Nr. 22 -Die Kunst-Halle. - 3^5
^lrbeit muß mau wieder sagen: wir werden nimmer
seines Gleichen sehen. Ich glaube sogar, daß sein
Namen in der Zukunft, in der wieder die Malerei
um der Farbe willen herrschen wird, noch einen ganz
anderen Klang haben wird als heute. In der
„Schlangenkönigin" und dem Porträt der Frau I)r. F.
sind Töne und Akkorde, die immer wieder aus's Neue
das Auge entzücken. Neben Leubach will ich den
Stilllebenmaler L. Adam Kunz erwähnen, der gleich
ihm aus der Technik der alten Meister fußt, und
dessen Bilder er im letzten Jahre sogar in seinen
Räumen im Glaspalast ausgehängt hatte. Diese
Stillleben, in Motiven und Anordnung ganz modern,
fesseln durch den üppigen Neichthum und die glühende
Pracht ihrer Farben.
Das einzige Werk religiösen Inhalts, das einen
liefen Eindruck hinterläßt, ist Louis Toriuth's
„Kreuzabnahme". Es ist in bewußter Anlehnung an
die herbe Gegenständlichkeit Mantegna's gemalt, aber
es wirkt doch nicht als Nachahmung. Zunächst sind
die Köpfe schlagend modern und dann ist auch ihr
Zusammendrängen, das sie so eindringlich wirken
läßt, durchaus durch die Situation motivirt. Die
Gestalten sind dem Volk entnommen, dessen unmittel-
bares Empfinden sich rücksichtslos, bis zur Grimasse
deutlich ausspricht. Es kommt durch diese Typen
und diese Art der Schilderung etwas Gewaltsames
in das Bild, das Viele abstößt: das nimmt aber dem
Werth der künstlerischen Leistung nichts. — Line kleine
Hl. Täcilie von Joses Rösl tritt mit mehr dekora-
tiven Ansprüchen auf. Sie wirkt sehr reizvoll durch
das sehr lebendige gothische Ornament und den
eigenartigen Farbenakkord der Gewandung.
Sehr eigenthümlich ist der „Märchenzauber" von
Herm. Neuhaus. Es ist nicht recht zu ersehen, ob
an ein bestimmtes Märchen und an welches etwa der
Künstler gedacht hat. Von: Abendsonnenglanz über-
gossen liegt die Prinzessin in tiefem Schlaf da: ein
verhutzeltes altes Weiblein ist im Begriff durch einen
Vorhang die Erscheinung zu verbergen. Aber auch
ohne daß man recht den Sinn der Darstellung, zu
der übrigens der schwere romanische Nahmen schön
paßt, sagen kann, empfindet man die gewollte
Märchenstimmung.
In der Landschaft überwiegt das Herkömmliche
sehr: frische Empfindung, wie sie etwa in Fritz
Baer's „Iuniwiese" oder in Sofie pühn's „Weiden
am Bach" zu Tage tritt, fällt schon als ungewöhnlich
auf. Einen neuen Ton in der Schilderung des Hoch-
gebirges schlägt Fritz Nabending an; richtiger ge-
sagt: er überträgt die Kunst des kleines Ausschnittes
auf die Motive, die bisher noch ganz unter dem
Zeichen der Vedute standen. In einen solchen Aus-
schnitt weiß er aber das Gewaltige, Grandiose der
Natur hineinzubringen. Man weiß nicht recht wie,
ich glaube jedoch, er erreicht den Eindruck der Größe,
des Nagenden durch das Tieslegen des Augenpunktes,
wie das Böcklin im „Prometheus" und sonst vor-
gemacht hat. Viel thut zu dem Eindruck der Bilder
die Helle, kecke Farbe, deren fremdartige Wirkung in
Licht und Schatten das dort oben so scharf von dem
hier unten trennt. Die Sache ist deshalb von beson-
derer Bedeutung, weil die Modernen das Gebirge
als unmalerisch im neuen Sinne erklärt hatten. So
fällt vor der frischen That eine dürre Theorie nach
der anderen. Auch das früher so oft dargestellte
poetische „Meeresleuchten" würde man für abgethan
gehalten haben: nun zeigt Gtto Engel aber, daß
es wohl nie vorher so hat geschildert werden können
wie heute. Von großartiger dekorativer Wirkung ist
Le Suire's „Herbstabend" mit den goldig strahlen-
den Baumspitzen, aber der Künstler hält sich doch
völlig auf dem Boden der Wirklichkeit. Emmy
Lischke geht in ihrem „Herbststurm", der als Farben-
fleck entzückend ist, über die Natur hinaus. Und auch
Th. Palm ist stehen seine Farbenstimmungen höher
als die Natur.
