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Die Kunst-Halle — 1.1895/​1896

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Nr. 14
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Berliner Kunstschau
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Berliner Chronik
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Nr. s-s

Die Kunst-Halle. —

2sY

Mnther's Vorgang völlig mißkannt hat. Diese ganze Kunst
ist nämlich nicht nur nicht modern, sondern ist gerade das
schroffste Gegentheil davon. Sie ist — ich bitte die Mu-
therianer ob dieser Behauptung nicht zu sehr zu erschrecken
— die allerletzte Frucht der großen Tradition, deren vor-
letzte die Kunst der Maler von Barbizon war. Sie ist das
letzte Mort der reinen Malerei, nie hat eine Kunst die
Wirklichkeit so verachtet. Diese Verachtung theilt mit
ihr die Kunst der Phäraphaeliten; nur daß sie das letzte
Wort der reiner: Linienkunst ist. wer übrigens Whistler
nicht nur ausschreibt, sonderu wirklich liest, der kann eigent-
lich diese Wahrheit garnicht verkennen.
Tritt so Gegenstand und Charakteristik zurück, so ist
die erstrebte uud erreichte Wirkung der Wirkung der Musik
nahe verwandt. Whistler spielt damit und nennt seine
Bilder geradezu mit musikalischen Kunstworten „Harmonien"
oder „Variationen". Den Eindruck der Bilder Fowler's
möchte ich am liebsten mit den: des Telloklangs vergleichen:
so traumhaft bestrickend ist ihre Wirkung auf die Seele.
Gerade der Mangel der Illusion ist ihre eigentliche Stärke:
jede realistische Bestimmtheit würde den Bann zerreißen,
würde uns aus dem Traum aufschrecken. Ls giebt hier
keine Fleischfarbe, kein Blattgrün, sondern der Künstler
wählt einen Grundton, der feine Stimmung ausdrückt, und
ordnet diesem Ton alle Lokalfarben unter. Vor seinem
Ton hat er Respekt, vor der Natur keinen. Ls ist die
völlige Emanzipation der Kunst vor der Natur.
weil ich schon einmal allgemein gesprochen habe, möchte
ich zwei Bemerkungen anfügen, die ans dem Gesagten
folgen. Der schottische Einfluß läßt sich nicht mit unserm
Naturalismus vereinen. Und: die schottische Art läßt sich,
wo die Tradition fehlt, nicht nachahmen.
Und damit bin ich denn bei Benno Lecker angelangt,
von dem in demselben Salon Bilder ausgestellt sind. Er
ist ein feiner Lmpfinder und wirkt auch mit einzelnen
Werken. Er scheitert meistens, weil er diese beiden Un-
möglichkeiten nicht als solche erkannt hat. Aber die Kohlen-
zeichnungen lassen hoffen, daß der begabte Künstler über
diese Verirrungen hinauskommen wird.
V. 8t.
Berliner Ghronik.
* Der „Verein Berliner Künstler" hat einen
großen Entschluß gefaßt und das Terrain für das lange
geplante eigene Haus erworben. Damit ist denn endlich
der erste Schritt gethan, den schönen Traun: zur Wirklich-
keit werden zu lassen. Die Lage ist sehr glücklich gewählt:
die vornehme ruhige Bellevuestraße liegt doch dicht nebeu
dem Verkehrszentrum des Potsdamer Platzes. Das ist be-
sonders für die „permanente Ausstellung" von großer Be-
deutung. Und man wird hoffentlich über dem Schönen eines
würdigen Künstlerheims das Nützliche eines guten Aus-
stellungssaales nicht vergessen.
wir haben schon einmal darauf hingewiesen, daß die
Berliner Künstler den großen Fremdenverkehr der Reichs-
hauptstadt garnicht ausnutzen. Frühjahr und Herbst bringen
uns die größte Zahl von Reisenden, zwischen diesen Ter-
minen, mitten in der toten Saison, findet die große Ausstellung
statt. Nun haben wir zwar zwei private Salons, deren
Inhaber sehr rührig sind. Aber sie üben doch gerade auf
die Fremden nicht die Anziehungskraft aus, wie sie eine
Ausstellung im Künstlerhause wohl üben könnte. Sie würde,
gut beschickt, von vornherein mit zu dem gehören, was man
in Berlin gesehen haben muß. Auch für die Vielen, die
nicht gerade zum Kunstpublikum gehören.
Natürlich ist es mit dem Raum allein nicht gethan,
trotzdem schon ein guter Ausstellungssaal der Veranstaltung
einen gewissen Vorsprung sichert. Es kommt darauf an,
daß die Künstler von der üblen Gepflogenheit abgehen,

