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Die Kunst-Halle — 1.1895/​1896

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Nr. 7
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Basedow, Hans von: Weimar
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Thomas, Bertha: Ein Schilderer der Themsestadt: Herbert Marshall
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Nr. 7

Die Kunst-Halle. k>-«

WZ

der Schüler durch einzelne Meister. Der Lehrgang
wurzelt in dem ununterbrochenen Studium der Natur,
in der freien, geistigen Entwickelung der Schüler und
der individuellen Selbständigkeit." Der Schüler wählt
sich seine Lehrer selbst, — das ist der wesentlichste
Punkt, der den verderblichen Zwang der Meisterateliers
aufhebt und der Entwickelung der Individualität
vollsten Spielraum läßt. So nur kann der Lehrer auf
den Schüler fruchtbar einwirken, so nur der Schüler
vom Lehrer wirklich lernen. Talentlosigkeit wird
nicht geduldet, da die Aufnahme eines Schülers
vorläufig nur auf Hz Jahr erfolgt und erst dann
definitiv wird, wenn sich in dieser Zeit die künstlerische
Besähigung zweifellos erweist. Eine Vermehrung des
Kunstproletariats ist also ausgeschlossen, denn all diese
Bestimmungen werden strengstens inne gehalten.
Übrigens hat die Kunstschule in der „permanenten-
Ausstellung", die in steten: Wechsel die besten Bilder
neur und neuster Meister enthält, eine wesentliche Stütze.
Es giebt eine Reihe hochachtbarer und bedeutender
Künstler in Weimar. Allen voran steht Theodor
Hagen, einer der besten Landschafter mit modernem
Empfinden, der sa auf der „großen Berliner" Auf-
sehen erregt hat. Frithjof Smith-und Max Thsdy
sind nicht minder berühmt, des ersteren „schwedische
Dorfkirche", des letzteren ,Wäorutio Deich des ersteren
Ibsen-Porträt, des letzteren Münchner Bilder find ja
bekannt genug. Aber neben diesen Größen stehen Künst-
ler von nicht minderem Können, aufstrebende Künstler
wie Thristian Rohlfs, in Berlin durch Gurlitt bekannt,
ein entschieden moderner Landschafter voller Eigen-
art und technischer Kraft; ferner Karl Tübbecke, ein
feinfühliger Landschafter mit intimer, zarter Stimmung,
Nieß, der Mondschein-Maler, Hoffmann von Fallers-
leben, der prächtige Herbstlandschaften bietet. Da
ist Dirks, ein Marinemaler voll Eigenart und Kraft,
Franz Sturtzkopf, ein Genremaler voller Realistik,
dessen Bauernhäuser von peinlicher Naturtreue sind,
Fritz Fleischer, als origineller Genremaler bekannt, der
jetzt soziale Bilder voll schlichter Dramatik schafft,
Taspari, der Karrikaturist, in Berlin durch Schulte
bekannt, an den sich auf gleichem Gebiete Schumacher
reiht und in gewissem Sinne auch Heyl, der neben
Karrikaturen groß gedachte Genrebilder liefert. Eine
hochoriginelle Erscheinung ist ferner Freiherr von
Gleichen-Ruswurm, oft hypermodern, auf allen Ge-
bieten das „Neueste" in der Kunst sich zu, eigen
machend, ohne doch seine Eigenart zu verlieren. Als
Pferdemaler ist Stahlschmidt bekannt, als Landschafter
Woltze, Buncke und Braune, eigenartige und frische
Künstler. Rasch ragt in nüttelalterlichen Interieurs
hervor, plühr im Genre mit originellen Farbeneffekten.
Von jüngeren Malern sind zu nennen der in weiblichen
Köpfen, namentlich Augen, hervorragende Fennyes.
Weibliche Porträts voll origineller Auffassung und
kräftiger Charakteristik bietet Klimsch, ebenso Karl Gott-
getreu, der Tiefes als „Todtentanzmaler" und Treff-

liches als Modelleur schafft. Paul Böhn: ist eben-
falls mit Auszeichnung auf den: Gebiete des Porträts
zu nennen, sowie mit seinen Landschaften aus Tunis.
Herrfurth ist als „Afrikaner" ebenfalls bekannt genug,
ebenso wie Weichberger als „Thüringer". Vielgerühmt,
und mit Recht ist Hans W. Schmidt als Genremaler,
besonders von Jagd- und Militärbildern. Der „Schaf -
maler" Brendel, die bedeutendste Erscheinung auf
seinem Gebiete ist ja leider früh verstorben, Hinweisen
möchte ich doch auf ihn — wie auch auf den Holländer
Alexander Strnys, der in Weimar seine berühmtesten
Werke schuf.
Das ist in großen Zügen das, was Weimar an
wirklich hervorragenden Künstlern bietet, die in der
modernen Kunstströmung eine ehrenvolle Stellung ein-
nehmen, deshalb aber weniger bekannt sind, weil sie
eben — Weimaraner und von deutschen Künstlern
eigentlich nur die Berliner, Münchner und — Worps-
weder für voll angesehen werden. Daran ist aber
ferner Schuld, daß von Weimar wenig oder garnicht
gesprochen wird und gerade deshalb wies ich in
diesen: Blatte darauf hin, hoffend, daß von den Ge-
nannten so Mancher den Lesern noch lieb und werlh
werden wird.


Em Hchrlderer der Themseftadt.

Herbert Marshall.
MH ls Zola jüngst die eigenartigen Reize Londons den
Helden der Feder dringend empfahl, hätte er dieselbe
Empfehlung ganz gewiß auch au die heimischen Maler
richten können. Denn diese pflegen noch immer, wenn sie
den Londoner Boden schildern, zugleich ihre fremdläudischcn
Eindrücke zu verwerthen, lieben es, Themsebilder mit
holländischen oder venetianischen Reminiseenzen zu ver-
quicken oder die Straßenszeuen aus den fashionablen
Theilen der Weltstadt mit pariserischen Nüancen zu ver-
sehen. Erst Herbert Marshall, der vortreffliche Aqua-
relist, hat uns jetzt in der läne ^rt8 DMorx in 8l Bildern
dieses „malerische London" vorgeführt, dessen Studium er
sich augenscheinlich zur Lebensaufgabe gemacht hat. Und
in der Begeisterung für sein Darstellungsgebiet weiß er,
wie kein Anderer es vor ihm verstanden hat, seine Schöpf-
ungen stets mit der Eigenart der englischen Metropole
gleichsam zu durchtränken.
Er nimmt seine Motive, wie er sie eben findet, un-
beirrt durch ein oft wenig anmuthiges Milieu. Mögen die
Dinge an sich sogar unschön sein — er vermeidet sie nicht.
Weder das Droschken- noch Minnibusgetriebe, das Alltags-
gewühl und die notorisch häßlichen Straßen schrecken ihn
ab; und an: wenigsten unsere berüchtigte Rauchatmosphäre.
Denn gerade diese über London lagernde Dunstschicht er-
giebt oft merkwürdig schöne Lufteffekte. Sie verleiht dem
wirklich Schöneu, wie der imposanten Westminster-Abtei,
dem Tower und dein Parlamentsgebäude ciuen eigeu-
 
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