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Die Kunst-Halle — 1.1895/​1896

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Nr. 24
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Das Kaiserwilhelm-Denkmal in Breslau
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Stahl, Fritz: Die Internationale Kunstausstellung: Italien
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https://doi.org/10.11588/diglit.62512#0429

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Nr. 24

Die K u n st - H a l l e. -

375

kararischern Marmor von bläulicher, Pergola und Py-
lonen von sogenanntem Kehlheimer Marmor von gelb-
licher Färbung gefertigt. In weiser Berechnung hat
man bei dem Haupt- und den Nebensockeln Orna-
mente nur sparsam verwendet, die sich matt und hell
von der dunkelglänzend polirten grauen Granitfläche
wirkungsvoll abheben; von Inschriften sind auch nur
der Name des Kaisers an der Vorder- und die schon
genannte Weihinschrift an der Rückseite des Sockels
angebracht. Dagegen sind in die Flächen der Py-
lonen bedeutsame Daten aus dem Leben des Kaisers
und bekannte Aussprüche des Monarchen eingemeißelt.
Das Urtheil der Menge über das Merk lautet
übrigens verschieden. Dem einen steht die Neiterfigur
zu hoch, den: anderen ist sie zu klein, dem dritten ge-
fällt die Mischung des Materials nicht, dieser wünscht
sich den vermeintlichen Frieden als „lieblichen Knaben",
jenem ist der Kaiser nicht ähnlich genug und so geht
es fort. Nörgelnde Philisterkritiken, die sich an Kleinig-
keiten halten! Wer von den vielen Tausenden, die
da urtheilen und aburtheilen, hat, um nur das Letzte
zu berühren, überhaupt eine genaue Vorstellung von
dem Aussehen des alten Kaisers? Man muß sich
doch zunächst an die Wirkung des Ganzen halten;
und da wird wohl jeder Einsichtige die imponirende
Wucht und Größe der ganzen Anlage anerkennen.
Schlichtheit und Klarheit, das Weglassen jeglichen
Kleinkrams und die Betonung der wichtigen Theile,
die nicht einander stören, sondern zu einem harmoni-
schen Ganzen sich zusammenschließen, verhelfen dem
Monument zu dieser Wirkung. Gewaltig sind auch
die beiden allegorischen Frauengestalten, deren un-
irdisches Wesen durch die Größe der Körperformen,
den strengen Fluß der Gewandung glaubhaft gemacht
wird. Angesichts dieser heut zu Tage ziemlich seltenen
Vorzüge sollte man mit tadelnden Ausstellungen nicht
so schnell bei der Hand sein. Eines aber muß gesagt
werden. Das, milde ausgedrückt, skizzenhafte Relief,
das in Augenhöhe dem Beschauer sich präsentirt, ist
mit einer bei derartigen Monumenten übel ange-
brachten Nachlässigkeit komponirt und ausgeführt.
Es ist das um so verwunderlicher, als der Künstler
erst neuerdings durch zwei ganz ausgezeichnete für
ein Leipziger Grabdenkmal bestimmte und jetzt auf der
Berliner Kunstausstellung befindliche Reliefs bewiesen
hat, wie Hervorragendes er auf diesem Gebiete zu
leisten im Stande ist.
Zunr Schluß noch ein paar Worte über die
Schöpfer des Denkmals selbst. Beide nämlich müssen
im Verein genannt werden, da die Architektur einen
wesentlichen Antheil an dem Werke der Schwester-
kunst beansprucht. Der jetzt zum Professor ernannte
Christian Behrens ist geborener Gothaer und steht
im 4^- Lebensjahre. Sein Studiengang führte ihn
aus dem Atelier Iulius Hähnels in Dresden nach
Brüssel, Paris, Italien. Nach einem Aufenthalte in
Wien bei dem Hähnel-Schüler Kundmann ist er

seit fO Jahren Vorsteher des Meister-Ateliers für
Bildhauerei am Schlesischen Musemn der bildenden
Künste in Breslau. Dieses enthält zwei seiner Schöpf-
ungen, eine Bronzegruppe „Sphinx" aus seiner Früh-
zeit und eine Marmorbüste des Historikers Nöpell aus
der Zeit seines Breslauer wirkens. Hier in Breslau,
wie früher in Dresden und Leipzig, hat er sich bisher
mit seinen Werken in den Dienst der Architektur ge-
stellt, deren Schöpfungen durch seine plastischen Ar-
beiten belebend; so sind auch die beiden Figuren der
„Kunst" und „Litteratur" am neuen Reichstagsgebäude
in Berlin von seiner Hand. Das Kaiser Wilhelm-
Denkmal in Breslau aber ist sein erstes großes selbst-
ständiges Werk. Sein Mitarbeiter Hugo Licht,
Stadtbaudirektor in Leipzig, endlich hat sich durch
seine Bauten in der genannten Stadt — es sei nur
an das Grassi-Museum daselbst erinnert — so bekannt
gemacht, daß es nicht nöthig ist, hier näher auf ihn
einzugehen.
Breslau, den 8. September fZHö.
L. B.


Die Internationale Kunstausstellung,
von Fritz Stahl.

Italien.
(^Ii^on den Italienern, das gehört mit zu den
Resultaten dieser Ausstellung, haben wir
doch einen ganz anderen Begriff bekommen,
als ihn bisher ihr Auftreten bei uns und in München
geben konnte, wir kannten die süditalienischen Bunt-
maler, die den spanischen Fortunyschülern verwandt

sind, nur etwas weltlicher und koketter, wir kannten
die abscheulich süßlichen vineanachfahrer, mit deren
Werken zum Schaden der Kunst und des Geschmacks
unser Markt überschwemmt wird: von den Nord-
italienern kannten wir außer den: ganz allein stehen-
den Segantini nur einzelne Namen, deren Träger oft
durch schwache Arbeiten sich kompromittirten. Nun
tritt diese Kunst der norditalienischen Städte uns im-
ponirend entgegen und wir erkennen bei aller Hin-
neigung zur französischen, aber nicht modernsten fran-
zösischen Schule eine ganz unverkennbare Verwandt-
schaft mit unserer Empfindung für Natur und Men-
schen, die selbst durch alle äußere Verschiedenheit der
Natur und der Menschen siegreich hindurchdringt.
Das ist am Ende so wunderbar nicht, zeigt doch auch
die Kunst Oberitaliens in der Renaissance eine ge-
wisse Verwandtschaft mit der nordischen. Die Nähe
der Alpen und die Mischung des Blutes mag das
auch wohl erklären. Jedenfalls besteht zwischen dem
Norden und Süden Italiens ein schroffer Gegensatz:
von dem Leichten und Spielerischen, von dem Fröh«
 
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