gerade die schwächsten Arbeiten in die eigene Aus-
stellung zu schicken. Die „permanente", wie sie jetzt ge-
worden ist, kann freilich wenig reizen. Aber es ist schwer
zu sagen, wo die Schuld liegt, ob sie so schlecht besucht ist,
weil man nichts Gutes hinschickt, oder ob man nichts Gutes
hinschickt, weil sie so schlecht besucht ist. Die Künstler sollten
sich nun, bevor sie bauen, darüber klar werden, ob sie eine
gute permanente machen können und wollen. Einmal sich
entscheiden, entweder mit allen Kräften und Mitteln daran
zu gehen, oder es ganz und gar zu lasse::. Denn für ein
„Fortwursteln" in alter weise wäre jeder Aufwand zu
schade. Dann lieber eine Kegelbahn auf den schönen Platz
hinbauen! Da haben wenigstens ein paar Leute ihr Ver-
gnügen . . . wir sind der Ansicht: es geht, wenn nur einmal
alle an einen: Strang ziehen wollen.
8.
s Der Kaiser soll, wie man hört, zwei Skizzen ent-
worfen und den Maler Karl Röchling mit deren Ausführung
betraut haben. Die Darstellungen hätten zum Gegenstand:
„Die Begrüßung des Garde-Regiments z. F. durch König
Wilhelm I. nach der Schlacht von Sedan" und den „Sturm
der Garde auf St. Privat".
* Zur Jubiläumsfeier der Akademie und zur-
internationalen Kunstausstellung ist noch Folgendes zu
melden: Der Magistrat hat auf Antrag der städtischen
Kunstdeputation beschlossen, der Akademie zur Verkeilung
von vier Ehrenpreisen ;2 ooo Mk. anzubieten, die den: jener
Deputation zur Verfügung stehenden Etat von too ooo Mk.
entnommen werden sollen. — Die Mitglieder des Senats
der Akademie werden von: Mai an bei allen offiziellen
Festlichkeiten in ihrer neuen Amts- und Festtracht, die aus
einen: langen rothen Mantel mit Kutte und schweren
Aermeln besteht, erscheinen.,— Als Abgesandter der Kgl.
Schwedischen Akademie der Künste wird Prof. Freiherr
G. Lederström aus Stockholm an der Jubiläumsfeier
theilnehmen. Die Kunstakademie zu Kopenhagen ent-
sendet nach Berlin eine aus dem Direktor Backe, Kammer-
herrn Meldahl und Prof. Stern bestehende Deputation; auch
aus Petersburg haben sich bereits mehrere Deputationen
für die Feier angemeldet. — Die Abtheilnng der Karls-
ruher Kunst auf der „Internationalen" wird HO Gemälde
umfassen; die dortige Künstlerschaft hat es übel empfunden,
daß die aus 9 Mitgliedern bestehende heimische Jury sehr
rigoros verfuhr und sich dagegen selbst mit 22 von HO Bildern
an der Berliner Ausstellung betheiligt.
* In Nummer ;z erwähnten wir das Porträt des
l)r. Langerhans nnd darauf bezüglich eine durch die
Tagespreise gegangene Meldung (mit einen: Fragezeichen),
wonach Meister Lenbach dieses Bildniß im Verein mit Mar
Koner gemalt hätte, wie überrascht Lenbach selbst durch
jene Meldung war, die wir ihn: brieflich zugehen ließen,
beweisen nachstehende Zeilen:
Friedrichsruh ;./H. 96.
Verehrter Herr!
Ihren sehr freundlichen Brief versteh' ich nicht recht:
Ich habe niemals Herrn I)r. Langerhans konterfeit —
es existirt von mir nur ein Porträt Forkenbeck's in:
Rathhaus.
Mit bestem Gruß
ganz Ihr F. Lenbach.
Herrn Vr. Georg Galland,
Berlin.
 
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