Von Bildnissen ist an erster Stelle das „Damen.
Porträt" von N. Schuster-Woldau zu nennen, dessen
eminente Begabung auf anderen Gebieten leider nicht
von einen: sicheren Geschmack beherrscht wird. Hinter
einen: Divan, den ein Lisbärfell deckt, steht die
jugendliche Dame, sie kniet auf dem Polster, stützt
sich auf die Hände und schaut auf den Beschauer.
Das Arrangement ist etwas gesucht, aber der inter-
essante Kopf und namentlich die Augen sind vortreff-
lich gegeben, und die Hände in Zeichnung und Farbe
geradezu meisterhaft. Tarl Blos sandte ein fein-
farbiges Selbstbildniß. Erwähnt seien schließlich als
schöne Malerei Tonstanze Strecker's badendes
Mädchen und ein Blumenstück von F. E. Wolfrom.
Einzelne Künstler, die nicht in eigentlichen Kunst-
städten leben, tragen zu der guten Wirkung einiger
Berliner Säle bei. Fritz Mackensen aus Worps-
wede hat seinen großen „Gottesdienst" geschickt: ich
habe über die Künstler von Worpswede und nament-
lich über diesen hier eingehend gesprochen. Auch die
„Hl. Täcilie" von Marie Schnür aus Stettin
habe ich, als das brillante Bild bei Schulte ausgestellt
war, gewürdigt. Alfred Mohrbutter aus Altona
macht aus dem Bildniß einer jungen Dame eine
Symphonie in Blau. H. Linde aus Lübeck
schildert mit scharfer Tharakteristik und ungemeiner
Lebhaftigkeit in Bewegungen und Farben eine Pro-
zession in Hyderabad.
«Sr
Kunstchronik.
* Berlin. Ucber das neue Künstlerhaus wird
vom Vorstand des Vereins Berliner Künstler folgende Dar-
legung der Verhältnisse verbreitet: „Der Verein Berliner
Künstler ist endlich durch den einstimmig beschlossenen An-
kauf des Grundstückes Bellevuestraße z der Erfüllung seines
sehnlichsten Wunsches, der Errichtung des Künstlerhauses,
näher gerückt. Schon im Jahre gab ein Zirkular nam-
^lrbeit muß mau wieder sagen: wir werden nimmer
seines Gleichen sehen. Ich glaube sogar, daß sein
Namen in der Zukunft, in der wieder die Malerei
um der Farbe willen herrschen wird, noch einen ganz
anderen Klang haben wird als heute. In der
„Schlangenkönigin" und dem Porträt der Frau I)r. F.
sind Töne und Akkorde, die immer wieder aus's Neue
das Auge entzücken. Neben Leubach will ich den
Stilllebenmaler L. Adam Kunz erwähnen, der gleich
ihm aus der Technik der alten Meister fußt, und
dessen Bilder er im letzten Jahre sogar in seinen
Räumen im Glaspalast ausgehängt hatte. Diese
Stillleben, in Motiven und Anordnung ganz modern,
fesseln durch den üppigen Neichthum und die glühende
Pracht ihrer Farben.
Das einzige Werk religiösen Inhalts, das einen
liefen Eindruck hinterläßt, ist Louis Toriuth's
„Kreuzabnahme". Es ist in bewußter Anlehnung an
die herbe Gegenständlichkeit Mantegna's gemalt, aber
es wirkt doch nicht als Nachahmung. Zunächst sind
die Köpfe schlagend modern und dann ist auch ihr
Zusammendrängen, das sie so eindringlich wirken
läßt, durchaus durch die Situation motivirt. Die
Gestalten sind dem Volk entnommen, dessen unmittel-
bares Empfinden sich rücksichtslos, bis zur Grimasse
deutlich ausspricht. Es kommt durch diese Typen
und diese Art der Schilderung etwas Gewaltsames
in das Bild, das Viele abstößt: das nimmt aber dem
Werth der künstlerischen Leistung nichts. — Line kleine
Hl. Täcilie von Joses Rösl tritt mit mehr dekora-
tiven Ansprüchen auf. Sie wirkt sehr reizvoll durch
das sehr lebendige gothische Ornament und den
eigenartigen Farbenakkord der Gewandung.
