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Die Kunst-Halle — 1.1895/​1896

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Nr. 14
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Schmidkunz, Hans: Die Umgebung des Kunstwerkes
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Galland, Georg: Aus Berliner Kunstwerkstätten, Schluss [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.62512#0245

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Nr.

--^8 Die Kunst-^alle. s—«-

2U

bildender Kunst, also eine Art zweiten Rahmens um
den zum Werk selbst gerechneten ersten Nahmen, hebt
das Werk um so kräftiger heraus. In der Schack-
Galerie sind einige Uebergänge von einem Saal
zum andern vorzügliche Rluster eines solchen in-
differenten Rahmens, eines solchen so positiv wirken-
den Nichts.
Stellen wir einen Gegensatz zwischen Volkskunst
und Luxuskunst aus, so wird es nicht schwer zu sagen,
aus welcher Seite wir mehr mit dem Werth der Um-
gebung zu thun haben. Am Besten vielleicht er-
kennen wir es an der kunstgewerblichen Ausstattung
unserer Wohnräume. Lsier besteht in dem Maß, als
ein Zimmer „schön" sein soll, ein Luxus, der das
Zimmer beinahe zu einer Ausstellung macht und einen
eigenartigen Charakter gar nicht recht auskommen
läßt. Wie anders ein für diesen oder jenen Kunst-
besitz reservirter Raum, wie anders eine Räumlichkeit,
die zu einem bestimmten Treiben dient und dadurch
ihre Ausstattung künstlerisch hebt, wie anders ein
Zimmer oder eine Wohnung, die durch eine besonders
ländliche Umgebung in ihrer Ligenart verstärkt wird,
Was insbesondere dem Volk lieb ist, das ist es durch
den Boden, aus dem es steht: ein volksthümlicher
Gesang u. dgl. m. In diesem Sinne waren die
Bauten auf der Akropolis in Athen eine Volkskunst
und sind die ihnen nachgebildeten, angeblich „echt
griechischen", Bauten auf modernen Stadtplätzen eine
Luxuskunst. Ls ist beinahe unfaßbar, daß ganz über-
sehen wird, wie sehr es einem solchen Bauwerk an
einem seiner Lebenselemente, an der zugehörigen Um-
gebung fehlt. Ginge ich jetzt in griechischem Ge-
wand über die Straße, so würden mich die Leute
auslachen; einen griechischen Tempel in modernem
Milieu und seinen Baumeister lacht man jedoch nicht
aus, sondern man bewundert sie.
Am elementarsten ist wohl der Linfluß der Um-
gebung an einer farbigen Fläche zu erkennen, auch
wenn man sich nicht erst in die Farbenlehre vertieft.
Vor allem erscheint eine solche Fläche verschieden je
nach dem auf sie fallenden Licht; ein ungünstiges
Licht kann ein Werk der bildenden Kunst, selbst das
geringste kunstgewerbliche Stück unseres bsausraths,
geradezu „todtschlagen", wie der für manche Kunst-
widrigkeiten so passende Ausdruck lautet. Dann aber
ist es namentlich der Kontrast, der eine Farbe ver-
ändert. chelle Umgebung verdunkelt sie, dunkle er-
hellt sie, rothe treibt sie in's Grünliche u. s. w. So
im Allgemeinen und besonders unter gewissen Um-
ständen. Unter anderen Umständen kann der gerade
entgegengesetzte Lrfolg, die sogenannte Farbeninduktion
eintreten, indem eine Helle Umgebung erhellt, eine
dunkle verdunkelt, eine rothe in's Röthliche treibt.
Wir erwähnen dies vornehmlich um zu zeigen, daß
das Problem der Umgebung nicht so einfach ist und
in mannigfaltiger Weise durch die besonderen Um-
stände beeinflußt wird.

Dieser Fall mit den Farben mag ein verständ-
liches Vorbild für verwickeltere Fälle sein. Beispiels-
weise kann unsere Stimmung, mit der wir eine
Kunststätte betreten, gleich einer Farbeninduktion auf
das wirken, was wir dort zu genießen bekommen.
Je mehr derartige Linflüsse berücksichtigt werden,
destomehr dürfen wir hoffen, neben Fachkennern und
Gourmands, die leichter von der Umgebung absehen
können, auch weitere Ureise an die Kunst heran-
zuziehen.


Nus Berliner Kunstwerkstatten.
Von Georg Galland.
Ernst Vastanier.
(Schluß.)
astanier besuchte um jene Zeit zur weiteren Aus-
bildung die Wiener Weltausstellung, dann die
Münchener Kunstgewerbe-Ausstellung; sonst
boten ihm die deutschen Museen mit ihren alten
Schmelzarbeiten den erwünschten Musterschatz. Seit-
dem er in engere Beziehung zu dem kräftig aufblühen-
den Kunstgewerbemuseum trat, dem Prof. Lrnst
Lwald, der unentwegte Förderer unseres Meisters,
und Geheimrath I. Lessing als Leiter vorstehen,
gewannen seine Kenntnisse des Faches, auch die
theoretischen und historischen, einen solchen Grad
durchdringenden Verständnisses, besonders durch eine
Studienreise nach Paris im Auftrage jenes Museums,
daß sich Bastanier als der anerkannt größte Spezialist
zum Lehrer und Führer einer heranzubildenden Gene-
ration von Technikern des Maler-Lmails empfahl.
Doch ist ja bereits betont worden, daß alle noch
so gründliche Theorie, aller Lrnst technisch-historischer
Studien gerade für den Lmailmaler nicht ausreichen,
der es mit dem unberechenbaren Element des Feuers
und den empfindlichsten Schmelz- und Malstoffen zu
thun hat; daß für ihn in erster Linie lediglich die
persönlichen Erfahrungen der Praxis stehen. Wer,
wie der Schreiber dieser Zeilen, seit achtzehn Jahren
die Thätigkeit der Berliner Kunstwerkstätten aufmerk-
sam beobachtet, darf wohl behaupten, daß er auch
die Praxis Bastanier's ziemlich genau kennt. Der
Künstler hatte übrigens bis vor drei Jahren noch
niemals für sich ausgestellt. So konnte es kommen,
daß größere Kreise früher von der Existenz seines
Ateliers und des Mannes, den man den petitot
unserer Zeit genannt hat, fast nichts wußten. Und
doch — welche Fülle köstlichster Miniaturschöpfungen
in Gestalt von Porträts, Malereien für Albumdeckel,
von Medaillons für Armbänder und Broschen, Deckeln
für Taschenuhren, Tabacksdosen und Schmuckkästen
war schon in den achtziger Jahren aus seiner Werk-
 
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