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Die Kunst-Halle — 1.1895/​1896

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Nr. 19
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Zimmern, Helen: Neapel, [1]
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Sepp, Josef: Einwirkung der Kunst auf Religion und Völkerleben
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https://doi.org/10.11588/diglit.62512#0335

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Nr. ^9 -Die Kunst-Halle. 8^-

günstige Resultat ergeben würde. Für Italien ist der
Erfolg immerhin gesichert.
Die Form des Eingangs zum Museum ist die-
selbe, wie bei den alten Kirchen und Klöstern, mit
offenem Pfeilergang und hinter diesem befindlicher
Vorhalle oder Narthex. Dieser Theil ist noch nicht
fertig, doch an der äußeren Fassade fehlt nicht mehr
viel zur Vollendung. Die Pfeiler sind mit weißer
Majolika, die ein zinnhaltiges solides Email besitzt,
bekleidet, und in der zartfarbigen Bemalung wechseln
aus Blumen und Vögeln gebildete Arabesken mit
Medaillons und Früchten ab. Oberhalb dieser ganzen
Partie zieht sich ein fein entworfener Fries hin, und
seitwärts sind zwei in Della Nobbia-Manier aus-
geführte weiße Basreliefs angebracht, eines das
Studium, das andere die Arbeit darstellend. Weiter
oben, unter dem Dachgesims, welches noch eine mehr
vortretende Form erhalten soll, um der Fassade
besseren Wetterschutz zu gewähren, steigert sich der
Reichthum an Erfindung und Schönheit zu einer
glänzenden Krönung des Werkes. Den Mittelraum
nehmen Figuren in Hochrelief ein, vier Meister
darstellend: Bernini, Salvator Rosa, Giovanni di
Nola San Martino und Luca Giordano, die sämmt
lich im Königreich Neapel geboren sind. An der
einen Seite befindet sich ein Basrelief, ägyptische Bild-
hauer, aus Granitfelsen eine Sphynxgestalt hauend
und an anderen Skulpturen arbeitend. Diese Szene
aus den ganz alten Zeiten der Bildhauerkunst wird
an dem auf der anderen Seite dafür bestimmten
Platz ein Pendant erhalten, die Werkstatt der Della
Robbias zeigend, wo dieselben beim Modelliren einer
ihrer Madonnen sind. Zwei allegorische Bildwerke,
die Skulptur und die Malerei, werden die Reihe an
beiden Enden abschließen; Erstere als eine nackte
Figur, Letztere mit Gewand dargestellt, für welches
eine Kombination der Grundfarben in Aussicht ge-
nommen ist. „Hierdurch," sagte mir Morelli, „wollte
ich emblematisch andeuten, daß es Aufgabe der Mal-
kunst ist, mit diesen rohen Mitteln harmonische Wirk-
ungen hervorzubringen."
Für alle diese Dekorationen hat Morelli bis auf
das kleinste Detail selbst die Entwürfe gemacht und
koloristische Versuche angestellt, bevor sie den Schülern
zur Ausführung übergeben wurden.
„wir haben dieses Werk unternommen," sagte
er, „weil wir es viel besser fanden, in Wirklichkeit
zu zeigen, was wir wollen, als darüber zu schreiben
oder Reden zu halten.
Die Narthex ist noch nicht in Angriff genommen.
Sie soll mit Fliesen belegt werden, und die Zeich-
nungen dazu, welche Morelli mir zeigte, sind theils
nach einem persischen Teppich, theils nach einem
alten neapolitanischen Estrich von demselben Geschmack
entworfen. In Neapel, wo selbst die ärmlichsten
Häuser derartige Fußböden besitzen und Privathäuser
wie Kirchen wahrhafte Prachtexemplare davon auf-

weisen, fehlt es nicht an den schönsten Modellen. Die
Künstler des Museums waren gerade zur Zeit meines
Besuches damit beschäftigt, einen solchen Estrich für
den Vatikan zu kopiren. Ob die wände des Vesti-
büls mit Fresken dekorirt oder mit freskoartiger
Fliesenbekleidung versehen werden sollen, darüber ist
Morelli jetzt noch im Zweifel. Er versprach, mich
vom Fortgang seines Werkes zu unterrichten, und ich
werde den Lesern der „Kunst-Halle" dann weitere
Mittheilungen zu macheu in der Lage sein.
L
Einwirkung der Rnnst auf Religion
und Völkerleben.
von Prof. Vr. Josef Sepp, München.
II. Der byzantinische und abendländische
Bildersturm.
chon nach Verlauf des ersten Jahrhunderts der
Hedschra war die Wuth über den Bilderdienst
ansteckend, der vermeinten Idololatrie durch
Vernichtung der Bilder ein Ende zu machen. Der
Sturm brach im eigeneu Reiche aus, indem Kaiser
Leo der Isaurier, angeblich auf Anrathen des
Synagogenvorstandes von Tiberias, um den islami-
tischen Fanatismus zu beschwören, seit 726 sich zu
der Konzession herbeiließ, die Bilder aus den Kirchen
zu entfernen. So kam es denn auf Allerhöchsten
Befehl zu der gräulichen Bildervernichtung. Hoffte
der rohe Soldat mit diesem Opfer die Feinde der
Lhristenheit zu beschwören, so täuschte er sich: ein
Aufstand seiner Unterthanen war die nächste Folge.
Sein Sohn Konstantin Kopro nymus (lästerlich
der Mistfink geheißen), setzte die Verfolgung fort, ja
das Konzil von Konstantinopel, 75^, erklärte sich auf
Anlaß der Ikonoklasten selber gegen die Kultusbilder,
bei deren Verehrung eben Kunst und Religion sich
die Hand boten. Der Imperator ließ sogar bilder-
eifrige Mönche hinrichten. Mit militärischer Gewalt
handhabte ferner Leo IV. der THag ar die Gesetze
wider den Bilderdienst. Zwar gab seine Wittwe
Irene dem Wunsche des Klerus und Volkes nach,
zwei weitere Konzilien ließen den Kult srei, ja bannten
und verdammten die Widersacher; die Ikonostasen,
der Standort der Heiligenfiguren in den Kirchen,
füllten sich wieder mit Bildwerk. Allein Leo der
Armenier nahm 8s^ den Kampf von Neuem auf,
wurde jedoch deshalb durch Michael den Stammler
vom Thron gestürzt und ermordet. Dieses Unwesen
hielt von 726 bis 8^2, also H6 Jahre an, obwohl
es dem griechischen Kunstgeiste ganz und gar wider-
sprach, welcher vielmehr die Kunst durch die Religion
verklärt sehen will. Fast konnte man ausrufen: „Du
 
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