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Die Kunst-Halle — 1.1895/​1896

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Nr. 10
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Basedow, Hans von; Struys, Alexandre [Honoree]: Alexander Struys
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Stahl, Fritz: Kunkurrenzen
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https://doi.org/10.11588/diglit.62512#0175

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Nr. O

Die Runst-Halle. g>-°-


Mit Worten lassen sich die Bilder nicht schildern, es
ist eben die Stimmung, die den Gehalt der Bilder
macht, die sö stark ist, daß inan sie nicht nur sieht,
sondern mit durchlebt. Nicht minder bedeutsam ist
„Alpha und Omega": die bleierne Müdigkeit, die
absolute Erschlaffung im Schlafe bei der Alten und
dem in ihrem Schooße ruhenden Rinde ist, um so
besser ausgedrückt, als darin das Wesen des Schlafes
zu Anfang und zu Ende der menschlichen Laufbahn
geschildert wird. Ferner: „Vergessen" — In einem
holländischen Interieur am Ramin ein trauerndes
Weib, die Hände vor die Stirn gepreßt, in Jammer
versunken, neben ihr sanft tröstend, aber vergebens
tröstend, ein alter, sympathischer Priester. Oder:
„Der zerbrochene Milchtopf", ein Bild voller Humor,
„Die verlassene", tief in der Auffassung, „Träumerei",
ein wenig süß und konventionell, und wie sie alle
heißen, Bilder, die zumeist in Privatbesitz übergegangen/
so daß eine Uebersicht sehr erschwert ist.
Als Maler menschlicher Vorgänge ist Struys
Meister, auch da, wo er Symbolist ist, wie etwa in
„Alpha und Omega". Die trüben Stunden des
Menschenlebens, bitteres, schneidendes Herzweh erfaßt
er mit tiefer Wahrheit und schildert er mit Vorliebe,
nicht aus Sensation, sondern aus innerstem Drange
heraus. Er belebt seine Bilder dramatisch, so daß
der Beschauer nicht außerhalb, sondern mitten in dem
Geschilderten darin steht, trotz dieser starken Dramatik
aber ohne Uebertreibung. Nirgends ist etwas Zu-
rechtgemachtes, nirgends eine Pose, Alles frisch, frei
und wahr, aber doch durch ein künstlerisches Tempera-
ment gesehen. Man spürt, daß Struys seine Stoffe
gestaltet, nicht weil er will, sondern weil er muß —
und darin liegt das Wesen des wahrhaft künstleri-
schen Schaffens. Daß Struys gerade die Stoffe be-
vorzugt, die die Schattenseiten des menschlichen Lebens
bilden, ist ein Zeichen dafür, daß er echter Humorist
ist, wie etwa — 8UN8 Lompurumon — Dickens, daß
er das Leben erkannt hat, daß er Wahrheit will, nur
Wahrheit.
Alexander Struys ist Stimmungsmaler aus den:
sozialen Leben heraus, der die Stimmung dem Beschauer
suggerirt, nachdem sie ihm selbst vom Leben suggerirt
ist und er diese Suggestion gemäß seines Tempera-
mentes wiedergegeben. Das ist die Formel für jeg-
liche, moderne Runst, deren berufener Vertreter
Alexander Struys ist, und auf den ich deshalb,
da er viel zu wenig bekannt ist, in dieser Zeit-
schrift Hinweisen wollte.

lM


Konkurrenzen.
von Fritz Stahl.
die Zeitungen ging eine Notiz, der Raiser
sehr verwundert und unangenehm über-
ht gewesen, daß bei der Konkurrenz zur

Ergänzung der tanzenden Mänade nur vierzehn
Entwürfe eingegangen seien. Aus dieserverwunderung,
die wohl viele theilen, tönt es wie eine Frage. Ich
hoffe, daß die künstlerischen Nathgeber des Raffers
die Antwort darauf gegeben haben. Sie müssen sie
ja wissen, und es ist schlimm genug, daß sie nicht
vorher gesprochen haben. Merkwürdig: von allen
Seiten hört man, daß bei dem hohen Herrn ein freies
Wort immer eine gute Statt findet, trotzdem giebt
es so jämmerlich wenige, die ein solches wagen. Und
doch wäre es mindestens in Dingen, von denen der
Raiser nichts wissen kann, nur die Pflicht der Be-
fragten, offen zu sprechen. Wenn sie schon seinen:
Urtheil sich fügen, Irrthümer über Thatsachen dürften
sie nicht bestehen lassen. Wie gesagt: jetzt werden
sie wohl gesprochen haben. Den Anderen, die auch
sich wunderten, will ich die Antwort geben.
Der erste und hauptsächlich wirksame Grund
liegt auf wirthschaftlichem Gebiet. Die Ronkurren;
erforderte sehr erhebliche baare Auslagen. Der Gips-
abguß kostete trotz der Ermäßigung des Preises für
die Theilnehmer immer noch sö Mark. Da Ropf
und Fuß zu ergänzen waren, brauchte der Rünstler
außerdem ein Modell, und zwar bei der feinen Durch-
führung der Statuette, auf mindestens zwei Wochen.
Das wird etwa ^0 bis 50 Mark gekostet haben. Da
für dieselbe Zeit seine Arbeitskraft in Anspruch ge-
nommen war, so muß noch Ateliermiethe und Lebens-
unterhalt mit etwa sOO Mark angesetzt werden. So
war ein Aufwand von mindestens söO Mark erforder-
lich, um sich an der Ronkurrenz zu betheiligen.
Den: gegenüber stand ein Preis von 2000 Mark.
Mehr als genug für den, der ihn erlangte. Aber das
konnte doch eben nur einer sein, die anderen gingen
leer aus. Jede Ronkurrenz ist eine Lotterie, und wer
mitspielt, riskirt den Einsatz. Wenn aber in einer
Lotterie der Einsatz sehr hoch und die Thance sehr
klein ist, dann spielt eben Niemand mit. Nachdem
jetzt der Preis überhaupt nicht vertheilt worden ist,
ist der Gesammtaufwand der Theilnehmer von 2s00
Mark für nichts gemacht worden. Hätten, um den
vergleich fortzuführen, die Rünstler diese Summe zu-
sammengebracht und unter sich verloost, so würden
sie einem die Möglichkeit einer Studienreise oder sorg-
loser Arbeit für ein halbes Jahr verschafft haben.
Aber selbst diesen ungünstigsten Fall außer Betracht ge-
lassen, immer standen den 2000 Mark, die der Runst
zu gute kamen, 2s00 Mark gegenüber, die ihr ent-
zogen wurden.
Diese Rechnung hätten seine Nathgeber dem Raiser
 
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