Sehr eigenthümlich ist der „Märchenzauber" von
Herm. Neuhaus. Es ist nicht recht zu ersehen, ob
an ein bestimmtes Märchen und an welches etwa der
Künstler gedacht hat. Von: Abendsonnenglanz über-
gossen liegt die Prinzessin in tiefem Schlaf da: ein
verhutzeltes altes Weiblein ist im Begriff durch einen
Vorhang die Erscheinung zu verbergen. Aber auch
ohne daß man recht den Sinn der Darstellung, zu
der übrigens der schwere romanische Nahmen schön
paßt, sagen kann, empfindet man die gewollte
Märchenstimmung.
In der Landschaft überwiegt das Herkömmliche
sehr: frische Empfindung, wie sie etwa in Fritz
Baer's „Iuniwiese" oder in Sofie pühn's „Weiden
am Bach" zu Tage tritt, fällt schon als ungewöhnlich
auf. Einen neuen Ton in der Schilderung des Hoch-
gebirges schlägt Fritz Nabending an; richtiger ge-
sagt: er überträgt die Kunst des kleines Ausschnittes
auf die Motive, die bisher noch ganz unter dem
Zeichen der Vedute standen. In einen solchen Aus-
schnitt weiß er aber das Gewaltige, Grandiose der
Natur hineinzubringen. Man weiß nicht recht wie,
ich glaube jedoch, er erreicht den Eindruck der Größe,
des Nagenden durch das Tieslegen des Augenpunktes,
wie das Böcklin im „Prometheus" und sonst vor-
gemacht hat. Viel thut zu dem Eindruck der Bilder
die Helle, kecke Farbe, deren fremdartige Wirkung in
Licht und Schatten das dort oben so scharf von dem
hier unten trennt. Die Sache ist deshalb von beson-
derer Bedeutung, weil die Modernen das Gebirge
als unmalerisch im neuen Sinne erklärt hatten. So
fällt vor der frischen That eine dürre Theorie nach
der anderen. Auch das früher so oft dargestellte
poetische „Meeresleuchten" würde man für abgethan
gehalten haben: nun zeigt Gtto Engel aber, daß
es wohl nie vorher so hat geschildert werden können
wie heute. Von großartiger dekorativer Wirkung ist
Le Suire's „Herbstabend" mit den goldig strahlen-
den Baumspitzen, aber der Künstler hält sich doch
völlig auf dem Boden der Wirklichkeit. Emmy
Lischke geht in ihrem „Herbststurm", der als Farben-
fleck entzückend ist, über die Natur hinaus. Und auch
Th. Palm ist stehen seine Farbenstimmungen höher
als die Natur.
Von Bildnissen ist an erster Stelle das „Damen.
Porträt" von N. Schuster-Woldau zu nennen, dessen
eminente Begabung auf anderen Gebieten leider nicht
von einen: sicheren Geschmack beherrscht wird. Hinter
einen: Divan, den ein Lisbärfell deckt, steht die
jugendliche Dame, sie kniet auf dem Polster, stützt
sich auf die Hände und schaut auf den Beschauer.
Das Arrangement ist etwas gesucht, aber der inter-
essante Kopf und namentlich die Augen sind vortreff-
lich gegeben, und die Hände in Zeichnung und Farbe
geradezu meisterhaft. Tarl Blos sandte ein fein-
farbiges Selbstbildniß. Erwähnt seien schließlich als
schöne Malerei Tonstanze Strecker's badendes
Mädchen und ein Blumenstück von F. E. Wolfrom.
Einzelne Künstler, die nicht in eigentlichen Kunst-
städten leben, tragen zu der guten Wirkung einiger
Berliner Säle bei. Fritz Mackensen aus Worps-
wede hat seinen großen „Gottesdienst" geschickt: ich
habe über die Künstler von Worpswede und nament-
lich über diesen hier eingehend gesprochen. Auch die
„Hl. Täcilie" von Marie Schnür aus Stettin
habe ich, als das brillante Bild bei Schulte ausgestellt
war, gewürdigt. Alfred Mohrbutter aus Altona
macht aus dem Bildniß einer jungen Dame eine
Symphonie in Blau. H. Linde aus Lübeck
schildert mit scharfer Tharakteristik und ungemeiner
Lebhaftigkeit in Bewegungen und Farben eine Pro-
zession in Hyderabad.
«Sr
Kunstchronik.
* Berlin. Ucber das neue Künstlerhaus wird
vom Vorstand des Vereins Berliner Künstler folgende Dar-
legung der Verhältnisse verbreitet: „Der Verein Berliner
Künstler ist endlich durch den einstimmig beschlossenen An-
kauf des Grundstückes Bellevuestraße z der Erfüllung seines
sehnlichsten Wunsches, der Errichtung des Künstlerhauses,
näher gerückt. Schon im Jahre gab ein Zirkular nam-