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Die Kunst-Halle — 1.1895/​1896

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Nr. 19
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Galland, Georg: Muther und kein Ende
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Kunstbrief aus Amerika
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Kunstchronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.62512#0343

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l9

Die K u n st - p a l l e.

299

Spitze, sonderbar genug, der Name des von Muther
ziemlich boshaft behandelten Ur. Ad. Rosenberg steht,
wenig an, denn sie besitzt den traurigen Muth — wohl um
ein früheres Lob nicht zurückzunehmen — von dem „eigen-
thümlichen Werth des geistvollen und dankenswertsten"
Muther'schen Buches zu sprechen, das „durch die nach-
gewiesenen Parallelstellen anderer Bücher kaum be-
einträchtigt" wird. Gewiß, sestr eigenthümlich ist dieses
Buch und geistvoll sind zum Theil wenigstens die Autoren,
die der Nachschreiber geschickt benutzt hat. wir werfen
sicherlich nicht etwa die anständigen Kritiker, die früher
bona tiäo die Anthologie Muther's günstig beurtheilt —
und als solche verdient sie eine bedingte Beachtung — zu-
sammen mit den jüngsten Getreuen des Plagiators, bei
denen inan wirklich im Zweifel darüber sein kann, ob sie
mehr die Liebe für den Freund treibt oder der gefüllte
Brodkorb des pirth'schen Verlags, der aber selbst mit der
vollen Wucht seines Inserate spendenden Geldbeutels das
gute Recht nicht beugen wird. Bekanntlich strast das Gesetz
die Beschützer des gemeinen Diebstahls, die sog. pehler,
härter als jenen selbst. Man möchte wirklich auch für die
vertheidiger Mutherscher Plagiate einen analogen Namen
und einen ähnlichen Strafparagraphen wünschen.
G. Galland.

Runstbrref aus Amerika.
Die Ausstellung der New-Vorker freien
K u nstv e r e i n i g un g.

(ss^er diesjährige Frühling brachte unter anderen künst-
lerischen Veranstaltungen auch die erste Ausstellung
der New-Porker freien Kunstvereinigung. Das neue Unter-
nehmen war ebenso rasch beschlossen, als ausgeführt. Und
es ist interessant, dabei zu sehen, wie man in Amerika die
üblen Erfahrungen, welche man in den europäischen Kunst-
plätzen mit der Ausstellungs-Jury Jahre hindurch machte,
in Erwägung zog und von jener bestgehaßten Einrichtung
völlig absah. Die freie Kunstvereinigung in New-Pork über-
läßt es jedem Maler und Bildhauer, Architekten und Kupfer-
stecher, auszustellen, was ihm beliebt und hält es für richtig,
daß jeder freie Künstler die Verantwortung für sein Werk
ausschließlich trägt. Sie will es vor allem vermeiden, daß
irgend Einem durch die Kritik eines oder einiger Genossen
Unrecht geschähe. Die Befürchtung, daß die Talentlosigkeit
durch ihre Toleranz unterstützt werde, theilt sie durchaus
nicht, denn sie meint, daß es für den Autor eines mittel-
mäßigen Werkes keine nachhaltigere Abschreckung gäbe, als
wenn er sich einmal vor den Augen der Geffentlichkeit
gründlich blamirt habe. Dieser Geffentlichkeit gegenüber
halte kein Trotz, wie ihn die abfällige Kritik einer Jury in
der Regel erzeugt, auf die Dauer stand.
Nach dein „American woman's Magazine" war die
Palle des Ausstellungsgebäudes durch Gruppen von Palmen-
Gewächsen wirkungsvoll geschmückt. Durch eine größere
Zahl von Skulpturen wäre der Effekt zweifellos noch schöner
gewesen, penry Baerer stellt eine Gruppe aus, die der
deutsche Gesangverein „Liederkranz" in New - vork durch
Verleihung des ersten Preises ausgezeichnet hat: „Das

