderen Personen mitzutheilen oder auch nur zugänglich zu
machen, vollendet. Unerheblich ist hierbei, ob der Nachbildner
durch seine Handlung das Gesetz zn umgehen beabsichtigte
oder nicht?)
von diesen Grundsätzen ist eine Ausnahme nur bei
so wesentlicher Abweichung der Wiedergabe des lebenden
Bildes von der demselben zu Grunde liegenden Darstellung
des Originals denkbar, daß eine besondere Einbildungskraft

H D. G. vom 9. Januar M6 88 3, 5 Ziff. 6 Ziff. 2;
G. G. vom 26. Dezember M5, 88 H Ziff. 6 a. L., 38 Ziff. t,
59 Ziff. 3; U. G. vom 26. April MH, 88 60 Ziff. t, 63, 66.
2) D.-G. a. a. G. 8 ^6 in Verbindung mit 8 2t des Ges.
v. tt- Juni Ml); O. G. 8 56; U. G. 8 2t-
3) D. G. 88 b s Abs. t und Ziff. 2; O. G. 88 37, Abs. t,
38 Ziff. 2; U. G. 8 6a Abs. t und Abs. 2 Ziff. 2.

dazu gehören würde, sie für eine Nachbildung des letzteren
zu erklären. Dieses ist anzunehmen, wenn dieselbe blos im
Allgemeinen, z. B. in flüchtigen und groben Skizzen lediglich
die Idee oder die Gruppirung der einzelnen Theile des
lebenden Bildes wiedergiebt, ohne darin zugleich eine ge-
treue Aehnlichkeit und die künstlerisch-ästhetische Schönheit
des Originalgemäldes wiedererkennen zu lassen. Die Zweck-
bestimmung einer solchen Wiedergabe ist überhaupt nicht gnf
Nachbildung des Originals, sondern vielmehr dahin ge-
richtet, dem Dritten, dem Publikum, einen oberflächlichen
Begriff von dem dargestellten lebenden Bilde, nicht aber
von dem hierin nachgeahmten Originale zu geben. Hier-
durch ist auch die Möglichkeit einer Bcnachtheiligung des
Urhebers bezüglich seines künstlerischen Namens und seiner
Absatzkonkurrenz ausgeschlossen. Ls kann in solchem Falle
von einein Lingriff in das Urheberrecht des Künstlers, mit-
hin von einer unerlaubten Nachbildung des Originals
ebensowenig gesprochen werden, als in dem im pariser
llourmck amüsant oder im englischen vunob, manchmal auch
im Kladderadatsch dargestellten Abbildungen der im Pariser
Salon oder der Londoner Akademie oder zu Berlin ausge-
stellten Gemälde ein Plagiat der Griginalbilder gefunden
werden kann.
In diesem Sinne ist die Frage bereits von den eng-
lischen Gerichten entschieden worden. In dem Streitfälle
war nämlich nach der Photographie des Gemäldes eines
deutschen Malers in einem Londoner Theater ein lebendes
Bild dargestcllt, dasselbe in groben und oberflächlichen Skizzen
in einem englischen illustrirten Blatte wiedergegeben und
zwar lediglich, um den Beschauern und Lesern des Blattes
eine Vorstellung davon zu geben, was im Theater vor- und
aufgeführt wurde?)
Kunstgewerbliche Schul-Nusstellmrgen.
(Ä^Ler die Entwickelung der Knnstgewerbe- und Fortbild-
ungs-Schulen in letzten Jahrzehnten verfolgte, scheut
nichts mehr als die Besichtigung der sog. Schülerarbeiten,
wir wollen nicht einzelnen Direktoren und Lehrern vorwürfe
machen, sondern nur ein Prinzip beleuchten, das zn tadeln
ist, weil „Lüge" oder gelinder gesagt „Flunkerei" die
nothwendige Folge ist.
In solchen Schülerarbeiten treten uns in der Regel
tadellose Kopien und sogar zuweilen vortreffliche Entwürfe
entgegen, wie kommt das? In den meisten Schulen
heißt es: „Der Lehrer ist verantwortlich, daß jede
H Urtheil des Apxellationsgerichts zu London vom
2t. Februar MH und vom tt- Juni MH, bestätigt durch das der
Kammer der Lords vom Z7. Dezember MH. In einem dieser Ur-
theilewurde auch — wie gelegentlich bemerkt werden mag — in
richtiger Auslegung der Berner Konvention vom 9. September
t886 entschieden, daß der ausländische Urheber für seine Werke
im Auslande keine weitergehenden Rechte beanspruchen kann,
als er selbst im Ursprungslande genießt. Ls gilt dies ins-
besondere auch für die in den Linzelländern der verbands-
staaten verschiedene Zeitdauer des Urheberrechtsschutzes.
Ls greift also in dieser Richtung der feststehende umgekehrte
Grundsatz Platz, wonach auch im Inlands ausländischen
Werken kein höherer Schutz zu gewähren ist, als den ein-
heimischen selbst zukommt.
 
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