deutsche Lied." Ls ist ein bekleidetes junges Weib, das mit
inniger Gebehrde die Leier schlägt und dein zur Seite ein
Genius iit Gestalt eines Kindes schwebend den Siegeskranz
reicht.
Unter den Bildern fällt zunächst eine Landschaft von
Miß Ieanie Boyd auf, die den Einfluß der Meister von
Barbijon erkennen läßt. Die Malerei stellt ein auf dem
Felde nach der Arbeit rastendes und plauderndes bäuerliches
paar dar und verräth bei sorgfältiger Durchführung eine
an Werke von Breton und Dupro erinnernde zarte Stim-
mung. Einzelne amerikanische Künstler haben sich die Frei-
heit der Betheiligung nicht entgehen lassen und ganze Folgen
von Bildern und Studien hergegeben, z. B. I. E. Max-
field, der Schatzmeister der Freien Kunstvereinigung, der
mit Porträts, Landschaften und Stillleben aufmarschirte;
wir erwähnen nur fein Bild „Neckerei", darstellend eine
Anzahl badender Jungen, die sich gegenseitig mit Wasser
bespritzen. Edward Dordale stellt nicht weniger als
so Sonnenuntergänge aus der Umgebung von New - pork
aus und zeigt dabei auch landschaftlich viel Mannigfaltigkeit.
Lrwähnenswerth sind sodann die üppige Gestalt einer Sa-
lome von Ella F. Pall, übrigens die Präsidentin dieser
Vereinigung, und von derselben Künstlerin das Gemälde
„Die Sturmgötter von der Rig-Veda."
Auch ein größeres Geschichtsbild, von Frederick
James, verdient Pervorhebung wegen des Stoffes und
wegen des historisch treuen Kostüms aus dem Anfang des
Jahrhunderts: „Lin Zwischenfall aus der Zeit des Lode"
betitelt sich diese gemalte Satire, die Darstellung eines
Bankets, auf dem eine plötzliche Differenz zwischen einem
Zivilisten und einem Offizier den Anlaß zu einer „ritter-
lichen" Schlägerei giebt. In Komposition, Kolorit und
Sorgfalt der Behandlung verdient das Werk das ihm hier
reichlich gespendete Lob. Das harmlose Genre ist durch die
beiden Künstler wiIlia m M 0 rg a n und Walter Eisen-
lohr, das Porträt durch Frau Llara Ruge, John L.
Pam m er u. a. gut vertreten. Endlich steht, wie schon in
einer kurzen Notiz gemeldet, an der Spitze der Abtheilung
„Graphische Kunst" eine von dem „American woman's
Magazine" arrangirte Sammlung der Pauptwerke von
Prof. Rud. Stang in Amsterdam, dem berühmten Stecher
des „Sposalizio" und des „Letzten Abendmahls."
Nulllor.
A
Kunstchronik.
* Die Brendel-Ausstellung in der Nation al-
Galerie. — Albert Brendel gehörte zu den bekanntesten
Malern Deutschlands, aber er verdankt das wohl mehr dem
leicht eingehenden Beinamen „Schaf-Brendel" als der Wir-
kung seiner Arbeiten. Lr hätte seine Schase besser oder
schlechter malen können, die Berühmtheit haftete an der
Spezialität und wäre dieselbe geblieben. Und sie mar ein
reichlicher Lohn für das Lebenswerk, das er mit mäßiger
Begabung und mäßigem Ehrgeiz geschaffen hat. Er hat
lange in Barbizon gelebt und damals auch gute Bilder im
Sinne der Schule gemalt. Aber er schloß sich nicht an die
Großen, sondern an den Schafmaler Lharles Jacque an,
zu dem er nicht, wie es nach der Biographie des Katalogs
erscheinen könnte, im verhältniß eines Rivalen, sondern im
verhältniß des Nachahmers stand. Für diese guten Bilder
 
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